"Die Leute schauen nur aufs Äußere"

Sebastian Lautner  aus Münzkirchen mit Mama Elfriede: "Bitte beweisen Sie ein Herz für Menschen mit Handicap." | Foto: Sarah Mendel
2Bilder
  • Sebastian Lautner aus Münzkirchen mit Mama Elfriede: "Bitte beweisen Sie ein Herz für Menschen mit Handicap."
  • Foto: Sarah Mendel
  • hochgeladen von Kathrin Schwendinger

BEZIRK, MÜNZKIRCHEN (kpr). "Ich möchte doch nur jemanden finden, der mir eine Chance gibt", sagt Sebastian Lautner zur BezirksRundschau. Der 32-jährige Münzkirchner erlitt bei der Geburt spastische Lähmungen und ist seither auf den Rollstuhl angewiesen. 13 Jahre lang war er bei einem Unternehmen in der Region beschäftigt – bis er plötzlich die Arbeitsstelle verlor. Nun klappert er gemeinsam mit seiner Mutter Firma für Firma ab, um einen neuen Job zu finden – bisher vergeblich.

Sebastian ist kein Einzelfall im Bezirk Schärding: Aktuell sind 65 Menschen mit bescheidmäßig festgestellten Behinderungen am AMS arbeitslos vorgemerkt, wie Geschäftsstellenleiter Harald Slaby mitteilt. Generell sei es bei der derzeitigen Arbeitsmarktlage schwierig, eine Anstellung zu finden – ob gesund oder beeinträcht. Menschen mit besonderen Bedürfnissen haben es aber umso schwerer. Das liege vor allem daran, dass die Firmen Mitarbeiter wollen, die ihren Job zu hundert Prozent erledigen können. "Da ist kaum Platz für jemanden, der augenscheinlich weniger leisten kann", sagt Eugen Ertl, Arbeitsassistent bei pro mente OÖ und zuständig für die Beratungsstellen Schärding und Ried.

Die Beeinträchtigung im Lebenslauf zu verschweigen, wie es Sebastian Lautner einmal geraten wurde, sei trotzdem nicht die Lösung: "Generell rate ich zu Ehrlichkeit", sagt Ertl. Genau das wird dem Münzkirchner Rollstuhlfahrer aber immer wieder zum Verhängnis: "Die Leute schauen nur auf das Äußere. Sie trauen mir die Arbeit nicht zu. Aber wenn mir jemand was zeigt, dann kann ich das auch." Für die Firmen bedeute, einen Menschen mit Beeinträchtigung zu beschäftigen, zudem oft einen Mehraufwand. Und den wollen sich nicht alle leisten – obwohl es Förderungen des Sozialministeriumservices und des AMS gibt.

Ertl berichtet sogar von einem Besorgnis erregenden Trend: "War vor ein paar Jahren die Hauptaufgabe der Arbeitsassistenz noch die Arbeitsplatzvermittlung, müssen wir zunehmend helfen, dass die Klienten ihren Job behalten", sagt er. Denn: Haben die Mitarbeiter Hemmungen vor dem "Neuen" oder wird dieser nicht akzeptiert, was laut Ertl immer wieder vorkommt, leide das Betriebsklima. Um die Arbeitgeber dazu zu bewegen, Menschen mit Beeinträchtigung einzustellen, helfe laut Ertl unter anderem, die Ausgleichstaxe (siehe unten) zu erhöhen. Aber er appelliert auch an die Unternehmen: "Diese Menschen haben ein Recht auf Arbeit, wenn sie etwas leisten können, sollen sie auch die Chance dazu erhalten." Und eine solche wünscht sich der Münzkirchner Sebastian Lautner sehnlichst.

Zur Sache
Die Arbeitsassistenz pro mente OÖ ist ein Angebot der Dachmarke NEBA, Netzwerk Berufliche Assistenz, Arbeitsassistenz, und wird gefördert vom Sozialministeriumservice und AMS OÖ.

Ausgleichstaxe: Unternehmen sind verpflichtet, auf jeweils 25 Beschäftigte einen begünstigten Behinderten einzustellen (Grad der Behinderung 50 Prozent). Wird diese Pflicht nicht erfüllt, muss der Dienstgeber die Ausgleichstaxe zahlen – für jede Person, die zu beschäftigen wäre.

Arbeitsassistenz
- für Blinde und Sehbehinderte: 0732/6922-6312
- für Hörbeeinträchtigte: 0732/7897-24933
- für Menschen mit psychischen Gesundheitsproblemen: 07712/4994 - 6450
- für Menschen mit körperlicher, geistiger oder mehrfacher Behinderung oder mit Lernschwierigkeiten: 0676/8734 1199

Sebastian Lautner  aus Münzkirchen mit Mama Elfriede: "Bitte beweisen Sie ein Herz für Menschen mit Handicap." | Foto: Sarah Mendel
Eugen Ertl von der Arbeitsassistent bei pro mente OÖ: "Da ist kaum Platz für jemanden, der augenscheinlich weniger leisten kann." | Foto: Wagnermaier
Anzeige
Foto: Oliver Hoffmann - stock.adobe.com
3

Das Arbeitsmarktservice (AMS) vermittelt
Damit Arbeitskraft und Unternehmen zusammenpassen

Jene zusammenzubringen, die bestens zusammenpassen, nennt man ein gelungenes „Matching“. Ob dies nun Lebenspartner/Partnerinnen sind oder – davon ist hier die Rede – Arbeitskraft und Unternehmen. Die Vermittlerrolle nimmt dabei das Arbeitsmarktservice (AMS) ein. Wie gelingt dieses Matching möglichst optimal?Es gelingt dann, wenn die Beteiligten möglichst präzise wissen und sagen können, was und wen sie brauchen. Für mich als Jobsuchenden heißt das, mir die Stellenausschreibung genau anzusehen,...

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Schärding auf MeinBezirk.at/Schärding

Neuigkeiten aus Schärding als Push-Nachricht direkt aufs Handy

BezirksRundSchau Schärding auf Facebook: MeinBezirk.at/Schärding - BezirksRundSchau

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Schärding und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.