So fährt der Routinier
"Steig ein": Ein Mann, dessen Beruf das Autofahren ist, nimmt hinter dem Steuer eines Fahrschulautos Platz.
ST. PÖLTEN (bt). "Wir fahren eine ganz einfache Runde. Wenn ich nichts sage, fahren wir gerade", erklärt Richard Mader, Chef der Fahrschule Sauer, seinem Schüler. Dieser stellt gerade Spiegel und Sitz ein und ist kein Geringerer als Christoph Windhör, Geschäftsführer von Taxi 31900. Seinen Führerschein hält Windhör seit 20 Jahren in Händen, heute fährt er bis zu 100.000 Kilometer im Jahr. Also der perfekte Kandidat, denn im zweiten Teil der Serie "Steig ein" überprüfen wir, ob ein Routinier die praktische Führerscheinprüfung aktuell bestehen würde.
"Die lustige Kreuzung"
Schon steuert Christoph Windhör das Fahrschulauto über die Porschestraße im Süden der Stadt in Richtung Zentrum. Eine kurze Runde, dann geht es über die Josefstraße wieder zurück. Der Taxi-Chef schlägt sich souverän, Lehrer und Schüler plaudern sogar und die Tachonadel bleibt stets unter 50 km/h. "Ah, ich weiß schon, worauf du hinauswillst, die lustige Kreuzung dort vorne", sagt Windhör im Schwaighof-Kreisverkehr. Uns fallen dann aber keine Fehler auf. Wieder in der Porschestraße, geht es vorbei am Büro der Bezirksblätter zurück zum Übungsplatz der Fahrschule Sauer.
"Fehler die jeder macht"
Hier tauschen die Männer ihre Plätze. Nun sitzt Lehrer Richard Mader hinter dem Steuer. Er fährt die Runde ein zweites Mal, um zu zeigen, wo Fehler passiert sind. "Drei, vier Sachen, die jeder macht, aber in einer Prüfung nichts verloren haben." Zum einen lag die Hand von Christoph Windhör meist am Schalthebel und nicht am Lenkrad. "Der rennt dir nicht davon", kommentiert Mader. Auch auf den ein oder anderen Spiegel-Spiegel-Schulterblick hat der routinierte Taxifahrer vergessen. Obwohl dem Straßenverlauf gefolgt, hätte einmal geblinkt werden müssen, und im Kreisverkehr ist Windhör der Standardfehler schlechthin passiert. "Ausbildungstechnisch fahren wir den Kreisverkehr außen", erklärt Mader, der ein paar Straßen weiter fortfährt. "Hier habe ich dich ganz bewusst in ein Gespräch verwickelt." Gemein, doch Windhör hat den Rechtsvorrang beachtet, in jede Straße geblickt. Doch, sein Fuß wechselte dabei nicht auf das Bremspedal, ein Fehler. Weiters entging Mader nicht, dass die Räder an bestimmten Stellen zu weit über Begrenzungs- und Sperrlinien kamen.
"Prüfung an der Kippe"
"Bei einer vernünftigen Prüfung wahrscheinlich positiv, bei einem heiklen Prüfer hätte man wohl viel diskutieren müssen", zieht Richard Mader Fazit. Sagt aber schon im nächsten Satz: "Nichtsdestotrotz würde ich bei Christoph jederzeit einsteigen, bin ich auch schon. Ohne Bedenken." Denn das Prüfungsfahren unterscheidet sich nun mal vom alltäglichen. "Das System was wir haben, ist gut so", ist der Fahrschulleiter überzeugt. Denn: "Wir müssen den Fahranfängern einfach gewisse Grundprägungen beibringen." Neulingen fehlt die Routine, um in brenzligen Situationen entsprechend reagieren zu können, ohne dass etwa beide Hände am Lenkrad liegen. Auch die Blicke müssen erst antrainiert werden. Alles Dinge, die kein routinierter Fahrer wie Christoph Windhör bewusst so penibel macht, sehr wohl aber wahrnimmt.
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