Interview
"Wichtig ist, über den Tellerrand zu schauen"

Annemarie Wolfsjäger, Bürgermeisterin von St. Ulrich | Foto: Gde. St. Ulrich
  • Annemarie Wolfsjäger, Bürgermeisterin von St. Ulrich
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St. Ulrichs Bürgermeisterin, Annemarie Wolfsjäger (ÖVP), über die Zukunft des ländlichen Raumes.

Was sind die größten Herausforderungen für ländliche Gemeinden in der Zukunft?
Wolfsjäger:
Wir sehen mittlerweile, dass die digitale Infrastruktur die Attraktivität von Wohnplätzen bestimmt. „Home office“ ist gekommen um zu bleiben und dazu muss in den ländlichen Gemeinden schnelles Internet rasch flächendeckend angeboten werden.
Der gewollte sparsame Umgang mit Grund und Boden braucht eine Mobilisierung des bereits gewidmeten Baulandes. Da braucht es Ortsentwicklungskonzepte in den Gemeinden, um Bauland, landwirtschaftliche Flächen und Betriebsbaugebiete in einem ausgewogenen Verhältnis zu sichern.
Das Thema unabhängige Energieformen ist durch den Krieg in der Ukraine auch in den Gemeinden brandaktuell. Da müssen wir uns klar darüber sein, dass Unabhängigkeit in der Energieversorgung nicht gänzlich ohne Abstriche der einen oder anderen Art möglich sein wird. Wir werden zu keiner Lösung kommen, wenn alle frei nach dem Motto „Ein zentrales Biomasseheizwerk ja gerne, aber nicht in meiner Nähe“ denken und handeln. Da braucht es gute Aufklärung und Sensibilisierung der Bevölkerung. Bedarfsorientierte Kinderbetreuung, Nahversorgung in den Ortskernen und ärztliche Versorgung beschäftigen viele Gemeinden in unserem Bezirk. Der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, des Radewegenetzes um den Alltagsverkehr am Rad sicherer zu machen und die immer drängendere Frage der Versorgungssicherheit unserer älteren Bevölkerung sind Gemeindethemen, die aus meiner Sicht nur überregional gelöst werden können.

Was kann die Kommunalpolitik dazu beitragen um diese Herausforderungen zu meistern?
Als Kommunlpolitikerin bist an den Menschen unmittelbar dran, kennst die Probleme der Menschen. Wir müssen die Rahmenbedingungen schaffen, damit diese Herausforderungen gelöst werden können. Ganz wichtig dabei ist es, über den eigenen Tellerrand zu schauen, mit den Gemeinden der Umgebung gemeinsam brauchbare Angebote zu schaffen und auch Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung zu betreiben. Die Landes- und Bundespolitik in die Pflicht zunehmen und auf Ergebnisse in ihren Aufgabengebieten zu pochen, sehe ich als eine klare Aufgabe von uns kommunalen Politikern. Gemeinden stemmen eine Vielzahl an Aufgaben, ohne die wir in der Krise der letzten Jahre mit Sicherheit nicht so gut durchgefunden hätten. Auf kommunaler Ebene können rasch unbürokratische Lösungen umgesetzt werden, Bund und Land brauchen wir um die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen.

Wodurch können Landgemeinden gegenüber Städten punkten?
Ganz klar mit Lebensqualität. In einer Landgemeinde wohnst du dort, wo andere hinkommen, um sich zu erholen. Ausgleich in der Natur ist im stressigen Berufsalltag besonders wichtig, das können Bürger einer Landgemeinde vor der eigenen Haustüre tun. Ein weiterer Punkt ist das Vereinsleben, welches in Landgemeinden meist ausgeprägter stattfindet. Zusammenhalt, Freundschaft und Ehrenamt wirken sich nachweislich positiv auf die Gesundheit des Menschen aus, dass alles erlebt man als Mitglied eines der zahlreichen Vereine und Körperschaften. Wobei gerade wir in St. Ulrich die Nähe und das damit verbundene Angebot der angrenzenden Stadt sehr schätzen. Auch da gilt, Gemeinsamkeit schafft Mehrwert.

Wo wird St. Ulrich in 20 Jahren stehen?
Ich sehe unsere Gemeinde in 20 Jahren klimaneutral und energieautark. Der öffentliche Nahverkehr und der Radverkehr im Alltag sind die Regel, das Benützen des Autos die Ausnahme.Wir sind als Stadtumlandgemeinde Naherholgungsraum. Die Menschen leben gerne in unserer Gemeinde, halten zusammen und das Ehrenamt lebt in den Vereinen und Pfarren. Bürgerbeteiligung ist fester Bestandteil der Entscheidungsfindung. Beide Ortsteile, St. Ulrich und Kleinraming, sind in ihrer Verschiedenheit lebendig und im Bewusstsein, dass wir eine Gemeinde sind, verbunden. St. Ulrich als Friedensgemeinde ist Ort der Begegnung, der Kommunikation und des Austausches.

Als Bürgermeisterin sind Sie auch Chefin der Verwaltung in St. Ulrich. Welche Funktionen werden Gemeindeämter in Zukunft haben?
Die Gemeinden sind Schnittstelle zwischen Politik und Bürgern. Unsere Aufgaben sind bereits jetzt umfangreich und vielfältig, und es kommen laufend neue dazu. Wir machen das gerne, wir sehen modernes Bürgerservice als unsere Kernkompetenz und wissen, dass die Gemeindebürger die kurzen Wege und die unbürokratischen Erledigungen schätzen. Wir brauchen dazu aber die passenden Rahmenbedingungen und finanziellen Mittel. Die müssen wir einfordern, damit die Qualität unserer Arbeit weiterhin gesichert ist.

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