Brüste weg wegen Krebsrisiko

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Busen-Amputation: Tullns Landesklinikum-Chef Lechner warnt vor Billigangeboten im Ausland.
TULLN. Jeder kennt sie: Schauspielerin Angelina Jolie. Sie macht derzeit von sich reden, denn sie hat sich vorsorglich beide Brüste entfernen lassen. Grund dafür ist ein Gen, das sie in sich trägt, das ihr Brustkrebsrisiko auf 86 Prozent erhöht. Was der ärztliche Leiter des Tullner Landesklinikums, Peter Lechner, davon hält – die Bezirksblätter haben nachgefragt:
Wie viele Frauen tragen dieses Gen in sich?
Lechner: Eine von 500-700 Frauen. Aber nur circa 10-15 Prozent der jährlich österreichweit neu auftretenden 5.000 Mammakarzinome sind durch dieses Gen bedingt. Das heißt, dass auch, wenn man dieses Gen nicht in sich trägt – was bei der überwiegenden Mehrheit der Frauen ja der Fall ist – das kein „Freibrief“ ist. Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen ab dem 40. Lebensjahr sind notwendig und sinnvoll.
Wo kann man sich testen lassen und wer sollte die Untersuchung machen?
Lechner: Die Untersuchungen führt das AKH in Wien durch. Frauen mit positiver Familienanamnese (wenn mindestens zwei weibliche Verwandte in der direkten Linie – d.h. Großmutter, Mutter, Schwestern – Brust- und/ oder Eierstockkrebs haben oder hatten, besonders, wenn ein Erkrankungsfall in sehr jungem Lebensalter aufgetreten ist) sollten sich untersuchen lassen.
Finden Sie diese Maßnahme, mit der Jolie überrascht, übertrieben?
Lechner: Nein. Dadurch kann das Risiko von über 80 auf unter 5 Prozent gesenkt werden. Genträgerinnen haben allerdings auch ein 50-prozentiges Risiko, an einem Eierstockkrebs zu erkranken. Die Entfernung der Eierstöcke kann auch dieses Risiko gegen null senken.
Gibt es andere Risiken, bei denen man gleich handeln sollte?
Lechner: Jede familiäre Häufung von Krebserkrankungen muss zu konsequenter Vorsorge Anlass geben.
Wie geht diese Behandlung vor sich?
Lechner: Die Behandlung bei BRCA-Gen-Trägerinnen besteht in der Entfernung des Drüsenkörpers unter Erhaltung von Brusthaut und Brustwarze. Der Drüsenkörper wird – meist in einem zweiten Eingriff – durch eine Silikonprothese ersetzt. Zur Vorbereitung darauf kann schon bei der Erstoperation ein sogenannter Expander eingesetzt werden.
Wie schätzen Sie die Risiken der Behandlung ein?
Lechner: Die Infektion, eine Nachblutung sowie das Absterben der Haut sind typische Risiken jeder Operation in Vollnarkose. In der Hand des geübten plastischen Chirurgen sind die Komplikationen rar, aber der Arzt sollte sorgfältig ausgewählt werden. Höchste Vorsicht ist bei Billigangeboten, besonders im nahen Ausland, und bei „Schönheitschirurgen“ mit fragwürdiger Qualifikation geboten.
Was bezahlt die Krankenkasse?
Lechner: Alle diese Eingriffe, wenn die Indikation medizinisch bestätigt ist und ein entsprechendes Attest vom AKH vorliegt.
Danke für das Interview.
Zur Sache
Das sogenannte Brustkrebsgen BRCA1 erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Tumorbildung, insbesondere für Brust-, Eierstock-, Dickdarmkrebs und Prostatakarzinom. Ein Gentest bringt Sicherheit.
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