"Jäger sollten behandelt werden wie Autofahrer"

Franz Stadler aus Freinberg folgte Hermann Kraft als Bezirksjägermeister. | Foto: privat
  • Franz Stadler aus Freinberg folgte Hermann Kraft als Bezirksjägermeister.
  • Foto: privat
  • hochgeladen von Michelle Bichler

FREINBERG. Im Exklusiv-Interview spricht Stadler über sein neues Amt, seine Leidenschaft zur Jagd und wie man das Image der Jägerschaft verbessern könnte.

Sie folgen Hermann Kraft nach dessen langjähriger Amtszeit als Bezirksjägermeister. Sie waren der einzige Wahlvorschlag. Wie kam es zu Ihrer Kandidatur und Wahl?
Franz Stadler: Ehrenbezirksjägermeister Konsulent Hermann Kraft war eine Periode und zwar von 2007 bis 2013 Bezirksjägermeister von Schärding. Er hat die Jägerschaft des Bezirkes Schärding sehr gut vertreten und dafür danke ich ihm. Die Jagdleiter des gesamten Bezirkes Schärding wurden schriftlich aufgefordert, Nennungen bezüglich des neuen Bezirksjägermeisters zu machen und einige Jagdleiter haben mich für das Ehrenamt des Bezirksjägermeisters vorgeschlagen. Nach reiflicher Überlegung und auch aus einer fast vierzigjährigen Jagderfahrung habe ich mich entschlossen, beim Bezirksjägertag am 09.02.2013 zur Wahl anzutreten. Die beim Bezirksjägertag anwesenden Jäger haben mich einstimmig ab 01.04.2013 zum Bezirksjägermeister gewählt. Ich danke den Jägern sehr herzlich für das Vertrauen, dass sie mir am Bezirksjägertag geschenkt haben.

Was sind für Sie Ihre zentralen Aufgaben als Bezirksjägermeister?
Die Vertretung der Jägerinnen und Jäger des Bezirkes Schärding im oö. Landesjagdverband. Pflege und Förderung des Weidwerks und der Jagdwirtschaft. Zusammenarbeit mit den Jagd- und Forstbehörden. Praxisgerechte Aus- und Weiterbildung der Jäger – Abnahme der Jungjägerprüfung usw. Bei der Volksbank in Andorf wurde eine Geschäftsstelle des oö. Landesjagdverbandes Bezirksgruppe Schärding eingerichtet und kann von den Eigenjagdbesitzern, Jägerinnen und Jägern als Informationsstelle genützt werden. Die Abhaltung von Bezirksjagdausschuss-Sitzungen und die Trophäenbewertung wird eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen.
Ein besonderes Anliegen ist mir die Förderung der nachhaltigen Jagd in freier Wildbahn: Nachhaltig zu jagen bedeutet, der Natur so viel zu entnehmen wie auch wieder nachwächst. Diese nachhaltige Nutzung der Ressource Wild rechtfertigt nicht nur die Jagd im 21. Jahrhundert, sondern macht sie auch viel mehr noch zum Bewahrer des Wildes in einer intensivst genützten Kulturlandschaft. Die Jäger sind laut oö. Jagdgesetz verpflichtet, einen artgerechten, angemessenen Wildstand zu erhalten!

Was sehen Sie als Ihre größten Herausforderungen für die kommende Amtszeit?
Die Vertretung der jagdlichen Interessen in Bezug auf Gesetzgebung im europäischen Raum und auch in der Landesgesetzgebung. Die Handhabung des Jagdgesetzes in Verbindung mit den Neuerungen in den verschiedensten Gesetzen z.B. Tierschutzgesetz, Waffengesetz, Naturschutzgesetz usw. und die Interessen der Landeskultur zu koordinieren, wird sicherlich für die Zukunft eine besondere Herausforderung. Durch die Reform im oö. Landesdienst wurden der Bezirksgruppe und dem Bezirksjägermeister vermehrt Aufgaben übertragen.

Inwieweit wird es in Ihrer Amtszeit Neuerungen oder Änderungen im Vergleich zur Ära Kraft geben?
Bei der Erstellung des Wahlvorschlages habe ich berücksichtigt, dass zwei Stellvertreter und zwar Herr BJM-Stellv. Gerhard Schmid aus Rainbach und Herr BJM-Stellv. JL. Alois Langbauer aus Esternberg mich als Bezirksjägermeister vertreten werden. Da ich als Amtsleiter der Gemeinde Freinberg voll beschäftigt bin, war es erforderlich, zwei Stellvertreter zu wählen, die auch Termine für mich übernehmen können. Die Leitung des Bezirkes wird in einem Team von 4 Personen geführt und zwar: Bezirksjägermeister, 2 BJM-Stellvertretern und einem Mitglied zum oö. Landesjagdausschuss und den übrigen Mitgliedern des Bezirksjagdausschusses. Ich finde, dass ich eine sehr gute Mannschaft und erfahrene Jäger für die Führung der Bezirksgruppe habe. Die Vertreter im Bezirksjagdausschuss sind fast auf alle Reviere aufgeteilt und jedes Mitglied ist herzlich dazu eingeladen, ihren Beitrag zur Führung der Bezirksgruppe dazu zu leisten.

Schlagzeilen machen ja in erster Linie eher die negativen Seiten des Waidmannswerks, wie etwa irrtümlich angeschossene Jagdkameraden. Die Jägerschaft muss da in der Öffentlichkeit viel Kritik einstecken. Wie gehen Sie damit um?
Negative Schlagzeilen in Bezug auf Jagdausübung entstehen auch dadurch, dass mangelhaft Informationen veröffentlicht werden. Die Jägerinnen und Jäger erhalten bei der Jungjägerausbildung eine hervorragende Ausbildung und werden in Bezug auf Waffengebrauch eingehend geschult. Natürlich gibt es bei der Jagdausübung auch Unfälle, die unter Umständen vermieden werden könnten. Das Um und Auf bei der Jagdausübung ist der fachgerechte Umgang mit der Jagdwaffe und das wird auch den Jungjägern in den Vorbereitungskursen eingehend erörtert. Ich schlage daher vor, die Jägerinnen und Jäger genau so zu behandeln wie die Autofahrer. Autofahrer haben auch eine gute Grundausbildung und können auch so manchen Unfall nicht verhindern und das gleiche gilt auch bei der Jagdausübung.

Das Image des Jägers ist umstritten – Hegen/Pflegen auf der einen Seite, Töten auf der anderen. Wie lässt sich das Image der Jägerschaft (in der nichtjagenden Bevölkerung) verbessern?

Die Jäger sind von Natur aus auf Selbstachtung und persönliches Ansehen bedacht, wollen auch wir Jäger den Gegenstand unserer Liebe zur Natur, nämlich die Jagd, in den Augen der Gesellschaft in einem guten Licht erscheinen lassen. Wir jagen weidgerecht. Was heißt das eigentlich?
Als Rechtsbegriff verwendet, ist die Weidgerechtigkeit unbestimmt und auch auslegungsbedürftig. Als Ergebnis einer Jahrhunderte währenden Tradition bei der Ausübung der Jagd hingegen, haben sich entscheidende Merkmale als „weidgerecht“ herausgebildet:
Die Achtung gegenüber dem Wild im Speziellen und den Tieren und der Natur im Allgemeinen, die Einhaltung der Schonzeiten, die Erstellung eines den Revierverhältnissen angepassten Abschussplanes, die Verwendung geeigneter Jagdwaffen und die Wahl der richtigen Schussentfernung, eine gewissenhafte Nachsuche und landesüblich ordentliche, einwandfreie Versorgung des erlegten Wildes samt allfälliger Trophäen, eine sinnvolle Information und Offenheit gegenüber den Mitjägern und Jagdnachbarn sowie gegenüber der nichtjagenden Bevölkerung, keine Verwendung von tierquälerischen Fangvorrichtungen, die Wahrung einer einwandfreien jagdlichen Disziplin, die Freude am Jagderlebnis und das Bekenntnis einer liebevollen Zuneigung zur heimischen Jagd. Zur Hege und Pflege unserer heimischen Wildarten gehört auch die Ernte. Die Ernte ist das Ergebnis unserer weidgerechten Jagdausübung - und leider bedeutet auch Ernte „Tod“ für das Lebewesen. In der heutigen kurzlebigen Zeit wird das Endziel „Tod“ immer mehr verdrängt oder bewusst davon nicht gesprochen! Zur Erklärung für die nichtjagende Bevölkerung möchte ich darauf hinweisen, dass der Jäger auch verpflichtet ist, den vorgegebenen Abschussplan einzuhalten. Weiters gibt es den Begriff: Kompensatorische Sterblichkeit, d.h. wenn kein Reh geschossen wird, werden die Rehe durch andere Faktoren wie Verkehr, Krankheit und Alterstod sterben.

Was bedeutet Ihnen die Jagd persönlich?
Da ich seit frühester Kindheit mit der Jagd verbunden bin (Großvater und Vater) waren bereits Jäger, wurde mir die Jagdpassion in die Wiege gelegt. Ich gehe gerne jagen und ich stehe auch zur Jagd. Es macht mir Freude in der Natur zu sein und ich kann mich bei der Jagdausübung oder bei den Revierarbeiten von den täglichen Strapazen erholen. Jagd ist für mich angewandter Natur- und Tierschutz. Jagen heißt auch, eintreten für einen gesunden Lebensraum für Wildtiere und Menschen. Eine nachhaltige Jagdwirtschaft wird als Ergebnis der Zusammenarbeit mit den Waldbesitzern und Grundeigentümern, mit den Jagd- und Forstbehörden und den land- und forstwirtschaftlichen Interessenvertretungen ermöglicht.

Gibt’s bei den Jägern im Bezirk oder in einzelnen Gemeinden ein Nachwuchsproblem?
Es gibt Reviere, die ausreichend Jungjäger haben. In einigen Revieren besteht jedoch noch die Möglichkeit, Jungjäger aufzunehmen. Beim heurigen Jungjägerkurs haben insgesamt 34 Jägerinnen und Jäger die Prüfung abgelegt. Herzlichen Glückwunsch zur bestandenen Jungjägerprüfung und für das bevorstehende neue Jagdjahr ein kräftiges Weidmannsheil!
Wenn Sie gewachsene Werte nicht durch Schlagworte ersetzen wollen, die Jagd auch als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstehen und darüber hinaus der Meinung sind, dass der Tierschutzgedanke auch auf freilebende Wildtiere anzuwenden sei, dann bereiten Sie sich mit uns auf die Jagdprüfung im Frühjahr 2014 vor. Anmeldungen bei der Geschäftsstelle des oö. Landesjagdverbandes, Bezirksgruppe Schärding, Hauptstraße 9, 4770 Andorf.

Wildverbiss – bei uns im Bezirk ein Problem?
Aufgrund der durchgeführten Waldbegehungen werden die Abschusszahlen für das Rehwild geringfügig angehoben. Menschliche Aktivitäten zu jeder Tages- und Nachtzeit führen jedoch dazu, dass unsere heimischen Wildtiere, keine Ruhe mehr in ihren Lebensräumen haben. So ist das Wild gezwungen, seine Einstände oft mehrmals täglich zu wechseln und eine Nahrungsaufnahme auf den Wiesen ist nur noch teilweise und begrenzt möglich. Eine Dauervorschreibung die Förderung des Verständnisses für Wildtiere und deren Lebensräume bleibt aufrecht. Wild, Wald und Grundbesitz sollten eine Einheit bilden.

Raubwildpopulationen nehmen auch bei uns im Bezirk zu und werden vielfach zu Problemen. Welche Arten besonders?
Der Rotfuchs nimmt rasant zu. Durch die gesetzlich geänderte Jagdmethode ist der Rotfuchs im Zunehmen begriffen. Durch die Zunahme des Fuchses ist unser Niederwild immer mehr gefährdet. Eine sinnvolle Bejagung des Fuchses ist auf jeden Fall geboten. Auch die Zuwanderung von landfremden Tierarten, wie Goldschakal, Mink, Marderhund usw. darf durch die Jägerschaft nicht unterschätzt werden.

Der österr. Hundehalteverband fordert ein generelles Abschussverbot von Hunden und Katzen durch Jäger. Wie sehen Sie das und gibt es im Bezirk ein Problem mit wildernden Hunden und Katzen?

Das Problem der Hunde- und Katzenhaltung liegt nicht am unteren Ende der Leine, sondern am oberen Ende. Es gibt teilweise unvernünftige Menschen, die es nicht einsehen wollen, dass unsere Wildtiere auch geschützt werden müssen und Ruhe in ihren Einständen dringend notwendig haben. Durch das ständige Beunruhigen der Wildtiere entsteht auch ein erhöhter Verbiss an den jungen Pflanzen im Wald, der nicht notwendig wäre. Ich ersuche daher alle Hunde- und Katzenbesitzer ihre Lieblinge ordnungsgemäß zu halten und zu verwahren, denn was für Haustiere gilt muss auch für unsere anvertrauten Wildtiere gelten.

Steckbrief

Alter: 56 Jahre
Wohnort: Freinberg, Anzberg 70
Familie: verheiratet mit Ehegattin Monika, eine Tochter und zwei Söhne (beide Jäger)
Brotberuf: Gemeindeamtsleiter
Jäger seit: Jungjägerprüfung im Jahr 1973 abgelegt, also 40 Jahre
schönstes Jagderlebnis: Wildschweinabschuss im eigenen Revier – Keiler mit 170kg – Waffenlänge 19,5 cm

Anzeige
Foto: Cityfoto
8

Innovationen von morgen
"Lange Nacht der Forschung“ am 24. Mai

Unter dem bundesweiten Motto „Mitmachen. Staunen. Entdecken.“ bietet Oberösterreich bei der elften Auflage der Langen Nacht der Forschung 2024 (#LNF24) am Freitag, 24. Mai 2024 von 17 bis 23 Uhr ein breit gespanntes LIVE-Programm. In zehn Regionen in Oberösterreich laden rund 140 Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Technologiezentren und innovative Unternehmen dazu ein, einen Blick in die faszinierende Welt der Forschung zu werfen. Auf Entdecker:innen jeden Alters wartet ein...

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Schärding auf MeinBezirk.at/Schärding

Neuigkeiten aus Schärding als Push-Nachricht direkt aufs Handy

BezirksRundSchau Schärding auf Facebook: MeinBezirk.at/Schärding - BezirksRundSchau

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Schärding und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.