Nazipropaganda auf Christbaumkugeln
ST. PÖLTEN (red). Mit einer bedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten und Bewährungshilfe für die Probezeit von drei Jahren endete ein Geschworenenprozess am Landesgericht St. Pölten, bei dem ein 24-Jähriger aus dem Bezirk Tulln wegen des Verbrechens nach dem Verbotsgesetz, sowie wegen des Besitzes eines Schlagrings zur Verantwortung gezogen wurde (nicht rechtskräftig).
Dem Nationalsozialismus zugewandt
Als „Nazi light“ könnte man die Gesinnung des Beschuldigten bezeichnen, der sich zwischen August 2015 und Februar 2016 dem Nationalsozialismus zuwandte und mit diversen Aktionen als Propaganda für die Wertvorstellungen und Zielsetzungen der Nazis an die Öffentlichkeit trat.
Staatsanwalt Karl Wurzer nannte dazu unter anderem eine Hakenkreuzfahne, die der Angeklagte über seine Schlafzimmertür hängte, sodass sie durch ein unverdecktes Fenster für jedermann zu sehen war. Auf der Hecktüre seines Fahrzeuges prangte ein Hakenkreuz, das in eine dicke Staubschicht gezeichnet worden war und in einem St. Pöltner Szenelokal soll er vielfach die Hand zum Hitlergruß erhoben und mit „Sieg Heil!“- Parolen unterstrichen haben.
Christbaumkugeln mit Hakenkreuzen
Während der 24-Jährige einige der Vorwürfe bestritt, bekannte er sich zur Verbreitung von Bildern, Videos und Textnachrichten via WhatsApp schuldig. Er hatte sich einer eher kleinen WhatsApp-Gruppe angeschlossen, zu der auch ein bereits einschlägig verurteilter Bursche gehörte. Zu sehen gab es da etwa Bilder von Christbaumkugeln mit Hakenkreuzen und SS-Runen, die einen Weihnachtsbaum zierten, den Schambereich einer Frau, über den ein Hakenkreuz tätowiert war, sowie eine Nachricht am 31. August 2015 mit dem Inhalt „Ab nach Mauthausen mit dem Gsindl“ als Reaktion auf einen Zeit-im-Bild-Beitrag über Flüchtlinge am Wiener Hauptbahnhof.
Er habe gewusst, dass so eine Propaganda verboten ist, meinte Wurzer und verwies darauf, dass der Angeklagte sich sogar bei einem Anwalt über das Verbotsgesetz informiert habe.
„Der Nationalstolz und der Zusammenhalt haben mich fasziniert“, begründete der mittlerweile Geläuterte seine Aktivitäten, zu denen er durch falsche Freunde und das Internet verführt worden sei. Heute sehe er es als eine Dummheit und die Verbrechen der Nazis habe er ohnehin nie gutgeheißen, so der Angeklagte.
Verteidigerin Nicole Nossek verwies einerseits auf die Milderungsgründe, wie etwa das Geständnis und die bisherige Unbescholtenheit ihres Mandanten, andererseits seien die Aktivitäten keine Wiederbetätigung im klassischen Sinn. Es habe sich um eine kleine Gruppe junger Erwachsener gehandelt, die natürlich eine Grenze überschritten habe, da der Nationalsozialismus in jeglicher Form abzulehnen sei. Während Nossek ihrem Mandanten empfahl, auf Rechtsmittel gegen das Urteil zu verzichten, gab der Staatsanwalt vorerst keine Erklärung ab.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.