Herausfordernd: Bezirk verliert Arbeitskräfte
2030 wird es im Bezirk 13,1 Prozent weniger Erwerbspersonen geben – das ist der höchste Rückgang in ganz Oberösterreich
Schon jetzt müssen sich die Betriebe im Bezirk Rohrbach um Fachkräfte bemühen. Bis zum Jahr 2030 wird sich die Situation drastisch zuspitzen. Die Zahl der Erwerbspersonen – all jene, die als Arbeitskräfte zur Verfügung stehen – soll laut einer Studie stark sinken.
BEZIRK (pirk). „Die Mühlviertler haben traditionell eine hohe Pendelbereitschaft“, sagt Birgit Gerstorfer, Landesgeschäftsführerin des Arbeitsmarktservice (AMS). Wie attraktiv die Arbeitsplätze im Bezirk Rohrbach sind, könne das AMS jedoch nicht beeinflussen. Es gehe um das Zusammenspiel aller. „Und Lohn ist nur ein Teil der Motivation in der Region zu arbeiten“, sagt die AMS-Chefin. „Das größte Potenzial liegt in den Teilzeit und gar nicht beschäftigten Frauen“, so Gerstorfer weiter. Um dieses Potenzial nutzen zu können, brauche man jedoch ein gutes Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen.
Johannes Artmayr, Geschäftsführer von Strasser Steine in St. Martin, spricht sich für einen Schulterschluss aller – Unternehmer, Politik und Interessensvertretungen – aus, um dem prognostizierten Rückgang an Erwerbspersonen entgegenzuwirken. „Noch in diesem Jahr muss meiner Meinung nach eine griffige Informationskampagne gestartet werden“, sagt Artmayr. „Wir müssen den auspendelnden Arbeitnehmern die hervorragenden und attraktiven Rohrbacher Unternehmen näher vorstellen, und die Vorteile in punkto mehr Freizeit und Fahrtkostenreduktion aufzeigen.“ Artmayr ist sicher, dass die Attraktivität von Strasser durch die neue moderne Firmenzentrale, die gerade entsteht, weiter steigt.
Internorm in Sarleinsbach hat aktuell 80 Bewerbungen registriert. „Wir haben einen guten Ruf im Bezirk und im angrenzenden Bayern“, sagt Werksleiter Hans Saxinger. „Wir bieten unseren Mitarbeitern gute Entlohnung, hohe Sozialleistungen, ein flexibles Jahresarbeitszeitmodell im Schichtbetrieb und legen Wert auf gute Ausbildung.“ Dennoch bereitet sich Internorm auf die demografische Entwicklung vor: Ein Projekt beschäftigt sich damit, die Arbeitsfähigkeit älterer Mitarbeiter lange zu erhalten und so spätere Pensionsantritte zu erreichen. Internorm ist auch für die Bayern ein attraktiver Arbeitgeber: „Wir haben 40 bayerische Mitarbeiter und werben mit Mundpropaganda weitere Bewerber aus Bayern an“, sagt Saxinger.
Wolfgang Schirz ist Bürgermeister der wirtschaftsstarken Gemeinde St. Martin. Für ihn ist der vorhergesagte Rückgang der Erwerbspersonen einerseits die logische Konsequenz aus rückläufigen Geburtenzahlen. Andererseits hofft auch er, aus Pendlern Arbeitskräfte für den Bezirk machen zu können. „Wir müssen wissen, warum die Menschen in den Zentralraum pendeln, wenn die Jobs in der Region da sind und was sich die Menschen von einem Job im Bezirk erwarten“, sagt Schirz. Außerdem müssten sich Arbeit und Familie vereinbaren lassen. „Ich bin ein Verfechter des Gratiskindergartens“, sagt er. „Wir müssen einerseits den Familiengedanken fördern und wir werden Zuwanderung kontrolliert bewusst zulassen müssen“, sagt Schirz. Ein Arbeitskräftepotenzial sieht er auch in älteren Arbeitnehmern.
Individuelle Strategien
Wirtschaftslandesrat Viktor Sigl tourt derzeit mit der Workshop-reihe „Arbeitsplatz OÖ 2020“ durch die Bezirke. „Gerade im Bezirk Rohrbach, wo ein überdurchschnittlicher Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen vorausgesagt wird, ist es wichtig, dass sich die regional Verantwortlichen – AMS, Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer, Schulen, Bürgermeister und Unternehmen – mit ‚ihrem‘ Arbeitsmarkt auseinandersetzen, weil sie individuelle Strategien auf dem Weg Richtung Vollbeschäftigung brauchen“, sagt Sigl. „Für vier von fünf Unternehmen ist das Finden qualifizierter Mitarbeiter die größte Herausforderung der nächsten Jahre.“
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