"Ich bin eher wie ein Virus"

Christine Plazotta im Gespräch im Park mit WOCHE-Redakteurin Verena Niedermüller
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MILLSTATT (ven). WOCHE: Haben Sie einen grünen Daumen?
PLAZOTTA: Ja. Ich experimentiere, gestalte gerne und bin kreativ. Bin jetzt nicht die typische systemische Gärtnerin (lacht). Ich bin zwischen kompletter Struktur und Permakultur.

Eines Ihrer Vorbilder ist Ali Mahlodji, der - wie Sie sagen - Visionen einer besseren Welt hat. Würden Sie sich selbst als Weltverbesserin bezeichnen?
Nein gar nicht. Denn alleine kann man nicht viel bewirken. Ich glaube eher, dass ich so etwas wie ein Virus bin. Ich versuche, Menschen mit Begeisterung für Themen anzustecken (lacht).

Sie sind Vegetarierin. Was halten Sie vom "Veganer-Wahn"?
Wenn man die wissenschaftlichen Hintergründe weiß und wie es um die Gesundheit der Menschen steht, ist es für mich etwas Logisches. Mir liegt auch der Tierschutz am Herzen, wir haben drei gerettete Katzen zuhause. Es soll jeder essen, wie er möchte. Vegan zu leben wäre super, wenn jeder überlegt, was hinter dem hohen Fleischkonsum steckt. Ich bin seit fünf Jahren Vegetarierin.

In Ihrem Buch, das Sie schreiben werden, geht es um Erziehung, Bildung und Kinder. Selbst haben Sie keine..
Es gibt einen pädagogischen Ansatz in der Reggio-Pädagogik. Dort sind wir alle für alle unsere Kinder verantwortlich. Für die Geborenen von anderen Menschen und die Nicht-Geborenen, ich fühle mich auch verantwortlich für andere Kinder. Mein Mann und ich unterstützen sehr viele Familien ehrenamtlich. Wir leben diesen Ansatz, auch wenn es nicht unsere eigenen Kinder sind, wir machen uns Gedanken um alle Kinder.

Erzählen Sie mir ein bisschen über Ihren Werdegang..
Doppelte Schulabbrecherin. BG und Hak abgebrochen. Im zweiten Bildungsweg die Hak-Matura nachgemacht. Viele Ausbildungen gemacht, versucht zu studieren und nun auch wieder zu studieren. Es ist mir nicht das Wichtigste, wichtiger ist es, Dinge umzusetzen und zu tun.

Welchen Beruf haben Sie ursprünglich gelernt?
Ich war über zehn Jahre lang Verkäuferin bei einem Juwelier in Spittal. Drei Jahre in Klagenfurt bei einem Kürschner. Jetzt in der Unternehmensberatung mache ich im Grunde das selbe wieder: Wie verkaufe ich richtig, wie gehe ich auf einen Kunden zu?

Wie haben Sie Ihre Schulzeit in Erinnerung? Waren Sie eine gute Schülerin? Und beliebt?
Ich war teils eine sehr gute Schülerin, in Mathematik aber ganz schlecht. Das hat mich verzweifeln lassen, weil ich mich fühlte, als wäre ich überall schlecht. Ich möchte Eltern und Kindern mehr Selbstbewusstsein geben. Wenn ich in einem Fach schlecht bin, heißt das nicht, dass ich als ganzer Mensch schlecht bin.
Man hat mich gerne mögen, aber wenn ich zurückschaue, mochte ich mich nicht, weil ich viel zu angepasst war. Eigentlich bin ich ja viel verrückter (lacht).

Was war Ihr Lieblingsfach?
Deutsch hat mir immer Spaß gemacht.

Was wollten Sie als Kind werden?
Archäologin. Das ist etwas Spannendes, weil eigentlich mache ich heute genau das selbe. Archäologen nehmen Steine und Felsen her, putzen ihn, analysieren, was drunter liegt. Und ich mache das selbe mit der Psyche des Menschen. Wie ticken sie?

Wo urlauben Sie? Und wie?
Auf keinen Fall Camping, ich hasse es. Urlaub ist für mich, so wie hier jetzt die Situation. Mein Urlaubsplatz ist eigentlich zuhause, da bin ich sehr sehr zurückgezogen, obwohl ich andererseits auch sehr offen sein kann. Ich brauche dort meinen Ruheplatz. Wenn ich wo bin, dann in einem Hotel, aber keinesfalls lange Reisen. Früher dachte ich, ich muss das alles haben, aber bin total zufrieden. Ich war vier Jahre lang in Bosnien-Herzegowina, habe dort für zwei Banken gearbeitet. Das hat mich befriedigt, obwohl es gleich nach dem Krieg war. Ich muss jetzt nicht alles haben. Ein Wunsch wäre aber noch die Aurora borealis.

Was ist Ihr Laster? Worin sind Sie inkonsequent?
Mit den Kohlehydraten (lacht).

Was ist das Verrückteste, das Sie jemals getan haben?
Eigentlich habe ich mein ganzes Leben lang Dinge gemacht, die weg vom Mainstream waren. Schulen abgebrochen, aber trotzdem immer gearbeitet und Geld verdient. Ich habe leider durch meinen Lebenslauf keinen festen Freundeskreis gehabt, aber immer zu diesen Zeiten für die anderen verrückte Dinge gemacht. Das Verrückteste war zum Beispiel in zwei Tagen mit dem Flugzeug in acht Staaten sein. Oder in einem Tag mit dem Zug durch sechs Bundesländer zu fahren. Einfach aus Spaß. Ich hatte das Bedürfnis, von zuhause weg zu sein, wollte aber nirgends hinfliegen (lacht). Es war eine gute Basis zum Nachdenken. Ohne Handy.

Welche Entscheidung würden Sie - wenn Sie könnten - heute anders treffen als in der Vergangenheit?
Keine einzige. Wenn man sich mit sich auseinandersetzt und reflektiert, weiß man, wie man zum jetzigen Punkt kommt und damit fühlt sich alles wieder richtig an. Wichtig ist auch, sich selbst verzeihen zu können. Zu einem gewissen Zeitpunkt hat man Entscheidungen getroffen, die vielleicht damals nicht optimal waren, aber man hatte zu diesem Zeitpunkt ja nicht mehr Wissen zu dem Thema.

Mit wem - egal ob bereits gestorben oder noch lebendig - würden Sie gerne einmal zu Abend essen?
Das wäre Ali Mahlodji. Ich würde ihn fragen, wie er gewisse Dinge auf die Reihe bekommen hat und was er gemacht hat, als es ihm nicht so gut ging.

Würden Sie sagen, Sie sind eine gute Hausfrau?
Ich bin eine sehr gute Hausfrau. Ich kann extrem gut kochen und putzen, aber ich hasse bügeln (lacht).

Sie haben Ihren Mann über eine Partneragentur kennen gelernt. Empfehlenswert?
Ja (lacht).

Warum haben Sie überhaupt auf eine Partneragentur zurückgegriffen?
Es gab einen Zeitpunkt in meinem Leben, wo ich nicht ausgehen wollte und mir das Oberflächliche zu seltsam geworden ist. Ich habe es über Parship versucht, weil ich gerne probiere und experimentiere. Es ist für mich wichtig, dass ich vieles ausprobiere und bin ein offener Mensch. Viele meiner Bekannten und Freunde haben über Online-Portale ihre langfristigen Partner kennengelernt und eine Familie gegründet. Es funktioniert. Man muss ein paar kleine Rahmenbedingungen akzeptieren und reflektieren, dass unter ein paar natürlich auch ein, zwei 'Freaks' sein können. Man darf dabei nicht zu naiv sein.

Was halten Sie von Dating-Apps wie Tinder oder Lovoo, wo es doch offensichtlich nur um "das eine" geht?
Da bin ich sehr zweigeteilt. Mein Mann ist Sexualpädagoge und da habe ich auch viel mitbekommen. Der schnelle Sex und diese sehr oberflächlichen Themen bringen die Menschen nicht mehr ins Gefühl. Es ist okay, wenn zwei sich finden, die zum selben Moment das selbe wollen, aber diese Oberflächlichkeit und nicht Tiefgehende wird dadurch gefördert. Sexualität heißt ja auch Vertrauen und Nähe. Diese Menschenorientierung kann nicht mehr passieren. Ich halte es eigentlich für gefährlich.

Warum gefährlich?
Weil Partnersuche etwas ist wie ein Gegenstück zu suchen. Sexualität ist natürlich ein Teil davon, oft ist man sich über die Konsequenzen nicht bewusst, wie Oberflächlichkeit, Geschlechtskrankheiten, die eigene Energie nicht schützen. Mir ist es wichtig, das Thema als Tabu noch mehr aufzubrechen. Derzeit herrscht hier eine extreme Verflachung.

Das Geheimnis einer guten Ehe?
Ansprechen, diplomatische Ehrlichkeit. Der andere soll immer das Gefühl haben, er ist im Vertrauen. Viele rühmen sich mit ihrer Ehrlichkeit und Direktheit, meist ist dies aber sehr verletzend und nicht diplomatisch.

Sie trainieren und coachen Menschen, Teams, Unternehmen. Ist man da nicht auch ein bisschen Psychologe?
Ja, natürlich. Ich denke von mir, ich habe ein gutes und großes psychologisches Hintergrundwissen, bin aber keine Psychologin oder Psychotherapeutin. Ich arbeite immer in einem großen Team, wo ich dann Menschen weiter vermittle. Das ist mir wichtig, dass man sich der Rollen bewusst ist. Als Coach muss man ein gutes Rüstzeug mit haben, damit man schnell erkennen kann, wenn man selbst nicht die richtige Ansprechperson jetzt ist. Ich habe ein gutes Team, mit dem ich zusammenarbeite.

Ihr Mann ist ja ebenfalls Berater - im Bereich Soziales. Kann man den Beruf in der Ehe außen vor lassen oder erwischt man sich doch hin und wieder, wie man versucht, den Partner zu "coachen"?
(Lacht). Bei uns ist es so, dass ich eine hohe Rollenklarheit habe. Ich bin Ehefrau, Hausfrau und Geliebte, aber nicht sein Coach. Wir reflektieren gemeinsam, da wir beide Geschäftsführer unserer Firma sind, aber wenn er seine Themen hat, macht er eine Ausbildung dazu oder er hat eine eigene Supervisorin. Bei mir gibt es klare Rollenklarheit.

Was ist der Unterschied zwischen Training und Coaching?
Im Coaching ist das Ziel, den Menschen ins Nachdenken zu bringen, damit er eigene Antworten finden kann. Im Training werden Fertigkeiten, Fähigkeiten und Kompetenzen in eine noch bessere Effektivität gebracht.

Worin würden Sie sagen, würden Sie selbst oft ein Coaching benötigen? ;-) Welche ihrer eigenen Fähigkeiten würden Sie gerne noch ausbauen?
Hm..ich bin permanent im Coaching. Wenn man ein guter Coach sein will, muss man selbst permanent reflektieren. Ich würde eher gerne etwas weiteres lernen, in Richtung echte, tiefe Organisationsentwicklung.

Sie engagieren sich bei Frau in der Wirtschaft und im Otelo in Spittal. Zu viel Freizeit?
Nein (lacht). Das ist meine Freizeit, damit bilde ich mich weiter und ich kann etwas tun. Es geht um Menschen, Geschichten, Innovationen, Startups, Gründer, Berufsorientierung. Das ist genial!

Welches Buch lesen Sie gerade?
Viele verschiedene als Grundlage für mein eigenes Buch. Derzeit eine Doktorarbeit "Typgerecht fördern und erziehen" von Christina Kaniak-Urban. Das bildet auch die Grundlage meines Buches.

Lesen Sie auch zum Vergnügen?
Würde ich gerne, habe ich früher auch. Derzeit habe ich aber zu wenig Zeit dazu.

Was ist für Sie Luxus?
Hier zu leben. Das klingt jetzt vielleicht "abgedroschen", aber wenn man weiß, wie es in anderen Ländern zugeht, wo man das Wasser nicht trinken kann, wo die Landschaft vermint ist, weiß man das zu schätzen. Ich glaube, dass die Dankbarkeit um das, was wir hier haben, oft verloren geht. Luxus ist das, was wir hier leben.

Meine letzten Worte sollen sein?
Schen woas, pfiat eich!

Zur Person:

Name: Christine Maria Plazotta
Geburtstag: 24. Dezember 1972
Wohnort: Lendorf
Heimatort: Lendorf
Familie: Verheiratet, ohne Kinder, mit Mutter
Beruf: Unternehmensberaterin, Trainerin, Coach
Hobbies: Weiterbildung und Garten
Vorbilder: Es gibt keine konkreten Vorbilder, aber viele Menschen, auf die ich bewundernd hinschaue und versuche, diese Dinge selbst bei mir umzusetzen. Zum Beispiel Ali Mahlodji, der unter schwierigsten Bedingungen eine Firma (Watcha do) hochgezogen hat und genauso wie ich Visionen einer besseren Welt hat.
Lieblingsspeise: Vieles, alles vegetarisch
Lieblingsplatz: Der ist zuhause. Mein Ruhe- und Kraftplatz.
Lebensmotto: Das wechselt von Monat zu Monat. Situativ (lacht). Derzeit würde ich sagen: "Mit voller Kraft und Konzentration auf etwas hinarbeiten".
Ziele: Ein Buch zu schreiben, weil mein Hauptthema derzeit ist das Profiling. Für mich fängt Bildung bei den Kindern an, im Buch geht es um Erziehung und Kinder und dass wir alle verschiedene Typen sind.

Word-Rap:

Golf- oder Fußballplatz? Beides nicht
Steak oder Spinatlasagne? Spinatlasagne
Wein oder Hollunderwasser? Hollunderwasser
Strand oder Berg? Berg
Schlager oder Heavy Metal? Puh.. beides nicht. Noch eher Heavy Metal
Buch oder Ipad? Buch
Theater oder Kino? Kino
Sport oder Couch Potatoe? Wünschen würde ich mir Sport, aber Couch Potatoe bin ich auch keiner (lacht).

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