Astronomie
Schärdinger warnt vor Projekt von Tesla-Chef

Hobbyastronom Gierlinger warnt vor Starlink-Projekt. | Foto: Gierlinger
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Hobbyastronom Richard Gierlinger von der Sternwarte Gaisberg bekrittelt Starlink-Projekt von Elon Musk.

RAINBACH (ebd). Wie Gierlinger befürchtet, werde durch dieses Satellitennetzwerk, das weltweit Hochgeschwindigkeitsinternet bringen soll, das Ende der erdgebundenen Astronomie eingeläutet. Was zur Folge habe, dass nachfolgende Generationen nie mehr einen Sternenhimmel sehen werden, wie man ihn kennt.

Herr Gierlinger, was stört Sie so an diesem Projekt?
Gierlinger: Auf den ersten Blick schaut so etwas ja ganz gut aus, Internet auch im entlegendsten Winkel der Erde zu haben. Aber man muss immer die Vorteile gegen die Nachteile aufwiegen. Und dieses Projekt hat wesentlich mehr Nachteile.

Inwiefern?
Man muss sich fragen, ob es wirklich so wichtig ist, dass jeder Freizeit-Marco Polo kurz vorm organischen Exodus noch schnell ein Selfie von der Spitze des Mount Everest posten muss? Denn auch der Weltraum und die ungestörte Sicht in den Himmel ist ein Recht aller Menschen, das nicht der Geldgier des Musk geopfert werden darf.

Also befürchten Sie eine Umweltverschmutzung der anderen Art, die den Bürgern gar nicht bewusst ist?
Die Probleme die dadurch entstehen sind den meisten Menschen in keiner Weise bewußt. Wenn sich gegen so etwas ein Widerstand in bestimmten Gruppierungen aufbaut, wird das meistens als Randgruppe betrachtet. Und nach dem Motto, „von ein paar Spinnern lassen wir uns die Suppe nicht versalzen“, wird dann so etwas trotzdem durchgezogen. Zum einen wird mit diesen Satelliten der erdnahe Orbit mit massiv vielen Objekten belegt. Die bemannte Raumfahrt und auch die anderen Bereiche der Raumfahrt werden dadurch massiv gefährdet. Viele Probleme, die durch so etwas entstehen, werden oft erst viele Jahre später bemerkbar. Das gleiche war mit der künstlichen Beleuchtung. An sich eine gute Sache. Es dient der Sicherheit, sensible Bereiche gut zu beleuchten. Aber muß jede Kirchturmspitze, jeder Gartenweg und Hinterhof die ganze Nacht beleuchtet werden? 

Glauben Sie wirklich, dass es für unsere Kinder nicht mehr möglich sein wird, den Sternenhimmel so zu sehen, wie wir ihn kennen?
Es ist anscheinend geplant, daß diese Satelliten eine Art antireflektive Schicht bekommen sollen, damit weniger auf der Erde davon zu sehen sein wird. Aber auch wenn das funktioniert, dann sind die immer noch ein Riesenproblem für die Astronomie. Man sieht sie vielleicht mit freiem Auge weniger bis gar nicht mehr. Aber in den hochempfindlichen Detektoren der Sternwarten werden sie trotzdem sichtbar sein und die Astroaufnahmen und Messungen stören. Es gibt ja inzwischen weltweit Suchprogramme, die nach Neo (Near Earth Objekte) suchen, die unserer Erde gefährlich werden können. Diese Suche wird durch diese Starlink-Satelliten sehr erschwert. Wenn das mit der Beschichtung nicht so funktioniert, wird unser Nachthimmel dominiert von vielen sich bewegenden Lichtpunkten. Seinen Kindern die Sternbilder zu zeigen und zu erklären wird dann nicht mehr möglich sein.

Was bedeutet dieses Projekt für Sie als Hobbyastronom?
Ich bin im Bereich der Kleinplanetenforschung nicht mehr aktiv. Dahingehend werden sich für mich auch keine Nachteile ergeben. Aber die Arbeitsgebiete in meiner Sternwarte ändern sich auch ständig. Was mich momentan vielleicht noch nicht direkt betrifft, kann beim nächsten Projekt dann ein Riesenproblem werden. Wenn jemand ein Haus baut, dann muß er Gesetze einhalten und die Anrainer haben in einem bestimmten rechtlichen Rahmen ein Mitspracherecht. Dadurch ist es nicht möglich, in einer Villensiedlung ein Hochhaus zu bauen, oder eine vier Meter hohe Mauer an die Grundgrenze zu stellen. Aber warum muß es sich die ganze Menschheit gefallen lassen, wegen einigen Leuten die Aussicht auf unseren Sternenhimmel komplett vernichten zu lassen?

Was bedeutet das in Zukunft für Ihr Observatorium?
Ein halbwegs ungestörter Himmel wird damit der Geschichte angehören. Es ist ja schon bedenklich, dass viele Menschen in Stadtgebieten noch nie die Milchstraße gesehen haben. Aber zumindest hatte man in ländlichen Gebieten noch die Möglichkeit. Die Starlink-Satelliten werden dann aber den Sternenhimmel weltweit massiv beeinflussen.

Wie lange glauben Sie, werden Sie noch „freie Sicht“ haben?
In der ersten Ausbaustufe dieses Systems sind bis zu 1584 Satelliten geplant. In weiteren Ausbaustufen sollen es dann bis zu 12.000 sein. Und dann stehen natürlich auch noch andere Unternehmen in den Startlöchern. Dann reden wir von 20.000 bis 30.000 Satelliten. Im Jahr 2016 betrug die Anzahl der aktiven Satelliten 1400 Stück. Davon sind viele auf weiteren Bahnen und nicht sehr hell. Die Starlink sind aufgrund ihrer Nähe aber sehr hell und störend. Die ungestörte freie Sicht ist aktuell schon abhanden gekommen. Und alle paar Monate kommen weitere dazu.

Was kann man gegen so ein Projekt überhaupt machen. Ist man da nicht machtlos?
Man kann sehr viel dagegen machen. Wie überall hat der „Kunde“ das letzte Wort. Wenn etwas nicht gekauft wird, dann verschwindet es vom Markt. Wenn dieses Satelliteninternet keiner kauft, wird es auch so sein. Zudem gehören dem Besitzer von Starlink auch eine Autofirma (Tesla, Anm. d. Red). Man kann etwa auch die anderen Produkte dieser Person meiden. Alles, was im Geldbeutel wehtut, zieht auch Änderungen der Firmenstrategien nach sich.

Und was kann jeder Einzelne dagegen tun?
Man muß die Bevölkerung mehr darüber informieren, was dahintersteckt und welche Auswirkungen das auf uns hat. Dazu ein paar Argumente: Viele Raketenstarts sind eine massive Umweltverschmutzung. Eine hohe Anzahl von Satelliten im Orbit sind eine Gefahr für die bemannte Raumfahrt und auch für alle anderen wichtigen Raketenstarts – etwa Wettersatelliten. Die astronomische Forschung wird stark behindert oder ganz unmöglich gemacht. Es ist auch gut möglich, daß diese massenweise Sichtbarkeit von Satelliten auch Einfluß auf Tiere haben (Navigation an Sternformationen).

Verhindern wird sich das Projekt ja nicht lassen, oder?
Die Amerikaner sind bekannt dafür, daß sie sich um die Meinung anderer nicht kümmern, und sich dazu auch noch in Sachen einmischen die sie gar nichts angehen. Starlink ist ein amerikanisches Unternehmen. Unsere hoch bezahlten Politiker in Brüssel können also gar nichts dagegen unternehmen. Und wenn sie es könnten, würden sie es wahrscheinlich auch nicht tun. Letztendlich hat es der Konsument in der Hand. Eigenartig ist, daß sich die Profiastronomen relativ ruhig verhalten in der Sache. Aber wenn man sich anschaut, wie Profisternwarten finanziert werden, dann ist es eigentlich klar. Keiner beißt die Hand die einen füttert.

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