In der Populismusfalle

FH-Wissenschaftler Markus Pausch:  Das Ausmaß an Pessimismus ist neu und war in der Zweiten Republik so noch nie da.
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Sie haben gemeinsam mit einem Forscherteam der FH Salzburg nun eine Studie zur Lebensqualität und Innovation im Bundesland Salzburg veröffentlicht. Ein Ergebnis davon: Trotz hoher Lebensqualität und stabilen Rahmenbedingungen wächst der Pessimismus hierzulande. Warum?
MARKUS PAUSCH: Dafür gibt es einerseits subjektiv wahrgenommene, aber auch reale Gründe: Dazu zählt der – zwar momentan wieder rückläufige, aber dennoch spürbare – Trend zu mehr Arbeitslosigkeit. Oder das Phänomen der Working poor, das man nicht wegdiskutieren kann. Dazu kommt seit 2008 eine Krisensituation, die aus mehreren Faktoren besteht: Wirtschaftskrise, eine Krise an den Außengrenzen, Zuwanderung, Krieg an den EU-Außengrenzen, aber auch Finanzkrisen in einzelnen Bundesländern wie Kärnten und Salzburg.

Budgetprobleme, Wirtschaftskrise und Flüchtlingsproblematik: Das sind Probleme, die viele europäische Staaten haben.
MARKUS PAUSCH: Österreich hat – anders als andere europäische Länder – eine ausgeprägte Boulevardszene im Medienbereich. Die ist darauf ausgerichtet, Negativ-Schlagzeilen zu produzieren. Und das wirkt sich auf die subjektive Wahrnehmung aus.

Was ist mit der Politik? Trifft sie ein Teil der Verantwortung für den Pessimismus?
MARKUS PAUSCH: Ja, weil unsere Politiker so tun, als stünden wir am Abgrund. Sie werfen einander gegenseitig Stillstand vor, machen uns weis, dass uns die Europäische Union alles Schlimme dieser Welt beschert. So werden Ängste geschürt. Vor diesem Hintergrund ist erklärbar, dass Pessimismus entsteht.

Aber wir verfügen doch – und das bestätigt Ihre Studie – über eine ausgeprägte Demokratie, persönliche Freiheit und eine hohe Lebensqualität. Dinge, die nicht überall selbstverständlich sind.

MARKUS PAUSCH: Ja, im internationalen Vergleich und im Vergleich zu anderen österreichischen Regionen ist unsere Lebensqualität sehr hoch. Die Gesamtkriminalität ist seit zehn Jahren rückläufig, wenn sie auch zuletzt leicht angestiegen ist. Und: Unsere Demokratie funktioniert, nur: Wir erleben – auch in den sozialen Medien – neue Methoden der Meinungsmanipulation durch radikale politische Gruppen. Das mindert die Demokratiequalität und stellt damit auch eine Gefahr für die allgemeine Lebensqualität im Bundesland dar.

Und das gefährdet die Demokratie?
MARKUS PAUSCH: Das politische System der Demokratie, der Parlamentarismus wird zunehmend in Frage gestellt. Wenn Sie so wollen, wünschen sich immer mehr Österreicher eine Art österreichischen Erdogan.

Warum erkennen wir die Vorzüge der parlamentarischen Demokratie nicht mehr?

MARKUS PAUSCH: Die Kluft zwischen der sogenannten politischen Elite und der Bevölkerung ist ja real – und sie wird größer. Menschen arbeiten weniger gerne in Parteien mit, sie haben weniger Kontakt zu Politikern. Das verstärkt den Eindruck, wonach Politiker "abgehoben" sind. Und: Es gibt immer wieder sehr enge Verflechtungen zwischen Wirtschaft und Politik. Das wird von den Bürgern als problematisch betrachtet.

In Ihrer Studie geben Sie der Politik Handlungsempfehlungen – wie den Ausbau von Partizipationsmöglichkeiten. Ist es das, was die Bürger wollen? Und: Mitbestimmen bedeutet ja auch richtig Arbeit.
MARKUS PAUSCH: Direkte Demokratie ist sehr populär, aber kein Allheilmittel. Der Wunsch nach mehr Mitbestimmung ist in der Bevölkerung jedenfalls sehr stark ausgeprägt. Die Frage ist: Wen erreiche ich damit, wieder nur jene, die sich ohnehin jetzt schon mit Politik auseinandersetzen? Denn Sie haben völlig Recht: Mitbestimmen heißt Mitarbeiten.

Wie gut vertragen sich direkte Demokratie und Populismus?

MARKUS PAUSCH:Sehr gut, wenn direkte Demokratie nicht mehr ist, als mit "Ja" oder "Nein" abzustimmen. Dann kann der Populist komplizierte Sachverhalte auf simple Lösungsmuster verkürzen. Sinnvoller wäre daher eine andere Form der inhaltlichen Mitbestimmung.

So wie Bürgerräte zum Thema Mobilität oder der Landtag mit dem Jugendlandtag vormacht?

MARKUS PAUSCH: Ja. Landtagspräsidentin Brigitta Pallauf engagiert sich sehr für eine Öffnung des Landtags hin zu mehr Bürgerbeteiligung. Nur das funktioniert natürlich nicht mit einmal nachmittags. Das sind intensive Arbeitstreffen, eine Reihe von, sagen wir 20 professionell moderierten Workshops. Dazu braucht es Menschen, die bereit sind, direkte Demokratie auch mitzumachen. Ich würde sogar soweit gehen und das ähnlich wie bei der Schöffen- und Geschworenenbestellung zur Staatsbürgerpflicht machen. Politik ist Arbeit und Verantwortung, nicht nur Lesen von Überschriften. Demokratie lebt von aktiven Staatsbürgern. Über ja oder nein zu entscheiden, ist nicht die Idee von Demokratie.

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