Sechs Jahre Knast für Vergewaltigung beim Traisendamm
ST. PÖLTEN (ip). „Ich habe mich gefühlt wie das Kaninchen vor der Schlange“, schilderte eine 60-jährige St. Pöltnerin ihre Situation, als sie am 5. Dezember 2014 unter einer Bahnunterführung vergewaltigt worden war. Aus Angst vor Verletzungen habe sie sich nicht gewehrt, sondern immer nur gesagt: „Geh weg, lass mich in Ruh´!“
Zur Anzeige gegen einen vorerst Unbekannten, der während ihres Martyriums stets hinter ihr war, kam es nur durch Zureden einer Freundin. Sie selbst habe sich geschämt, weil ihr das, noch dazu in betrunkenem Zustand, passiert war. Spermaspuren in der Unterhose der Frau führten die Ermittler zu einem 28-jährigen Türken, der nur wenige Monate zuvor aus dem Gefängnis entlassen worden war. Dort hatte er wegen versuchter Vergewaltigung sechs Monate verbracht, ein Jahr bedingt zusätzlich wurde nun von einem Schöffensenat am Landesgericht St. Pölten widerrufen. Das neuerliche Urteil – fünf Jahre Haft – beläuft sich aufgrund des Widerrufs nun auf eine Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Jahren (nicht rechtskräftig).
„Nicht schuldig“, erklärte sich der Türke im Prozess zu den Vorwürfen von Staatsanwältin Kathrin Bauer. Er habe die Frau noch nie gesehen. Als er an diesem Abend von seiner Freundin nach Hause gegangen sei, verspielte er zunächst 20 Euro in einem Wettlokal. „Ich bin geil geworden“, berichtete er weiter und dann habe er sich beim Traisendamm selbst befriedigt – und nicht zum ersten Mal an diesem Ort. Vermutlich habe das Opfer danach genau an dieser Stelle seine Notdurft verrichtet und dabei sein Sperma mit der Unterhose aufgewischt.
„Haarsträubend und absolut absurd“, bezeichnete die vorsitzende Richterin Andrea Humer die Version des Beschuldigten. „Sie haben die Wehrlosigkeit des betrunkenen Opfers missbraucht. Das ist so ziemlich das Letzte“, erklärte Frau Rat, die auch die Ausführungen eines praktischen Arztes für entbehrlich hielt, der als Allgemeinmediziner behauptete, dass es anatomisch nicht möglich gewesen sei, unter den angeführten Gegebenheiten die Frau zu vergewaltigen, zumal sie kaum Verletzungen erlitten habe. Nicht zuletzt stellte er die Vermutung in den Raum, die Frau habe sich in ihrem Rausch an den jungen Mann herangemacht – absolut unvorstellbar nach Ansicht des Senats.
Die, von Verteidigerin Irmtraud Oraz beantragte Zeugin, die damals eine schwer betrunkene Frau, die mit ihrer Unterhose beschäftigt gewesen sei, beobachtet haben will, konnte auch keine Angaben zur Entlastung ihres Mandanten beitragen.
Die Strafhöhe betreffend argumentierte Humer, dass es keinen Milderungsgrund für den Angeklagten gebe. „Es muss der Öffentlichkeit ganz klar gemacht werden, dass die Vergewaltigung einer Frau kein Kavaliersdelikt ist!“, betonte sie in ihrer Urteilsbegründung.
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