Lebensmittel aus der Tonne
Ist das wirklich Müll oder doch essbar?
Phillip holt regelmäßig genießbares Essen aus dem Müll – dabei hätte er gerne gar nicht erst die Möglichkeit dazu.
DIETACH. „Anfangs habe ich das aus ethischen Gründen gemacht und war regelrecht schockiert, wie viel verschwendet wird. Im Laufe der Zeit ist das aber in den Hintergrund gerückt und jetzt mache ich es, weil ich mir sehr viel Geld spare“, sagt Phillip (Name geändert) aus Dietach. Seit sechs Jahren durchsucht der Student den Müll von Wiener Supermärkten nach genießbaren Lebensmitteln, auch „Dumpstern“ genannt. Weil er sich mit seinem „Hobby“ in einer rechtlichen Grauzone bewegt, will er anonym bleiben. Mit Rucksack und Einkaufstaschen bewaffnet „taucht“ Phillip zwei- bis dreimal im Monat nach Essen. Früher ist er fast jeden Tag auf Streifzug gegangen. „Mit zwei Studien und einem Teilzeitjob geht sich das aktuell aber nicht mehr aus.“
Bis zu vier Supermärkte pro Abend hat er damals abgeklappert, jetzt reicht meist einer, weil die Ausbeute so groß ist. „Ich finde oft verpacktes Bio-Fleisch oder Lachs und fast immer viel Obst, Gemüse, Käse sowie Brot – alles genießbar. Ich habe auch mal sechs Flaschen einwandfreies Arganöl gefunden, die sicher einen Wert von 100 Euro hatten. Mit der Zeit weiß man einfach, was man wo findet.“
Wir sollten uns von dieser Kultur verabschieden, dass immer alles im Überfluss verfügbar sein muss.“
Auch wenn der 29-Jährige mittlerweile pragmatisch an die Sache rangeht, will er keinesfalls ein Klischee à la „Student kann sich kein Essen leisten“ bedienen. „Dumpstern fühlt sich für mich einfach richtig und gut an, weil es gar nicht erst die Möglichkeit geben sollte, Essen aus dem Müll zu holen“, so Phillip. Als Vorbild verweist er auf Frankreich – dort droht Supermärkten seit 2016 eine Strafe, wenn sie Waren einfach wegwerfen, anstatt sie zu spenden.
Überfluss-Gesellschaft
Ein Umdenken würde er sich aber auch von den Konsumenten wünschen. „Wenn der Kunde bis zum Ladenschluss frisch aufgebackenes Brot möchte, reagiert der Handel natürlich darauf. Wir sollten uns von dieser Kultur verabschieden, dass immer alles im Überfluss verfügbar sein muss.“
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