Gemeinde Wilhelmsburg
Kein Mordversuch bei Messerattacke
Wegen versuchten Mordes und versuchter schwerer Körperverletzung musste sich ein 47-jähriger Türke in einem St. Pöltner Schwurgerichtsprozess verantworten, wobei sich der Angeklagte abschwächend geständig nur teilweise schuldig bekannte.
WILHELMSBURG. Anlass für die blutige Attacke am 12. Oktober vergangenen Jahres in Wilhelmsburg war laut Staatsanwaltschaft gekränkte Ehre, die zu einer emotionalen Eskalation führte. Gerüchte, wonach die Ehefrau eines 29-Jährigen eine Affäre mit dem Angeklagten habe, weshalb die Scheidung im Raum stehe, sowie ein Anruf der Frau, die den 47-Jährige vor einem möglichen Racheakt ihres Ehemannes warnte, wollte der Angeklagte vor Ort klären. Mit einem Messer bewaffnet, stellte der zweifach einschlägig Vorbestrafte zunächst einen 39-jährigen Bekannten, der mit einem Kunden vor seinem Frisörgeschäft stand, bezüglich der Gerüchte zur Rede. Unvermittelt habe er dem Mann, der sich bei der Attacke nach vorne beugte, eine fünf Zentimeter tiefe Stichverletzung in den Rücken versetzt.
„Als ich das Blut gesehen habe, war ich im Schock“,
meinte der Angreifer. Das Opfer versuchte zu flüchten und warf Pflastersteine nach dem 47-Jährigen. Vom Tumult auf der Straße alarmiert, kam der 29-jährige Ehemann der Frau aus seinem nahe gelegenen Geschäft.
„Er hat mich abgestochen!“,
rief der 39-Jährige ihm zu. „Ich bring dich um“, habe der Bewaffnete gedroht, als der 29-Jährige näher kam. Den Bauchstich mit der 20 Zentimeter langen Klinge habe er erst wahrgenommen, als der Angeklagte das Messer aus seinem Körper zog. „Es war kurz und bündig. Ich war verletzt und zack, zack war es vorbei“, so das Opfer vor Gericht. Nach der Bluttat fuhr der Täter davon, konnte jedoch wenig später in Rotheau festgenommen werden.
"Ich wollte niemanden umbringen"
Wie der Türke im Prozess betonte, habe er nie eine Affäre mit der Ehefrau des zweiten Opfers gehabt. Das Küchenmesser habe er schon monatelang im Auto gehabt und eigentlich nur zur möglichen Verteidigung mitgeführt. Wie Verteidiger Roland Schöndorfer erklärte, sei sein Mandant keinesfalls in Mordabsicht auf den 29-Jährigen losgegangen. Immer wieder habe er auch ihm gegenüber versichert „Ich wollte niemanden umbringen“, richtete sich Schöndorfer an die Geschworenen. Zu versuchter schwerer Körperverletzung bekenne sich der Angeklagte schuldig. Der Verantwortung des Beschuldigten standen die beinahe ausschließlich belastenden Aussagen der Zeugen entgegen.
Wie Wolfgang Denk in seinem Gutachten erklärte, sei der 15 Zentimeter tiefe Bauchstich wuchtig ausgeführt worden. Unter anderem kam es dabei zu massiven Verletzungen des Dünndarms, wobei austretender Darminhalt in der Bauchhöhle lebensbedrohliche Folgen gehabt habe. Die Behauptung des Beschuldigten, wonach der 29-Jährige ihm quasi „ins Messer gelaufen“ sei, könne mit dem Verletzungsbild nicht in Einklang gebracht werden.
Das Urteil
Anhand einer Messerattrappe veranschaulichte die Staatsanwältin mit roter Farbe die Stichlänge von 15 Zentimetern, die ohne rasche Hilfe den Tod des 29-Jährigen herbeiführen hätte können. Opfervertreter Georg Thum erhielt für seinen Mandanten zuletzt den Zuspruch von 15.000 Euro, das Opfer mit dem Rückenstich 4.000 Euro Entschädigung. Das Urteil der Geschworenen fiel eher zugunsten des Türken aus. Mit 1:7 Stimmen sprach man sich gegen Mordversuch mit einem Strafmaß bis zu 20 Jahren oder lebenslänglicher Haft aus. Wegen versuchter schwerer Körperverletzung und absichtlich schwerer Körperverletzung fasste der Angeklagte bei einem Strafmaß bis zu 15 Jahren acht Jahre Haft aus (nicht rechtskräftig).
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