Hans Haslinger
Vom Lehrling zum Technischen Leiter von sechs Standorten

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FREINBERG (juk). Hans Haslinger hat seine Karriere mit einer Kfz-Mechaniker-Lehre begonnen und sich schon immer für Nutzfahrzeuge interessiert. Heute ist er technischer Leiter für Nutzfahrzeuge von sechs Mercedes-Hirschvogel Standorten in Bayern mit knapp 130 Mitarbeitern im Bereich LKW.
Wollten Sie schon immer Mechaniker lernen?
Mechaniker war mein Traumberuf. Schon als Kind habe ich alles zerlegt, um es zu verstehen. Die Lehre bei Mercedes-Resch und Mercedes-Luger in Schärding war für mich ein Glücksfall, weil dort alles gemacht wurde: Pkw, Transporter und Nutzfahrzeuge. Das war genau das, was ich wollte, wobei Nutzfahrzeuge schon immer mein Fokus waren. Zum Handwerk eines KFZ-Mechaniker gehörte damals auch Drehen und Schweißen. Das habe ich dort von Grund auf gelernt, inklusive Lehrabschluss mit Auszeichnung und im Anschluss die Meisterprüfung zum KFZ-Meister.
Nach der Lehre haben Sie überlegt zu studieren, sich aber dann doch dagegen entschieden – warum?
Ein Studium hätte mich damals zwar gereizt, aber das finanzielle Risiko war mir zu groß und ich war zu unsicher. Heute bereue ich nicht, dass es so gelaufen ist. Ich habe zahlreiche Sonderausbildungen parallel zum Beruf absolviert, zum Beispiel in den Bereichen Elektrotechnik, Pneumatik, Hydraulik und Elektronik. Ich halte mittlerweile sogar Weiterbildungen für Sachverständige ab, von denen die meisten studiert haben.
Wie ist es dann weitergegangen?
Ab 1976 habe ich für das Autohaus Luger in Schärding gearbeitet. Dort war ich bis etwa 1990 tätig. Dann bin ich zu Mercedes Paul nach Passau in den Spezialfahrzeugbau gewechselt. Dort wurde ich schnell als Teamleiter freigestellt und war als Werkstattleiter für alles technische am Fahrzeug zuständig. Das bedeutete viele Außendiensteinsätze in Italien, Frankreich, der Schweiz und so ziemlich in jeder Ecke Deutschlands – ein Anruf und schon saß ich im Auto oder im Flieger. 2007 habe ich bei Schwarzmüller angefangen. Dort war ich in der Produktion für Spezialsattelanhänger und im Reklamationsmanagement zuständig – bis eines Tages das Telefon geläutet hat.
Wer war dran?
Mein heutiger Arbeitgeber Mercedes Hirschvogel – sie konfrontierten mich mit der Herausforderung einen neuen Standort in Plattling-Deggendorf aufzubauen. Das hat mich sofort gereizt. Dreieinhalb Jahre war ich als Standortleiter in Straubing eingesetzt und nebenbei schon in die Planungsphase des neuen Betriebes involviert. Heute bin ich in allen Standorten in Bayern unterwegs und was Nutzfahrzeuge betrifft für die technische Leitung, Serviceprozesse und Personalsteuerung zuständig.
Sind Sie dann heute überhaupt noch viel in der Werkstatt?
Eigentlich nur mehr selten. Vor allem wenn es ein Problem gibt und sich niemand mehr die Entscheidung treffen traut. In der sogenannten Eskalationsphase zwischen Kunde, Dienstleister und Hersteller ist es mein Job, zu vermitteln. Außerdem unterstütze und berate ich die Verkäufer bezüglich der technischen Ausstattung.
Stresst es Sie nicht, dass Sie immer dann gefordert sind, wenn es Probleme gibt?
Nein, ich gehe gerne analytisch vor und bin für solche Gespräche extra geschult . Die Ausbildung zum Konfliktmanagement in der Wirtschaft war hier eine große Hilfe.
Sie selbst haben einige Male den Arbeitsplatz gewechselt – ist das Ihrer Meinung nach nötig, um Karriere zu machen oder Erfahrung zu sammeln?
Die Wechsel hatten verschiedenste Gründe. Eine langfristige Bindung zum Arbeitgeber halte ich für wichtig – das gibt Stabilität und Vertrauen. Trotzdem muss ich sagen, dass die Firmenwechsel hilfreich waren, um eine andere Sichtweise kennenzulernen oder den Blickwinkel zu ändern.
Was würden Sie jungen Menschen raten, die vor der Entscheidung stehen, was sie beruflich machen?
Den Kontakt zu Firmen und das Gespräch mit Mitarbeitern suchen. In unseren Mercedes-Standorten stellen wir zudem eigentlich schon seit Jahren keinen Lehrling mehr ein, der nicht eine Woche geschnuppert hat – dadurch hat der Praktikant die Möglichkeit Beruf und Betrieb kennenzulernen. Und wir lernen wiederum ihn kennen.
Was denken Sie mit vielen Jahrzehnten Berufserfahrung über die Lehre?
Für mich ist die Lehre wertvoll, weil sie breit gefächert ist und einem nach der Lehre viele Möglichkeiten offen stehen. Ehrgeizige Lehrlinge fangen oft schon im zweiten, dritten Lehrjahr an, sich zu fragen, wie es nach dem Abschluss weitergeht. Die Berufe haben sich weiterentwickelt und es muss uns endlich gelingen, die Komplexität von Lehrberufen aufzuzeigen sowie die Möglichkeiten, die man damit hat. Hier ist Österreich meinem Eindruck nach etwas weiter vorne als Deutschland, wo die Ausbildung leider immer noch einen geringen Stellenwert hat. Nehmen wir das Beispiel Nutzfahrzeuge: In der Lehre ist der Bereich nicht sonderlich beliebt, weil die Arbeit als schwer und dreckig gilt. Dabei sind in modernen LKWs bis zu 60 elektronische Steuergeräte verbaut. Moderne LKWs fahren schon teilautonom – das ist hochkomplex.
Hat sich die Einstellung zur Lehre verändert?
Manche Eltern streben für ihre Kinder heute regelrecht eine weiterführende Schule oder ein Studium an. Ich hatte schon junge Leute zum Schnuppern hier, die rausgegangen sind und überzeugt waren, ihren Traumberuf gefunden zu haben – bis ihre Eltern ihnen das erfolgreich wieder ausgeredet haben.
In Ihrer Position haben Sie auch viel mit Lehrlingen zu tun.
Die junge Generation will wieder was erreichen. Ich tue vieles, um zu verstehen, wie junge Menschen ticken und habe auch kein Problem damit, wenn mir ein Lehrling etwas zeigt oder beibringt – zum Beispiel am Smartphone. Mit der Zeit gehen ist ein absolutes Muss in einer solchen Position. Im Übrigen bin ich zwar nicht mit allen im Betrieb per Du, aber mit allen Lehrlingen. Der Respekt ist ohnehin da, da brauch ich nicht noch zusätzlichen Abstand.



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