Über "Neue Rechte" in St. Pölten
Bei rechtsextremistisch motivierten Taten gibt es trotz österreichweitem Anstieg in St. Pölten keine Auffälligkeiten. Im Internet ist ein Wilhelmsburger mit einer "rechten" Gruppe aber eine große Nummer.
ST. PÖLTEN (jg). Die Zahlen des Verfassungsschutzes gingen vergangene Woche durch die Medien: Von 2014 auf 2015 stieg die Zahl "rechtsextremistisch motivierter Tathandlungen" um 54,1 Prozent auf 1.156 an. 45,2 Prozent der Tathandlungen wurden als rechtsextremistisch klassifiziert, 27,9 Prozent als fremdenfeindlich beziehungsweise rassistisch. Von einem "dramatischen Anstieg und absoluten Höchststand" war angesichts der Zahlen die Rede. Macht sich diese Entwicklung auch in St. Pölten bemerkbar?
Laut Stadtpolizeikommandant Franz Bäuchler "nicht wirklich". Ihm falle kein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit ein, das er als rechtsextremistisch motivierte Tat einstufen würde. "Vielleicht ein paar Schmierereien", sagt er. Ein Pickerl hier oder dort, vieles davon gehe einfach unter.
"Neue Rechte" in St. Pölten
St. Pölten in Sachen Rechtsextremismus also eine Insel der Seligen? Nicht ganz. In den Fokus des Verfassungsschutzes rückten zuletzt zunehmend "Neue Rechte", die "mithilfe von Internetauftritten und aktionistischen Handlungen eine 'Popkultur' mit rechtsextremen Inhalten für Jugendliche und junge Erwachsene zu entwickeln versucht." Diese "Neuen Rechten" sind auch in und um die Landeshauptstadt zu finden.
Stammtische und Facebook
SP-Vorfeldorganisationen wie die Sozialistische Jugend und die Junge Generation beobachten derlei Gruppierungen genau und orten auch in St. Pölten einen Anstieg von Aktionen und Sympathisanten. Laut Marie Chahrour, Vorsitzende der SJ, hätten etwa die Identitären – vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes als rechtsextrem eingestuft – auch in St. Pölten damit begonnen, Stammtische abzuhalten. "Grundsätzlich ist jeder Ballungsraum auch ein Raum, in dem sich extreme Tendenzen in irgendeiner Form abzeichnen", sagt JG-Vorsitzender Michael Kögl. "Warum? Weil diese Gruppierungen eine Bühne wollen."
Offensichtliche Nähe zur NPD
Eine in diesem Sinne große Bühne hat ein Wilhelmsburger gefunden. Als Gründer der Facebook-Gruppe "AfÖ - Alternative für Österreich 2016" hat er bereits über 4.000 "Fans". Hier werden fleißig Beiträge von Identitären geteilt, es wird von Vergewaltigungen durch sogenannte "Rapefugees" – Mischung aus Vergewaltigung (rape) und Flüchtling (refugee) – berichtet und davon, dass in einem Kindergarten der Muttertag wegen dem Ramadan entfalle. "In der Gruppe werden Aufrufe zur Gewalt an Refugees beziehungsweise Drohungen stehen gelassen und gut geheißen", so Kögl.
Der Gründer der Seite wiederum postet auf seinem privaten, aber öffentlich zugänglichen Profil, Bilder von der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) – einer rechtsextremen Kleinpartei, der eine inhaltliche Nähe zur NSDAP nachgesagt wird.
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