Seefeld
Ein Auszeit von der Krankheit mit Arche Herzensbrücken

Bei Arche Herzensbrücken kümmern sich diplomierte Pflegekräfte um die schwer erkrankten Kinder.  | Foto: Arche Herzensbrücken
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  • Bei Arche Herzensbrücken kümmern sich diplomierte Pflegekräfte um die schwer erkrankten Kinder.
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"Arche Herzensbrücken" ermöglicht Familien mit schwer erkrankten Kindern eine Auszeit am Seefelder Plateau. Eine Reportage samt Erfahrungsbericht.

SEEFELD. Wie entspannend eine Auszeit von den Kindern sein kann, weiß fast jedes (junge) Paar. Auch wenn man seine Kinder über alles liebt und sie zumeist der Mittelpunkt des Lebens sind. Manchmal braucht man aber einfach Zeit für sich. Die meisten Familien können auf Kinderkrippe, Kindergarten, Großeltern etc. zurückgreifen, wenn man einmal Zeit für sich oder Zeit mit dem Partner braucht. Familien mit schwer erkrankten Kindern haben diese Freiheit zumeist nicht. Für Eltern, deren Kinder rund um die Uhr Pflege benötigen, ist es unmöglich einmal einen Tag frei zu haben, geschweige denn in den Urlaub zu fahren. Die Entlastungseinrichtung "Arche Herzensbrücken" in Seefeld setzt genau dort an und bietet Familien eine Auszeit aus dem Alltag. 

Ein einzigartiges Projekt

Im Hotel Solstein in Seefeld entstand im Jahr 2012 ein im deutschsprachigen Raum einzigartiges Projekt. Horst Szeli gründete mit den Arche Herzensbrücken einen Verein, der es schwer erkrankten Kindern und ihren Familien ermöglicht, gemeinsam eine leistbare Auszeit zu genießen. Je nachdem wie viele Spenden zur Verfügung stehen, werden pro Jahr ca. 30 bis 40 Familien zwischen einer und drei Wochen aufgenommen. Während sich diplomierte Pflegekräfte um die schwer erkrankten Kinder kümmern, haben Eltern und Geschwister die Möglichkeit, gemeinsam etwas zu unternehmen. Während es für die Geschwisterkinder auch Therapieangebote gibt, haben die Eltern die Möglichkeit einmal zur Ruhe zu kommen und Kraft zu tanken. 

Sorgenlose(re) Tage

Im Gegensatz zu den meisten Therapieeinrichtungen und Spezialkliniken liegt das Hotel mitten im Ort und bietet den Familien im Sommer vielfältige Möglichkeiten, gemeinsam etwas zu erleben. Das große, zur Gänze durch Spenden finanzierte Team von Therapeuten und Pflegekräften sorgt für sorgenlose(re) Tage und passt sich den individuellen Bedürfnissen der Familien an. Horst Szeli und sein Team greifen den Familien auf verschiedenste Weise unter die Arme:

"Während die Kinder Mal-, Musik- oder tiergestützte Therapien mit Pferden und Hunden genießen können, haben die Eltern z.B. Zeit den Partner wieder kennenzulernen. Da jede Familie andere Bedürfnisse und Ziele hat, bieten wir jede Menge Angebote an, vor allem auch für die Geschwister. Wichtig ist dabei das Wissen, dass man gegenseitig doch immer in der Nähe ist,"

erklärt Szeli.  

Ein Erfahrungsbericht:

Michaela Paulhuber hat mit der mehrfach beeinträchtigten Sara ein Kind mit sehr besonderen Bedürfnissen zu Hause. Sie erzählt im Gespräch mit den BB von ihren Erfahrungen mit der Arche Herzensbrücken: 

Michaela Paulhuber: "Wir haben durch das Kids Mobil Team, welches unsere Tochter palliativ betreut, von Arche Herzensbrücken erfahren. Wir waren ziemlich überrascht, dass so etwas überhaupt stattfinden kann. Eine Auszeit mit einem Rundum-Sorglos-Paket. Erholung für Eltern und Kinder, egal ob gesund oder schwer krank. Und das alles sogar noch leistbar." 

"Einmal den Kopf freischalten"

Michaela Paulhuber: "Als Elternteil eines mehrfach beinträchtigen Kindes ist es sehr schwierig eine Auszeit zu bekommen. Wir können leider nicht unsere Freunde einfach mal so bitten auf unsere Sara eine Stunde lang zu schauen. Sara ist schon von ihren Grundbedürfnissen, wie Essen, Lagerung, Kommunikation usw. sehr speziell, dass sie nur von Menschen mit entsprechender Erfahrung betreut werden kann. Und genau das bekommt man bei Arche Herzensbrücken. Wir Eltern haben uns dabei sehr wohl gefühlt Sara in die Betreuung zu geben und dabei den Kopf freizuschalten. Nicht nur wir Eltern, sondern auch unser Sohn Emin, wie Sara selbst haben davon profitiert. Emin wurde endlich seit langem wieder mal in den Mittelpunkt unserer Aktivitäten gestellt und Sara konnte das Kennenlernen von neuen sozialen Kontakten genießen."

Auch das Geschwisterkind einmal im Fokus

Michaela Paulhuber: "Bei Arche Herzensbrücken wird die Familie als gesamtes System in den Vordergrund gestellt und dieser Punkt unterscheidet sich so sehr von anderen Therapieeinrichtungen, bei denen es eigentlich meist nur um das schwerkranke Kind geht. Tollerweise gab es bei Arche Herzensbrücken auch ein Programm, über Therapiereiten, Therapiehund, Töpfern und ganz viel anderen Sachen. Dabei können die Kinder mit besonderen Bedürfnissen sowie ihre gesunden Geschwisterkinder auch mal endlich entspannen und Spaß haben. Besonders Emin hat es gefallen, mal auch eine stundelang alleine eine Therapie zu machen und im Mittelpunkt zu stehen. Sonst hatte er das ja immer nur bei seiner Schwester gesehen. Durch Saras Erkrankung muss Emin leider oft zurückstecken und immer Verständnis zeigen und so konnte er dank Arche Herzensbrücken auch einen normalen intensiven Familienalltag mit uns erleben."

"Dann muss man einfach funktionieren"

Michaela Paulhuber: "Uns hat ein Urlaub mit Sara immer sehr abgeschreckt. Sowas ist nämlich immer mit ganz viel Organisation vor dem Urlaub verbunden. Da aber das ungute Bauchgefühl immer überwogen hat und zu viele Unsicherheiten wie Transport, Hotelgegebenheiten und so weiter im Raum standen, haben wir uns immer dagegen entschieden. Und abgesehen davon weiß man nie wie schnell ihr Gesundheitszustand sich ändern kann. Schon ein kleiner Infekt kann innerhalb von 24 Stunden intensivpflichtig bei ihr werden und dann rennt natürlich alles. Ich als Mama bin dann meistens mit ihr im Krankenhaus, Emin wird bei Familie untergebracht und mein Mann muss ja leider trotz all dem auch weiterarbeiten. Und diese Situation zieht sich dann meist über Wochen, wo man dann einfach funktionieren muss."

"Eine befreiende Zeit"

Michaela Paulhuber: "Deshalb war für uns die Gelegenheit in Seefeld ideal, nicht weit von uns zuhause entfernt und in einem Notfall alles greifbar nah. Wir sind sehr dankbar so eine befreiende Zeit als Familie bei Arche Herzensbrücken verbracht haben zu dürfen. Man muss natürlich dazusagen, dass man sich normalerweise einen solchen Urlaub als Normalverdiener gar nicht leisten kann. Die ständige Anwesenheit einer Pflegeperson, eine Betreuung fürs Geschwisterkind, das tägliche Programm, sowie die Verpflegung sind natürlich enorme Kosten. Wir Familien haben jedoch das Glück, dass Arche Herzensbrücken uns einen leistbaren Selbstbehalt anbieten kann. Natürlich wäre das ganze Projekt ohne Spenden nicht machbar. Wenn man also spenden will um jemandem einfach was Gutes zu tun dann ist Arche Herzensbrücken dafür genau das Richtige. Ich hoffe dass auch noch ganz viele andere Familien die in meist kurzer Zeit so viel Leid und Verzweiflung verkraften mussten, hier einen normalen entspannten Familienalltag erleben dürfen. Wir schwelgen oft noch in den wunderbaren Erinnerungen und hoffen schon bald wieder neue mit dem wunderbaren Team von Arche Herzensbrücken machen zu dürfen. Auf ein baldiges Wiedersehen."

Jede Hilfe ist willkommen

Die Betreuung der betroffenen Familien bei Arche Herzensbrücken funktioniert, weil mittlerweile ein großes Netzwerk an Helfern aufgebaut wurde. Was vor zehn Jahren mit 5 Personen angefangen hat, ist mittlerweile ein Team von über 100 Menschen, von spezialisierten Ärzten, über Krankenschwestern zu Therapeuten und ganz vielen ehrenamtlichen Mitgliedern, die den Familien das Leben einfacher machen. Diesen Familien werden im Schnitt ca. € 2500 von der Arche zugeschossen, womit nur ein geringer Selbstbehalt übrig bleibt. Da Arche Herzensbrücken durch jegliche Förderungskriterien fällt, ist man ausschließlich auf Spenden angewiesen. Wer Arche Herzensbrücken und somit Familien mit teilweise unheilbar kranken Kindern unterstützen möchte, kann jederzeit eine Spende platzieren. Auch know-how- oder Sachspenden sind immer willkommen. 
Arche Herzensbrücken

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