Situation des Bäckerhandwerks in Oberkärnten
Lehrlingssuche immer problematischer

Sohn Elias und Tochter Marina Kniesek | Foto: privat
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  • Sohn Elias und Tochter Marina Kniesek
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Wie sieht die Zukunft des Bäckerhandwerks im nördlichsten Bezirk des südlichsten österreichischen Bundeslandes aus? Dazu hat die WOCHE einige alteingesessene Betriebe befragt.

OBERKÄRNTEN.
Wie sieht es mit dem Nachwuchs aus, melden sich genügend Lehrlinge?

Dazu Alexander Kniesek, Mallnitz: Es ist leider beinahe unmöglich, Lehrlinge zu finden. Das liegt einmal daran, dass unser Betrieb eher abgelegen am Land zirka 40 Kilometer von der nächsten Stadt entfernt liegt. Zum anderen ist es in der heutigen Zeit nicht einfach, die Jugend für Arbeiten zu interessieren, die nachts stattfinden und größeren Körperlichen Aufwand abverlangen."
Siegelinde Meixner-Müller, Döbriach: "Sowohl in unserer Bäckerei als auch in unserer Konditorei melden sich Lehrlinge."
Johannes und Eva-Maria Weißensteiner, Bad Kleinkirchheim: "Nach einer jahrelangen Durststrecke melden sich jetzt wieder vermehrt Lehrlinge für den Bäcker- und Konditorberuf, auch für die Doppellehre beider Berufe und in Verbindung mit der Matura. Auffallend bei uns: Derzeit haben wir fast ausschliesslich weibliche Bewerber."
Wolfgang Wendt, Spittal: "Es schaut schlecht aus: Es melden sich überhaupt keine geeigneten Lehrlinge, nur solche, denen man noch die Grundrechenarten beibringen muss, von einfachen Höflichkeitsformen ganz abgesehen."

Was muss getan werden, um das Bäckerhandwerk attraktiv(er) zu machen?
Kniesek: "Die Jugend sollte mehr über die möglichen Vorteile dieser Arbeit aufgeklärt werden,
zum Beispiel in der Nacht arbeiten und dafür am Nachmittag frei haben zum Skifahren oder Baden, ferner über den guten Verdienst und die Aufstiegsmöglichkeiten."
Siegelinde Meixner-Müller: "Der Beruf des Bäckers ist einer der schönsten die es gibt. Als Bäcker steht man nachts in der Backstube, um den Morgen der anderen zu versüßen. Außerdem hat man tagsüber viel Freizeit."
Weißensteiner: "Nicht nur das Bäckerhandwerk, sondern das Handwerk allgemein sollte wieder viel mehr wertgeschätzt und anerkannt werden. Eine handwerkliche in Verbindung mit einer schulischen Ausbildung bis zum Meister ist einem akademischen Master gleichzusetzen."
Wendt: "Das Bewusstsein der Kunden muss auf das ehrliche Handwerk gelenkt werden, darauf, dass Brot und Gebäck Zeit, gute Rohstoffe und hohes fachliches Wissen erfordern. Man müsste die Kunden verstärkt darauf hinweisen, dass Waren, die im Supermarkt oder in der Tankstelle,... herausgebacken werden und dann als 'frisch' verkauft werden, nichts mit Bäckerhandwerk zu tun haben. Dass es sich dabei um Waren handelt, die irgendwo im Ausland, weit weg von uns, mit dem größtmöglichen Einsatz von Chemie (Emulgatoren, Stabilisatoren, Quellmehle, Weichhaltemittel, Schimmelschutz,...) handelt. Leider fehlt uns und unseren Berufskollegen der finanzielle Rahmen, Werbekampagnen, die sich genau mit diesen Themen befassen, in der Öffentlichkeit zu lancieren."

Hat das Bäckerhandwerk überhaupt eine Zukunft angesichts der industriellen Brotproduktion?
Kniesek: "Das Handwerk wird immer eine Zukunft haben, auch wenn es derzeit nicht so aussieht. Aber durch Spezialisierung und Ideenreichtum, Kundennähe und innovatives Denken wird es uns gelingen, dass wieder vermehrt Kunden den echten Bäcker aufsuchen."
Siegelinde Meixner-Müller: "Ja, die Menschen besinnen sich wieder auf heimische. regionale und gesunde Produkte und schätzen, dass es in den kleinen Orten noch Bäcker gibt. Zwei wesentliche Grundsätze sind für uns seit über 60 Jahren Verpflichtung: Die Liebe zum Handwerk und die sorgfältige Auswahl hochwertiger Zutaten."
Weißensteiner: "Handwerk, welcher Art auch immer, wird immer eine Zukunft haben. Es zeichnet sich merkbar eine Trendwende weg von Massenproduktion ab."
Wendt: "Ich denke, dass es immer eine kleine Minderheit geben wird, die Wert auf gute Handwerksqualität legt, Leute, die gerne bereit sind, für eine Handsemmel oder eine mehrstufiges Sauerteigbrot einen fairen Preis zu zahlen."

Die Bäckerei Kniesek exitiert seit etwa 1860 als Meisterbetrieb in Österreich. Nach mehreren Umzügen von Baden bei Wien über Salzburg und Tirol siedelte sie sich um 1938 in Mallnitz an. Dort wird der Betrieb in der dritten Generation geführt und die vierte steht bereits in den Startlöchern.
Tochter Marina wird in nächster Zukunft die Meisterprüfung ablegen.
Betrieben werden drei Filialen in Mallnitz, Obervellach und Spittal. Desweiteren beliefert Kniesek den Einzelhandel wie Spar, M-Preis und die Rewe Gruppe mit Mallitzer Bauernbrot sowie viele weitere kleinere Betriebe und Privatpersonen in ganz Oberkärnten. Hinzu kommt eine Haus zu Haus-Zustellung im gesamten Bezirk.
Die Bäckerei Meixner-Müller existiert seit 1956 und besteht aus fünf Filialen zwischen Radenthein und Seeboden.
Die Bäckerei Weißensteiner gibt es seit 1926 und wird von Johannes und Eva-Maria Weißensteiner in dritter Generation als reiner Familienbetrieb geführt. Derzeit gibt es zehn Filialen im Raum Oberkärnten mit rund 70 Mitarbeitern.
Wolfgang Wendt: Mein Vater hat die Bäckerei 1962 übernommen, ich 1986 von ihm und zusätzlich zur Bäckerei auch eine Konditorei installiert. Heute habe ich drei Filialen und beschäftige 18 Mitarbeiter, einige davon schon mehr als 25 Jahren. Lehrlinge bilde ich seit drei Jahren aus den angeführten Gründen nicht mehr aus, von 1986 bis 2016 waren es 15 Bäckerei- und Konditoreilehrlinge. In ein paar Jahren werde ich in Pension gehen, dann wird meine Firma stillgelegt, da ich zwar Kinder habe, die aber diesen Betrieb und diese Berufe nicht weiter führen."

Viele offene Lehrstellen

Martin Vallant, seit zwölf Jahren Landersinnungsmeister des Bäckerhandwerks in Kärnten, räumt "viele offene Lehrstellen" ein, ohne allerdings konkrete Zahlen zu nennen. Es werde immer schwieriger, junge Menschen für einen Beruf zu begeistern, so der St. Veiter. Nur noch ein Viertel der Hauptschüler trete eine Lehre an, drei Viertel hingegen besuchten weiterführende Schulen. Mit Lehrlingsmessen und Schnuppertagen in Betrieben versuchten Innung und Wirtschaftskammer, Schulabgänger und deren Eltern das Bäckerhandwerk schmackhaft zu machen. Von den zurzeit existierenden 170 Bäckereien in Kärnten werden in den nächsten Jahren "wahrscheinlich einige schließen", weil sich keine Nachfolger finden.

>> Noch mehr zum Schwerpunkt Lehre:
www.meinbezirk.at/lehre

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