Holzfahrräder im Oldtimermuseum Altmünster

Einer der größten Schätze der Altmünsterer Sammler rund um Walter Neumayer (Foto) ist das "Edison Puton Monowheel" aus dem Jahr 1915.
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  • Einer der größten Schätze der Altmünsterer Sammler rund um Walter Neumayer (Foto) ist das "Edison Puton Monowheel" aus dem Jahr 1915.
  • hochgeladen von Thomas Kramesberger

ALTMÜNSTER. Wenn man an Fahr- und Motorräder denkt, dann hat man Stahl, Aluminium, bestenfalls noch Gummi vor Augen – immerhin heißt das Fahrrad im Volksmund ja „der Drahtesel“, wird ein Motorrad „Stahlross“ genannt, und ein Biker ist ein „Eisenreiter".

Dass der Aufbau von Autos aus den Vorkriegsjahren oft aus Blech- oder lederbeplanktem Holz bestand, ist bekannt. Dass dieses aber auch für die Herstellung von einspurigen Fahrzeugen verwendet wurde, zeigen ausgesuchte Exponate im Oldtimermuseum „Rund ums Rad“ in Altmünster am Traunsee.

So kann man etwa nicht über Laufmaschinen sprechen, ohne dabei einen Namen zu nennen: Carl Friedrich Christian Ludwig Freiherr von Drais zu Sauerbronn (der später auf seinen Adelstitel verzichtete). Der Forstmeister aus Baden war ein rastloser Erfinder. Neben dem Laufrad entwickelte er unter anderem ein „Schnellschreibclavier“ (einen Vorgänger der Schreibmaschine), eine Art Morsealphabet und viele andere mehr oder weniger nützliche Dinge. Eines hatten diese alle gemeinsam: Sie verhalfen ihm nicht zu Ruhm und Reichtum. Das lag weniger an seinen Erfindungen, sondern vielmehr an seinem Umfeld.  Obwohl seine Ideen meist – von anderen übernommen – weite Verbreitung fanden, konnte er selbst kein Kapital daraus schöpfen und verstarb im Jahr 1851  nach längerem Auslandsaufenthalt.  

Schon 1813 hatte er begonnen, mit "selbst-bewegenden Fahrzeugen" zu experimentieren. Der miserable Zustand der damaligen Straßen erforderte allerdings einen derartigen Kraftaufwand, dass dieser Erfindung kein Erfolg beschieden war. Erfolgversprechender war ein einspuriges Gefährt, das Carl Drais 1817 entwickelte, und „Schnell – Laufmaschine“ nannte. Über den Rädern war ein hölzernes Brett montiert, an dem ein Sitz befestigt war. Darauf saß der Pilot, der sich vom Boden mit den Füßen abstieß, um sein Vehikel in Bewegung zu bringen.

Mit dem Oberkörper lehnte er sich an ein „Balancierbrett“ und in den Händen hielt er die auf die Vorderräder wirkende Lenkstange. Um seine Erfindung der Öffentlichkeit bekannt zu machen, veranstaltete Drais werbewirksame Aktionen. So führte er seine Erfindung nicht nur in seiner näheren Heimat vor, sondern kam bis nach Paris, wo er auch Patentrechte erwerben und  einen Lizenznehmer finden konnte. Wegen eines Nebenerwerbsverbots für Beamte konnte er selbst keine Aufträge annehmen, sondern er verlangte Lizenzrechte und bestätigte diese in Form einer Silberplakette (sein Familienwappen), die an der Maschine angebracht werden musste.

Aus dem plumpen Brett über zwei Rädern entwickelte Drais schnell ein perfektes Transportmittel. Bereits 1818 waren seine nach ihm „Draisinen“ genannten Laufmaschinen mit verstellbarem Sattel, Seilzugbremse und Gepäckträger ausgerüstet. In vielen Ländern wurden sie nachgebaut, teils unter Lizenznahme, teils auch unter Umgehung der Patentrechte. Raubkopierer in England war Denis Johnson, der sein „Pedestrian Hobby Horse“ (oder auch „Dandy Horse“) genanntes Gefährt sogar in einer Damenausführung anbot, auch hiervon finden wir ein Replikat im Museum. In Österreich, genauer in Wien, beschäftigte sich der Ackerwerkzeugfabrikant Adam Burg mit der Herstellung von Draisinen. Genau wie bei Johnson konnte man ab 1818 seine Maschinen kaufen oder mieten, und in eigens eingerichteten Schulen sogar deren Benützung erlernen.

Die Zeit der Draisinen währte allerdings nicht lange. Ihre Benützung wurde vielerorts untersagt, technische Innovationen folgten deshalb nicht mehr (Drais selbst ging als Vermessungsbeamter nach Brasilien), und sogar der englische Botendienst stellte die Draisinen wieder in den Stall: angeblich wegen zu hohen Schuhsohlenverschleißes der Benützer?

Im Altmünsterer Museum ist ebenso ein Holz-Dreirad zu sehen: 1861 hatte Pierre Michaux an einem Laufrad Tretkurbeln montiert und damit aus dem Lauf- ein Fahrrad gemacht. Er hatte damit eine technische Entwicklung in Gang gesetzt, in der binnen weniger Jahre aus dem hölzernen Unikum ein leichtlaufendes Hightech-Produkt entstanden war, mit nahtlos gezogenen Stahlrohren als Rahmen und luftbereiften Gummischläuchen an den Rädern. Um ca. 1890 schaute das Fahrrad in etwas so aus, wie wir es im Prinzip heute noch kennen.

Aber Fahrräder waren damals immens teuer. Nur Großunternehmer oder Adlige waren willens und solvent genug, sich so ein Luxusspielzeug zuzulegen. Dieses Dreirad ist ein Beispiel dafür, wozu ein geschickter Handwerker in der Lage war, wenn er sich ein teures Rad eines renommierten Herstellers nicht leisten konnte. Er baute sich selber eins, und Holz war das Material, das am billigsten zu haben und am einfachsten zu verarbeiten war. Als Vorbild dürfte der Erbauer ein Veloziped aus der Zeit um 1870 gehabt haben, bei der Gestaltung ist er aber völlig eigene Wege gegangen, es ist nichts Vergleichbares aus der Fahrradgeschichte bekannt. Hut ab vor seiner Kreativität!

Überliefert ist, dass dieses Velocipede von der Frau des Erbauers für tägliche Einkaufsfahrten hier im Salzkammergut, in Ebensee, verwendet wurde, angeblich um ca. 1895. Jedenfalls hat es unterhalb des Sattels zwei separate Gepäckräume, der untere kann 6 Flaschen Bier, der obere die dazugehörige Jause aufnehmen. Ob die tapfere Velozipedistin das alles unterwegs schon verzehrt hat, um ihren Kräftehaushalt wieder aufzubauen, ist nicht bekannt: das Fahren mit diesem Monstrum erfordert jedenfalls Bärenkräfte!

Aber sogar bei Motorrädern wurde Holz als Werkstoff verbaut. Ein wahres Monstrum von Fahrzeug steht als Beweis dafür im Oldtimermuseum: das Edison Puton Monowheel 1915.

Es gibt in allen Bereichen immer wieder Tüftler, die versuchen, das Ei neu zu erfinden, oft mit erstaunlichen Ergebnissen. So auch beim Fahr-, bzw. Motorrad, wofür das Monowheel (oder Monocycle, wie es auch genannt wird) ein kurioses Beispiel dafür ist, das bis heute trotz seiner Skurrilität in immer neuen Varianten wieder auflebt. Was genau ist ein Monowheel? Grob gesagt handelt es sich dabei um ein großes Rad, innerhalb dessen sich der Rahmen samt Fahrersitz und Antrieb nicht mit dreht, bzw. mit drehen sollte.

Das erste Monowheel, dessen umlaufendes Rad einen Durchmesser von ca. 2,3 Meter hatte, entstand 1869 in Marseille und wurde vom Franzosen Rousseau gebaut. Es ist heute noch erhalten und kann im Museum Galbiati in Mailand bestaunt werden. Noch im selben Jahr entstand ein ähnliches Vehikel in Paris, wobei nicht bekannt ist, ob sein Erbauer W. Jackson Rousseaus Monowheel kannte, oder er zufällig auf dieselbe Idee gekommen war. Jedenfalls gab es im Folgenden viele Nachahmer (Harper, Gauthier, Hemmings), kommerziellen Erfolg hatte aber keiner davon.

1904 drehte das erste motorisierte Monowheel seine Runden, und zwar wurde es während der Expo in Mailand vorgeführt. Sein Name: Petrol Monocycle. Die Spuren, die es hinterließ, beschränken sich auf eine kurze Beschreibung der Demonstrationsfahrt in der französischen Zeitschrift „La Vie de l’Automobile“, Ausgabe 23.4.1904. Möglicherweise hat diese Ausgabe auch der Erfinder Pariser Edison-Puton in die Hände bekommen, jedenfalls stellte er 1910 sein Monowheel vor, dessen über zwei Meter hohes hölzernes Laufrad von einem 150ccm großen De Dion Motor mit 3,5 h.p. Leistung angetrieben wurde. So ein Exemplar ist im Technik-Museum Sinsheim erhalten.

Ob Edison-Puton eine größere Serie seines Monowheels auflegte, ist nicht bekannt, aber auch unser hier beschriebenes Einrad stammt eindeutig aus seiner Werkstatt. Im schwingend aufgehängten Rahmen verrichtet allerdings ein stärkerer Motor seinen Dienst, ein wechselgesteuerter MAG Motor mit vermutlich 350ccm Hubraum. Dieser Motor wurde erstmals 1915 gebaut, so dürfte also Edison-Puton seine Idee über einen längeren Zeitraum verfolgt haben.

In den folgenden Jahren gab es immer wieder Versuche, motorisierte Monowheels fahrtauglich zu machen (die meisten davon allerdings im Gegensatz zum Edison-Puton mit Stützrädern). Sogar Rekorde wurden damit gefahren, Toni Wallners Marke lebte nicht lange (das Guiness Book of Records listet die erreichte Höchstgeschwindigkeit mit 83,5 Km/h auf)

Heute kann, wer will, Monocycles kaufen, der Amerikaner Gary McLean bietet sein Vehikel sogar mit einem V8 Motor an. Das wichtigste Kleidungsstück bei Fahren dieses Unikums sind die Blechsohlen, die über das Schuhwerk gestülpt werden. Sie schleifen permanent über den Asphalt, lassen die Funken spritzen, denn mindestens ein Fuß ist immer am Boden, gibt Halt und subjektive Sicherheit.

Das Riesenrad macht, was es will – der Lenker verdient diesen Namen kaum, ist eher Ballast und regelt über den Gasgriff kaum mehr als die Geschwindigkeit, mit der es irgendwohin geht. Und mit diesem Griff sollte er sensibel umgehen, denn dreht er zu heftig, hat er urplötzlich nur mehr den Himmel im Visier, macht er zu rasch zu, wirken die Schwerkräfte in eine andere Richtung, er schaukelt kopfüber …

Und er begreift rasch: die beste Bremswirkung haben ein Acker, eine Wiese, oder sonst ein Gelände mit weichem Untergrund, wo man sich gefahrlos hinlegen kann. Relativ gefahrlos, wenn man dem umstürzenden Holz/Eisenmonster aus dem Weg gehen kann, das sicherlich 200 Kilo auf die Waage bringt.

Text/Fotos: Hannes Denzel

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