Buchtipp
Wenn die Nächte schlaflos sind, wird der Tag zum Traum
Die Erinnerungen des von Schlaf- und Traumlosigkeit geplagten Ich-Erzählers sind geprägt von Unbewusstem und Verdrängtem, ohne dass diese oder ähnliche Begriffe jemals auftauchen würden.
HALLEIN. Timon Kaleytas zweiter Roman "Heilung" war aufgrund seines ehrgeizigen Konzepts massiv vom Scheitern bedroht. Dank weiser Zurückhaltung und nicht explizit ausgeführter Anspielungen und Beziehungen ist er nichtsdestotrotz ein nachhallendes Werk geworden.
Der Text hat einen symbolistischen Zugang zum Psychischen, statt dessen Dispositionen abzuhandeln, entwirft er einen seelischen Kosmos als Ganzes.
Beide Hauptschauplätze (artifiziell der eine, archaisch der andere) sind in unbestimmbares Dämmerlicht getaucht, zwielichtig sind auch sämtliche Figuren, der Erzähler zuallererst.
Tiefe Tragik (angedeutet) steht neben abstoßender Skrupellosigkeit, die Dialektik von Herr und Knecht steht zur Debatte, die kannibalistische Lösung des Doppelgängermotivs verstört.
Zuviel für einen zweihundertseitigen Roman? Nein, denn die Beziehungsgeflechte kannst du ausspinnen, wie du möchtest. Ein offenes Buch, ein wohltuender Kontrast zur pseudorealistischen "engagierten" Literatur, die dich festsetzt, statt dir Freiräume zu schaffen.
Erschienen im Piper Verlag, bereits 4. Auflage.
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