Elektrobusse, Superblocks und smarte Ideen
Wie die Region Mobilität neu denkt

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Wohin entwickelt sich unsere Mobilität in der Region, welche aktuellen Projekte und Trends gibt es und wie sehen die Zukunftsperspektiven aus? Diese Fragen standen im Zentrum des Mobilitätssalons „Mobilität in der Stadt Steyr – quo vadis“, der am 2. Juni auf Initiative des Mobilitätslabors 2.0 der FH OÖ Campus Steyr, des Netzwerks Zukunftsregion Steyr und der Stadt Steyr bei den Stadtbetrieben Steyr stattfand.
STEYR. Die Veranstaltung beleuchtete aktuelle Entwicklungen, Trends und Projekte rund um nachhaltige Mobilitätslösungen – von Elektrobussen über Fahrgemeinschaften bis zur Smart City.
Moderiert wurde der Abend von Melanie Juppe (FH OÖ), die betonte: „Mobilität ist Lebensraumgestaltung. Wir möchten Forschung, Praxis und Ideen aus der Region verbinden und gemeinsam neue Wege gehen.“
Infrastruktur trifft Engagement
Bürgermeister Markus Vogl eröffnete die Veranstaltung und sagte: „Wir stehen mitten in der Mobilitätswende – und Steyr investiert gezielt in zukunftsfähige Systeme. Der erste E-Bus fährt bereits im Linienbetrieb durch Steyr, bis nächstes Jahr wird die Hälfte der Busflotte elektrisch unterwegs sein. Gleichzeitig haben die Stadtbetriebe ein erfolgreiches Projekt umgesetzt, bei dem sie ein umfangreiches Ladesystem für Elektromobilität in ihr Firmengebäude integriert und das Energiemanagement am Standort in der Ennser Straße völlig neu organisiert haben. In Zukunft wollen wir außerdem selbst Strom aus Wasserkraft erzeugen. Was hier entsteht, ist ein echtes Vorzeigeprojekt.“
Markus Rechling-Greimel, Geschäftsführer der Stadtbetriebe Steyr, ergänzte: „Die E-Fahrzeuge sind das sichtbare Zeichen. Dahinter stehen technische, wirtschaftliche und politische Voraussetzungen – und ein engagiertes Team, das diesen Wandel möglich macht. Ohne dieses Engagement wäre eine zukunftsfähige Mobilität nicht denkbar. Es freut uns sehr, heute Gastgeber dieses Abends zu sein –um zu zeigen, was in unserem Fuhrpark und darüber hinaus passiert.
Technik, die ausgezeichnet ist
Im ersten Fachimpuls erläuterte Roland Raab, Umweltmanager der Stadtbetriebe Steyr, die umfassend geplante Lade- und Energieinfrastruktur des Unternehmens. In dem technisch anspruchsvollen Projekt „Green Forward“ wurde das Firmengebäude aus den 1960er-Jahren zu einem zukunftsfähigen Standort für Elektromobilität transformiert: mit 350 kW Anschlussleistung, einem dreistufigen Lastmanagement, sieben PV-Anlagen mit 315 kWp, einem 250 kWh Batteriespeicher, einem 50 kVA HVO-Notstromaggregat und einem intelligenten Ersatznetz zur Versorgung kritischer Infrastrukturen. „Hinter der sichtbaren Elektromobilität steckt ein hochkomplexes System. Unser Ziel war es, Energiemanagement, Ladeinfrastruktur und Notstromlösungen gesamthaft zu denken – nachhaltig, sicher und zukunftstauglich“, so Raab. Für das Projekt „Green Forward“ wurden die Stadtbetriebe Steyr im Mai 2025 mit dem renommierten EL-MO Award ausgezeichnet.
SBS baut Zukunft in der Ennser Straße
Für die E-Busflotte wird aktuell ein Hochleistungsladepark mit 24 Schnelladepunkten (je 150kW) und einer Gesamtleistung von 1,6 Megawatt eingebaut.
Dieser Ladepark ist die logische Fortsetzung des Projektes zur smarten Ladeinfrastruktur bzw. des Energiemanagements und ist in der Lage, in Zukunft die gesamte Busflotte der Stadt Steyr mit elektrischer Energie zu versorgen.
E-Bus im Alltag
Georg Stimeder, Leiter Verkehr der Stadtbetriebe Steyr, berichtete vom erfolgreichen Start des ersten batteriebetriebenen Elektrobusses im regulären Linienverkehr. Nach intensiver Testphase und einer Machbarkeitsstudie zur Steyrer Topografie wurde 2023 ein Konzept im Rahmen des EBIN-Förderprogramms eingereicht – mit Erfolg: Mittlerweile konnten mehrere Förderrunden (EBIN 3, 4 und 6) gewonnen werden, um bereits bis Sommer 2026 insgesamt 50 % des Fuhrparks zu elektrifizieren. Reichweiten von über 350 km täglich, automatische Vorkonditionierung, intelligente Dienstplanung und positive Rückmeldungen zeigen deutlich: Elektromobilität funktioniert auch im fordernden Stadtverkehr. „Unsere Lenker:innen rittern sich regelrecht darum, wer mit dem E-Bus fahren darf“, erzählt Stimeder.
Stadt und Wirtschaft ziehen an einem Strang
Stimeder stellte auch die Arbeitsgruppe Mobilität vor, die 2024 gegründet wurde. Sie vernetzt Unternehmen, Stadt und Zivilgesellschaft. Erste Maßnahmen: Expressbus-Konzepte, gefahrenlose Radanbindungen, Mobilitätsmonitore und Info-Screens in Betrieben, Belohnungssysteme für umweltfreundliches Pendeln und stärkere Einbindung der Umlandgemeinden. Weitere Ideen wie Radabstellboxen oder ein öffentliches Leihradsystem für Steyr sind in Diskussion – hier stehen Fördermöglichkeiten und Finanzierung noch im Raum.
„Wir sehen, dass viele Ideen aus der Praxis kommen – und freuen uns, dass diese nun Schritt für Schritt in konkrete Maßnahmen übergehen. Auch die gemeinsame Kommunikation der bestehenden Angebote wird ein wichtiger Punkt sein“, so das Fazit von Georg Stimeder.
Städtische Maßnahmen für Rad, Fuß & Bahn
Doris Edtmayer, Klimakoordinatorin der Stadt Steyr, informierte über Maßnahmen zur Steigerung des Fuß- und Radverkehrsanteils. Grundlage dafür ist der Grundsatzbeschluss des Gemeinderates aus dem Jahr 2023, welcher Teil der Klimastrategie ist. Zu den Maßnahmen zählen unter anderem die Entschärfung von Gefahrenstellen, die Forcierung von Radverbindungen sowie der Ausbau von Radabstellanlagen. „Die klimafitte Mobilitätswende heißt auch: sichere Wege, kurze Distanzen und eine Stadt, die für Rad- und Fußverkehr funktioniert – auch für Kinder, Senior:innen und beeinträchtigte Menschen.“ Im Fokus des Beitrags stand auch die Wiederbelebung des Bahnhofsareals Steyr. Der Bahnhof Steyr soll wieder ein aktiver, lebendiger Ort der Ankunft, der Verknüpfung und der Orientierung werden – ein Quartier für die Stadt von morgen.
Domino-App: Fahrgemeinschaften für Unternehmen und Regionen
Andrea Reindl (FH OÖ / Mobilitätslabor 2.0) stellte die DOMINO-App vor – ein intelligentes Tool zur Bildung von Fahrgemeinschaften, für einzelne Pendler:innen aber auch geschlossene Communities, mit Echtzeitdaten, CO₂-Tracking und Anreizsystemen. Ziel ist es, den Individualverkehr zu reduzieren. Praxisbeispiele aus Ried und vom Campus Steyr zeigen, wie einfach es ist, gemeinsam CO₂ zu sparen. 53 % der Erwerbstätigen fahren täglich zur Arbeit. Jedoch sitzt nur in jedem 13. Auto eine 2. Person und der Rest fährt allein. Da liegt riesiges Potenzial, und genau hier setzt die DOMINO-App an: „Wir wollen Menschen vernetzen, CO₂ sparen und Mobilität gemeinschaftlich und klimaschonend denken. Wir freuen uns sehr, dass DOMINO jetzt auf alle Standorte der FH OÖ ausgerollt wird. Damit wird nachhaltige Mobilität praktisch umgesetzt.“, berichtet Reindl.
Mobilität als Zukunftsthema
Andrea Massimiani und Oliver Schauer (logistikum.RETAIL) sprachen in ihrem Impuls über urbane Konzepte wie die 15-Minuten-Stadt, Superblocks oder die Smart City. Ziel sei es, Orte zu schaffen, an denen alle Alltagsbedürfnisse fußläufig erreichbar sind – mit hoher Aufenthaltsqualität, Klimaanpassung und wenig Verkehr. „Superblocks – wie in Barcelona oder Wien – meinen größere autofreie Zonen, in denen mehrere Häuserblöcke zu einem verkehrsberuhigten Quartier zusammengefasst werden, mit viel Platz für Grün, Begegnung und aktive Mobilität. Sie zeigen, wie der Mensch ins Zentrum rückt. Solche Ansätze lassen sich – angepasst – auch in Städten wie Steyr realisieren“, so Massimiani. Schauer verwies auf laufende Forschungsprojekte zu City-Logistik, Parkraummanagement und der Integration von Lastenrädern, etwa durch Sensorik, Datenanalysen und digitale Schnittstellen. Auch autonome Mikrostores – kleine, automatisierte Nahversorgungseinheiten, die sich digital steuern und lokal flexibel platzieren lassen – zählen zu den Innovationen, die urbane Nahversorgung neu denken. „Smart City heißt, Technologie klug einzusetzen – nicht um ihrer selbst willen, sondern für echte Lebensqualität im urbanen Raum“, so Schauer.
E-Bus zum Angreifen
Zum Abschluss konnten die Gäste den E-Bus bei einer Probefahrt erleben – leise, komfortabel, beeindruckend. Ein spürbarer Beweis dafür, dass der Wandel in Steyr nicht nur diskutiert, sondern längst gelebt wird.
Impulse setzen, Menschen bewegen: Mobilitätswende gemeinsam gestalten
Sonja Preisinger, Marketingverantwortliche des Netzwerks Zukunftsregion Steyr, zeigt sich erfreut über die gelungene Veranstaltung und das rege Interesse: „Gemeinsam arbeiten wir daran, unsere Region lebenswert, nachhaltig und unternehmerisch zu gestalten – Mobilität ist dabei ein zentrales Zukunftsthema. Umso wichtiger ist es, Vorzeigeprojekte sichtbar zu machen, die zum Mitdenken und Mitmachen einladen. Wenn Menschen Lust bekommen, Neues wie die DOMINO-App auszuprobieren oder erstmals mit dem Elektrobus zu fahren, ist das ein wertvoller Schritt in Richtung gelebter Mobilitätswende.“
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