Sexuelle Gewalt / Psychotherapie
Sexualität: Kein Trieb, aber ein Grundbedürfnis

Wenn Sexualität kein Trieb ist, warum fühlen dann viele Menschen einen so starken, überwältigenden Drang und Druck, Sex haben zu MÜSSEN?

Sexualität wurde lange Zeit irrtümlicherweise als Trieb aufgefasst. Diese Theorie müssen wir heute fallenlassen. Sie ist veraltet und überholt. Zwar ist es richtig, dass unsere und viele andere Gattungen nur durch Sexualität, also durch Geschlechtsverkehr und Besamung, kollektiv überleben können, es geht dabei aber nicht um Homöostase und um das individuelle Überleben.
Sexualität braucht weder ein Ventil, noch führt ein Mangel an Sex zu einem sexuellen Stau, der sich irgendwann brutal und gewaltvoll entlädt. Hierbei handelt es sich um einen Mythos aus dem 19. Jahrhundert. Sexuelle Frustrationen müssen auch nicht abgelassen werden. Sexueller Kontrollverlust und eine übermäßige impulsive sexuelle Begierde beruhen eher auf Unwissen.
Sexualstraftäter*innen begehen ihre Verbrechen nicht, weil ihre Motive sexuell sind, sondern weil sie mit ihren aggressiven Gefühlen nicht konstruktiv umgehen können. Auch der gesunden Sexualität haftet übrigens immer etwas lustvoll-aggressives an. Gesunde Personen können mit diesem Aggressiven aber gut umgehen und es in ihre erwachsene Sexualität einbauen.
Gestörte Persönlichkeiten hingegen missbrauchen die Sexualität zur Machtdemonstration und unterwerfen dann bei der Vergewaltigung (von Menschen, Kindern und Tieren) ihre Opfer.

Auch Menschen, die ihre Sexualität (ohne innere Zustimmung) sehr ausschweifend leben und zur Sexsucht neigen, erleben einen Verlust ihrer Selbstkontrolle. Sie können sich selbst schlechter steuern als andere und haben auch ein schlechteres Selbstwertgefühl. Oft sind zudem Drogen, Sexdrogen (Chemsex), Alkohol usw. im Spiel, was wiederum die sexuelle Impulskontrolle hemmt.
Selbstverständlich gibt es auch Menschen, die mit innerer Zustimmung promiskuitiv leben. Dies ist dann aber ein Ausdruck der gesunden und reifen Sexualität und authentischer Lebensfreude.

Folgende Fragen können hier zur Selbsterfahrung dienen:

Erlebe ich mich eher von der Sexualität angezogen und hingezogen?

Oder erlebe ich mich eher getrieben, Sex haben zu MÜSSEN? Erlebe ich eher einen Druck?

Erlebe ich mich der Sexualität hilflos ausgeliefert wie bei einem Zwang?

Erlebe ich es immer wieder, dass ich beim Sex im negativen Sinne total die Kontrolle verliere und dass ich es danach bereue, Sex gehabt zu haben?

Erlebe ich Wut auf mich selbst, Selbstekel oder Selbsthass nach dem Sex? Oder auch Ekel vor dem/der Sexualpartner*in?

Gehe ich beim Sex schlecht mit mir selber um? D.h. missbrauche ich Sex zur Selbstbestrafung als selbstverletzende Verhaltensweise?

Missbrauche ich Sexualität, um mich narzisstisch aufzuwerten oder um meine innere Leere zu füllen?

Nehme ich oft Alkohol und Drogen vor oder während des Sex zu mir?

Wie steht es generell mit meiner Impulskontrolle?

Je unwissender und je schlechter Menschen sexuell aufgeklärt sind, desto unreifer und weniger selbstbestimmt ist auch ihre Sexualität.
Dabei sind die biologische Disposition und physische Fähigkeit der Menschen zur Sexualität lediglich eine von vielen Komponenten der Sexualität. Sexualität wird nämlich auch gelernt und unterliegt Prozessen der Sozialisation und der Erziehung. Die biologische Sexualität wird damit durch Lernen überformt, und viele sexuellen Bedürfnisse werden erst im Laufe des Lebens erworben. Daher können sich sexuelle Bedürfnisse auch verändern.
Sexualität ist ein Bedürfnis und eine Motivation, also ein responsives Verlangen. Es gibt Menschen, die selten oder nie spontanes Verlangen nach Sexualität fühlen, was wiederum bestätigt, dass Sexualität kein Trieb sein kann – siehe etwa asexuelle und demisexuelle Menschen.

Autor: Florian Friedrich
Psychotherapeut in Salzburg / Hamburg
(Existenzanalyse)

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