Landesgericht St. Pölten
Ehepaar soll 800.000 Euro-Erbe erschlichen haben

 

Ein Vermögen von rund 800.000 Euro soll ein St. Pöltner Ehepaar einem mittlerweile Verstorbenen abgeluchst haben, als der schwer kranke Mann aufgrund seines Geisteszustandes bereits als nicht mehr testierfähig galt. Am Landesgericht St. Pölten bekannten sich die Angeklagten erst nach Rücksprache mit dem Verteidiger schuldig.

ST. PÖLTEN (ip). Der Sohn des Paares, der mit den Lebensumständen des 78-Jährigen vertraut war, vermittelte ihm seine Eltern, die sich ab Ende 2018 um den Pensionisten kümmerten. Im Frühjahr 2019 verschlechterte sich dessen Gesundheitszustand, dem folgten mehrere Krankenhausaufenthalte, teils auf Intensivstationen, Ende September 2019 verstarb der 78-Jährige nahezu vermögenslos.
Einem Notar, so Staatsanwalt Karl Fischer, sei es zu verdanken, dass die leibliche Tochter des Verstorbenen, im Prozess vertreten durch Martin Führer, nun zumindest einen Teil des ihr zustehenden Erbes erhält. Dazu zählen das Haus ihres Vaters, sowie das Geld einer Lebensversicherung, worauf die Beschuldigten nach Rücksprache mit ihrem Verteidiger verzichteten. Der Verbleib von 265.000 Euro Bargeld konnte nicht geklärt werden.
Dass sie sein gesamtes Vermögen erhalten sollten, so der 48-Jährige, sei schon Wochen vor der schweren Erkrankung des Mannes ausgemacht gewesen. Im Mai 2019 erhielt der Angeklagte eine Zeichnungsberechtigung für das Konto des Erkrankten und behob bis Juli mehrfach Tausende Euros, mit denen unter anderem Tankrechnungen, sowie Möbelkäufe finanziert wurden. Mit 220.000 Euro sei er ins Krankenhaus gefahren und habe es Ärzten für eine optimale medizinische Betreuung des Pensionisten angeboten. Als diese ablehnten, habe er die Banknoten im Kasten versteckt und sie später dem Besitzer zurückgegeben. Wo dieser das Geld danach versteckt habe, wisse er nicht, jedenfalls konnte es bisher nicht gefunden werden, so der 48-Jährige. Ein Wertpapierdepot des Opfers sei mit dessen Einverständnis aufgelöst und zugunsten des Ehepaares als Lebensversicherung neu eingelegt worden.

Gutachten gefordert

Das Haus sollte die 50-jährige Ehefrau erhalten. Als der Notar auf ein Gutachten zur Geschäftsfähigkeit des Pensionisten bestand, bzw. bereits ein Erwachsenenvertreter beantragt worden war, nachdem ein Gutachter dem 78-Jährigen eine mittelschwere Demenz attestiert hatte, ließ das Ehepaar den Kranken ein handschriftliches Testament unter Einbeziehung von Freunden erstellen. Gleichzeitig brachte man den Betroffenen nach Wien und ließ privat ein zweites Gutachten erstellen, das entsprechend vorteilhaft ausfiel.

Prozess vertagt

So seltsam die Erklärungen des Ehepaares klangen, so sehr entlasteten Nachbarn und vor allem der beste Freund des Verstorbenen die Beschuldigten. Keinem sei eine geistige Beeinträchtigung aufgefallen, das Paar habe sich optimal um den Mann gekümmert, während es zur Tochter eigentlich keinen Kontakt gegeben habe, worüber sich der 78-Jährige ärgerte.
Fischer beantragte ein weiteres Gutachten, um das Ausmaß der Demenz zu klären, der Prozess wurde daher vertagt.

  • Staatsanwalt Karl Fischer vor der Verhandlung.
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  • Rechtsanwalt Martin Führer vor dem Gerichtssaal.
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