Mariazellerbahn
Vom Tanzsaal in die Lok
Als Lokführer der Mariazellerbahn läuft für Michael Heussler alles auf Schienen.
ST. PÖLTEN (pw). "Ich bin unheilbar mit dem Eisenbahn-Virus infiziert. Züge haben mich von Klein auf interessiert", erklärt Michael Heussler, Lokführer der Mariazellerbahn. Doch bis er tatsächlich im Führerstand gelandet ist, hat es einige Zeit gedauert. Zuerst hat er Elektrotechnik studiert, dann eine Ausbildung zum Tanzlehrer gemacht und diesen Beruf 25 Jahre lang ausgeübt. 2010 hat er seinen Bubentraum wahr gemacht und das Tanzparkett gegen die Schienen eingetauscht. Sein Herz schlägt für die Lokal- und Schmalspurbahnen. "Man sieht, wie alles funktioniert. Das fasziniert mich", schwärmt der Lokführer. Während seiner Ausbildung hat er sich "voll reingekniet. Ich wollte immer besonders gut sein." Ende 2011 wurde der ÖBB-Betrieb von der NÖVOG übernommen. "Der rund 100 Jahre alte Fahrzeugpark war aufwändig in der Erhaltung und hatte viele Störungen. Das war schon eine Herausforderung", so Heussler. Ende 2012 kamen dann die neuen Fahrzeuge und Heussler wurde Lehrlokführer. "Jemandem etwas beizubringen hat mir schon immer Spaß gemacht."
Gefahrensituationen
Doch plötzlich steigt der Adrenalinspiegel. Die Mariazellerbahn fährt langsam aus der Station. Nur gefühlte zehn Meter vor dem Zug überquert ein Auto die Gleise – trotz rotem Ampel-und oftmaligem Hupsignal. "Das passiert leider öfters. Die Leute halten sich nicht an die Regeln." Ob deswegen die Angst immer mitfährt? "Nein, mehr ein gesunder Respekt." Gänzlich eliminieren lassen sich die Gefahren aber nicht: "Nach einem Tunnel sind einmal fünf Kühe auf den Gleisen gestanden. Das Gewicht war so massiv, das der Zug entgleist ist. Wir mussten dann die Leute evakuieren", erklärt Heussler.
Entgleisung
Dass es immer wieder zu brenzligen Situationen kommen kann, zeigt auch die Entgleisung der Mariazellerbahn im Juni letzten Jahres. Aufgrund von überhöhter Geschwindigkeit kippte der Zug in einer Kurve um. Der Lokführer steht derzeit wegen Fahrlässigkeit vor Gericht. "Der Unfall war ein massiver Schock. Wir waren alle erschüttert. Der junge Mann war einer der zuverlässigsten und gewissenhaftesten Kollegen", betont Heussler. Doch wer kümmert sich nach einem traumatischen Ereignis um die beteiligten Kollegen. "Wir haben dann die sogenannten "Peers" (Laienhelfer) ins Leben gerufen. Wenn jemand Hilfe braucht, wird betriebsintern psychologisch betreut."
Mariazellerbahn
Die Strecke verläuft über 84 Kilometer von St. Pölten nach Mariazell. 2018 wurden 540.000 Fahrgäste befördert. Bei der NÖVOG gibt es derzeit 62 Lokführer. Die Ausbildung dauert rund fünf Monate; mehr Infos: www.mariazellerbahn.at
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