AustroCel Hallein Prozess
Früherer Manager nimmt Schuld auf sich
Im Juni 2021 kam es bei der Halleiner Firma AustroCel zu einem tragischen Unfall, bei dem ein 55-jähriger Arbeiter verstarb. Heute mussten sich ein ehemaliger Manager und drei Techniker vor dem Salzburger Landesgericht verantworten. Der Prozess findet an insgesamt vier Terminen statt und soll am 10. August sein Ende finden.
HALLEIN/SALZBURG. Die Staatsanwaltschaft wirft den vier Beschuldigten vor, dass praktisch alle relevanten Vorschriften der sogenannten "Druchgeräteüberwachungs-Verordnung" ignoriert worden seien. Zum Beispiel sei das gebrochene Rohr viel zu dünn gewesen und es hätten keine regelmäßigen Drucküberprüfungen stattgefunden. Ihnen wird grob fahrlässige Körperverletzung und die fahrlässige Beeinträchtigung der Umwelt vorgeworfen. Der Erstangeklagte, ein ehemaliger Geschäftsführer des Unternehmens, bekannte sich heute im Prozess schuldig.
Anklage der Staatsanwaltschaft
Verantworten müssen sich vor dem Salzburger Landesgericht ein ehemaliger Geschäftsführer der AustroCel (60 jahre) und drei Techniker (60, 53 und 57 Jahre alt). Alle vier gelten als unbescholten. Ebenfalls angeklagt ist die Firma AustroCel im Sinne des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes.
Wie der zuständige Staatsanwalt heute im Prozess erklärte, wirft man den vier Angeklagten vor, dass jeder von ihnen den Unfall verhindern hätte können. Wesentliche Vorschriften der 2004 in Kraft getretenen "Druchgeräteüberwachungs-Verordnung" seien ignoriert worden. So habe es nie eine Überprüfung der Rohrleitung im Sinne der Regelung gegeben. Die Staatsanwaltschaft wirft den vier Angeklagten grob fahrlässige Körperverletzung und fahrlässige Beeinträchtigung der Umwelt vor. Wären die Kontrollen (für die aus Sicht des Staatsanwalts die vier Angeklagten verantwortlich sind), ordnungsgemäß durchgeführt worden, wäre es nicht zum Unfall gekommen.
Tod eines Arbeiters
Bei dem Vorfall im Juni 2021 platze ein Gasrohr, woraufhin 150 Grad heißes Schwefeldioxid austrat und einen 55-jährigen Arbeiter aus Vigaun am ganzen Körper verbrühte. Sein Leichnam konnte laut Staatsanwaltschaft aufgrund der starken Verbrühung nicht mehr obduziert werden. Als das Gas vom Gelände des Unternehmens hinaus austrat, sollen dann auch noch drei weitere Personen verletzt worden sein. Sie lebten im Umfeld der AustroCel und mussten ärztlich behandelt werden.
Techniker nicht zuständig
Die Verteidiger der drei Techniker betonten heute vor Gericht, dass ihren Mandanten der Vorfall wirklich nahe gehe und es sich um eine schlimme Tragödie handle. Die drei Angeklagten seien jedoch schlichtweg nicht für die Überprüfung, Wartung und Instandhaltung der Hochdruckleitung zuständig gewesen.
Ex-Führungskraft übernimmt Verantwortung
Der erstangeklagte frühere Geschäftsführer der AustroCel bekannte sich heute schuldig zur Fahrlässigkeit. Es sei im nicht erklärbar, wie die Verordnung über all die Jahre bei den vielen Überprüfungen unberücksichtigt geblieben sein konnte. Jedenfalls hätte so etwas einfach nicht passieren dürfen. Man hätte es besser machen können und noch engmaschiger kontrollieren müssen. Laut seinem Verteidiger macht ihn der Vorfall auch heute noch tief betroffen und „wird nicht mehr aus seinem Kopf gehen".
Beginn im Unternehmen 2004
Wie er der vorsitzenden Richterin Daniela Meniuk-Prossinger erklärte, kam er 2004 extern als Vorstand ins Unternehmen. Damals habe er realisiert, dass in der seit 100 Jahren bestehenden Firma keinerlei Aufzeichnungen digitalisiert worden seien. Nachdem er die mit riesigen Mengen an Unterlagen gefüllten Archive gesichtet hatte, hab er sich um einen konsolidierten Genehmigungsbescheid bemüht. Vier Jahre lang hätten sein Team und die Behörden sich durch die über 400 Ordner des Archives gearbeitet und die Anlage umfassend konsolidiert. Ein 190 Seiten starker Bericht sei dabei herausgekommen, auf dessen Basis dann Verbesserungen vorgenommen wurden. Jedes Jahr habe die AustroCel während seiner Zeit als Geschäftsführer (ab 2007) zwischen sechs und zehn Millionen in die Instandsetzung und Sicherheit des Unternehmens investiert. Für da Management der Maßnahmen sei auch eine eigene Software eingesetzt worden.
Frage der Verantwortlichkeit
Das Gericht beschäftigte heute vor allem die Frage der Verantwortlichkeit. Den Angaben des früheren Geschäftsführers zufolge hätten regelmäßige Kontrollen sowohl durch interne als auch durch externe Personen, zum Beispiel durch den Technischer Überwachungsverein (TÜV), stattgefunden. Ein Vertreter der TÜV habe in einem Gespräch nach dem Unfall angegeben, dass ihnen die Überprüfung des bei dem Vorfall geplatzten Rohrs im „Kocher 4" wohl einmal durchgerutscht wäre. Davon sei der Angeklagte wirklich sehr schockiert gewesen.
Seinen Angaben zufolge sei die Verantwortung für regelmäßige Kontrollen jedenfalls bei der Betriebsleitung der Zellstoffproduktion. Diese sei dafür verantwortlich, Kontrollen und Wartungsmaßnahmen in Absprache mit der Technik in Auftrag zu geben und hätte auch überprüfen müssen, ob diese durchgeführt wurden. Seitens der Verteidiger der vier Angeklagten sieht man jedenfalls auch bei der Kesselüberprüfungsstelle und dem TÜV einen Teil der Verantwortung.
Fortsetzung der Verhandlung
Richterin Daniela Meniuk-Prossinger lies sich die verschiedenen Verantwortlichkeiten im Unternehmen heute im Prozess jedenfalls sehr genau erklären. Die genaue Klärung des Sachverhalts wird jedenfalls noch einige Tage in Anspruch nehmen. Am Donnerstag geht die Verhandlung weiter.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.