Jedem eine Chance geben: eine Informationsveranstaltung zu besonderen Formen der Lehre

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BEZIRK, NEUFELDEN (anh). Über besondere Formen der Lehrausbildung, die es neben der konventionellen Lehre noch gibt, informierten Jugendplattform, Wirtschaftskammer und AMS im Rahmen eines Informationsabends – ein Thema, das die Unternehmer der Region brennend interessierte, denn viele folgten der Einladung in die Tischlerei Scheschy, wo der Event stattfand. Neben Wissenswertem über Fördermöglichkeiten (auch zu finden unter: www.lehre-foerdern.at) standen vor allem praxisbezogene Beispiele im Mittelpunkt. "Diese Ausbildungsformen sind sowohl eine Chance für lernschwächere Jugendliche, um die Möglichkeit zu bekommen, etwas zu lernen, als auch eine Chance für Unternehmen, um genügend Fachkräfte zu finden", fasst Herbert Mairhofer von der WKO zusammen.

Die Betreuungskette zum Erfolg

Zu Beginn des Abends wurde die Jugendplattform, die es mittlerweile seit 15 Jahren gibt, vorgestellt. Vertreter dieser Initiative sowie Jugendcoaches präsentierten die sogenannte Betreuungskette – ein umfassendes Betreuungsangebot für Jugendliche, welches aus drei elementaren Teilen besteht.

Jugendcoaching
"Ein Jugendlicher, der eine besondere Unterstützung braucht, meldet sich zuerst einmal bei einem Jugendcoach", erklärt Harald Hehenberger von Jugend am Werk den ersten Schritt. Diese Unterstützung ist kostenlos und freiwillig und kann bis zu einem Jahr in Anspruch genommen werden. Die Voraussetzung dafür sind ein sonderpädagogischer Förderbedarf, körperliche oder psychische Beeinträchtigungen bzw. ein Migrationshintergrund. In Gesprächen werden die Stärken und Schwächen des jungen Erwachsenen analysiert und ein Wunschberuf erarbeitet. "Dieser erster Teil ist sozusagen die 'Eintrittskarte' für die weiteren Angebote der Betreuungskette", gibt Harald Hehenberger zu verstehen.

Jugendarbeitsassistenz
Nach der Empfehlung durch den Jugendcoach, kann der Jugendliche dann die Jugendarbeitsassistenz in Anspruch nehmen. "Diese richtet sich an Mädchen und Buben zwischen 15 und 23 Jahren und hilft ihnen bei der Lehrstellen- oder Arbeitsplatzsuche und ist auch zur Stelle, wenn es um Arbeitsplatzverlust geht", erklärt Betreuerin Cornelia Wögerbauer die wichtigsten Aufgaben. Hier geht es also darum, den richtigen Lehr- oder Arbeitsplatz zu finden und ins Berufsleben einzusteigen. Außerdem wird der Kontakt zum dritten Part der Kette – der Berufsausbildungsassistenz – hergestellt.

Berufsausbildungsassistenz
Die Berufsausbildungsassistenz begleitet den Jugendlichen dann vom ersten Arbeitstag an bis hin zur Lehrabschlussprüfung. Sie kümmert sich etwa um Verträge und Anmeldungen, Trainings und Förderunterricht und Beratung in schwierigen Situationen. "91 Prozent der Jugendlichen, die 2015 zur Lehrabschlussprüfung einer verlängerten Lehre oder Teillehre angetreten sind, haben diese auch geschafft", berichtet Betreuerin Wilma Kniewasser – ein Beweis für die gute Arbeit der Coaches.
"Im Bezirk Rohrbach absolvieren etwa 20 bis 25 Jugendliche eine verlängerte Lehre oder eine Teillehre", informiert Jugendcoach Harald Hehenberger. Einige davon teilten zusammen mit ihren Firmenchefs ihre Erfahrungen mit dem Publikum.

Die verlängerte Lehre

Bei einer verlängerten Lehre hat der Jugendliche ein Jahr länger Zeit, um diese positiv abzuschließen.
Der junge Afghane Habibullah, der seit 2014 in Österreich ist und einen positiven Asylbescheid hat, lernt etwa Baumaschinentechniker im Betrieb Mühlberger in Pfarrkirchen. "Ich wollte einen Beruf machen, bei dem ich nachdenken muss und nicht nur Teile austauschen muss", berichtet er in fast perfektem Deutsch. Die Betreuungskette hätte ihm sowohl beim Aussuchen des richtigen Lehrberufes als auch später bei der Stellensuche sehr geholfen.
Maria Egger erlernte den Beruf Bürokauffrau im Tischlerunternehmen Scheschy und hat ihre Lehrabschlussprüfung bereits positiv abgeschlossen. Sie hätte die verlängerte Lehre aufgrund ihres Engagements letztendlich gar nicht gebraucht, trotzdem war das Betreuungsangebot für sie gerade am Anfang von Vorteil. Auch die Chefin des Hauses, Waltraud Scheschy, hatte nur Positives über die Betreuungskette zu berichten: "Die Jugendcoaches sind sehr engagiert, ein Betrieb kann eigentlich nur von diesem Angebot profitieren. Außerdem finde ich, dass jeder einen Beitrag dazu leisten sollte, dass wirklich jeder einen Platz in der Gesellschaft hat und eine Chance bekommt – auch Menschen mit besonderem Förderbedarf." Dies sieht auch Pauline Sleska, Direktorin der Berufschule Rohrbach, wo Maria Egger die Schulbank drückte, so. "Wenn man jungen Menschen eine Chance gibt, wachsen sie oft über sich hinaus – das hat man bei Maria Egger gesehen", betont sie. Die Berufschule und die Berufsausbildungsassistenz arbeiten eng zusammen. In einem ersten Gespräch wird etwa der Förderbedarf des Jugendlichen erhoben, damit weitere Maßnahmen – wie etwa eine Anpassung des Lehrplans – getroffen werden können.
Auch Florian Fesl, der die Lehre zum Tischler im Betrieb Kalischko in Neustift mit einer verlängerten Lehre positiv abschloss, ist von der verlängerten Lehre begeistert. "Es nimmt einem sehr viel Druck", sagt er.

Die Teillehre

Bei einer Teillehre werden bestimmte Teile aus dem Berufsbild bzw. dem Lehrplan gestrichen. Im Abschlusszeugnis wird dann aufgeschlüsselt, welche Teilbereiche oder -kenntnisse der Jugendliche besitzt.
Michael Leitner absolviert derzeit eine Teillehre als Maurer in der Baufirma Brüder Resch in Ulrichsberg. Ihm wurde etwa das Fach Englisch aus dem Stundenplan gestrichen. Chef Josef Pfoser macht dennoch keinen Unterschied zwischen seinen Lehrlingen – egal ob sie eine konventionelle Lehre oder eine besondere Lehrausbildung absolvieren. "In unserem Betrieb beschäftigen wir derzeit 35 Lehrlinge, jedes Jahr brauchen wir etwa 10 bis 12 neue. Für Jugendliche, die eine besondere Unterstützung brauchen, haben wir da immer ein bis zwei Plätze frei. Ich sehe es auch als soziale Verpflichtung, auch solche Menschen zu unterstützen", so Josef Pfoser.

Möglichkeiten für Asylwerber

Auch das Thema Arbeit und Asylwerber wurde behandelt. Hierzu präsentierten Sefa Yetkin, Migrationsbeauftragter des AMS OÖ, und Michaela Billinger, Geschäftsstellenleitung des AMS Rohrbach, diverse Möglichkeiten.
Aslywerber dürfen etwa Hilfstätigkeiten in ihrem Quartier wie zum Beispiel Reinigungs- oder Restaurierungsarbeiten durchführen und können dabei mit einem Anerkennungsbeitrag von drei bis fünf Euro entlohnt werden. Auch gemeinnützige Tätigkeiten, die von der Gemeinde verordnet werden und projektbezogen sein müssen, dürfen verrichtet werden. Asylwerber dürfen für Beschäftigungen dieser Art, die maximal drei Wochen dauern können, mit bis zu 110 Euro entlohnt werden. Des weiteren ist eine Lehre bis zum 25. Lebensjahr möglich genauso wie eine selbstständige Tätigkeit. Schließlich kann auch Saisonarbeit von den Asylwerbern verrichtet werden.
Vorraussetzungen für eine Lehre ist hierbei die Zulassung zum Asylverfahren, welche seit bereits mindestens drei Monaten laufen muss, sowie ein Beruf, welcher auf der Lehrstellenmangelliste zu finden ist. "In Einzelfällen ist es aber auch möglich, dem Jugendlichen einen Lehrberuf anzubieten, der nicht auf dieser Liste aufscheint", gibt Michaela Billinger zu verstehen. Ein Regionalbeirat des AMS würde schließlich darüber entscheiden. Auch der normalerweise zwingende Pflichtschulabschluss kann in Einzelfällen umgangen werden. Grundsätzlich sei das Interesse der Asylwerber an einer Lehre groß. Vor allem die Metall- und Mechanikbranche würde junge Menschen interessieren, dicht gefolgt vom kaufmännischen Bereich.
Korsamov Sawarbek ist einer jener Asylwerber, die eine Lehre im Bezirk absolvieren. Er erlernt den Beruf KFZ-Techniker im Unternehmen Fiat Leibetseder. "Ich hatte am Anfang Zweifel, aber man muss diese ausblenden, schließlich zählt nicht die Herkunft sondern das Talent und die Eignung für den Beruf", so sein Chef Martin Leibetseder.

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Foto: Cityfoto
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