Einbrecher mit Kopfschuss zur Strecke gebracht

- Richter Wiaderek vertagte den Prozess.
- Foto: Probst
- hochgeladen von Karin Zeiler
BEZIRK TULLN (ip). In der Nacht vom 14. auf den 15. Mai 2015 wachte ein 37-jähriger Angestellter aus dem Bezirk Tulln durch Schritte in seinem Haus auf. Er griff nach seiner Waffe, eine Glock, im Nachttisch, ging zur Schlafzimmertüre und schrie: „Verlass das Haus, oder i daschieß di!“ – die Bezirksblätter Tulln berichteten ausführlich.
Warnung wiederholt
Als er weitere Schritte hörte, gab er einen Warnschuss ab, wiederholte seine Warnung auf Englisch, bevor er vorsichtig zunächst den Kopf, dann den Körper vor das Zimmer bewegte. Im Dunkeln erkannte er auf der Treppe die Silhouette einer Person, die seiner Meinung nach die Stufen herauf kam. Aus der Hüfte schoss er ein zweites Mal und traf den Einbrecher, wobei er zu dem Zeitpunkt noch nicht wusste, wie viele weitere Personen im Haus waren.
Er ging zurück ins Schlafzimmer, wo es seiner Frau, die vom Lärm wach geworden war, vor Aufregung zunächst nicht gelang, die Polizei zu verständigen. Als das Ehepaar schließlich vorsichtig die Stiege hinunterschlich, fand es einen ehemaligen Mitarbeiter der Firma der Frau vor, der mit einem Kopfdurchschuss schwer verletzt und blutend auf dem Boden lag – so schilderte der 37-Jährige am Landesgericht St. Pölten den Tathergang aus seiner Sicht.
In Notwehr gehandelt
„Er hatte Todesangst und auch Angst um seine Frau. Was sollte er denn sonst tun?“, meinte Verteidiger Bernd Gahler, der den Vorwurf der Staatsanwaltschaft, wonach sein Mandant irrtümlich eine Notwehrsituation angenommen habe und damit wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung unter besonders gefährlichen Verhältnissen vor dem Richter stand, scharf zurückwies.
Angriff oder Flucht
Richter Slawomir Wiaderek hinterfragte alle Einzelheiten und wollte wissen. „Sie schießen einfach ins Schwarze hinein – weshalb?“ „Für ihn hat es nach dem Warnschuss nur zwei Möglichkeiten gegeben: Angriff oder Flucht!“, meinte der Beschuldigte, der abermals betonte, dass er der Überzeugung war, dass der Einbrecher auf ihn zukam.
Einbrecher wollte flüchten
Anders sahen das die Gutachter. Demnach soll sich der 28-jährige Einbrecher, der wegen Suchtgiftdelikten vorbestraft ist, im unteren Bereich der Treppe befunden haben und wollte eher flüchten. Der Mann konnte keine Aussagen machen, krankheitsbedingt blieb er der Verhandlung fern, wird jedoch in einem eigenen Verfahren noch wegen dem Einbruch zur Verantwortung gezogen. In seinen bisherigen Aussagen habe er angegeben, sich an nichts mehr erinnern zu können. Fest steht jedoch, dass der 28-Jährige die Räumlichkeiten kannte, mit einem nachgemachten Schlüssel durch die Kellertüre eindrang und bereits einige Zeit bevor die Schüsse fielen zahlreiche Dinge aus dem Haus ins Freie beziehungsweise in sein Fahrzeug zum Abtransport brachte.
Offene Fragen
„Es gibt sonst niemanden, der bei uns nächtigt“, erklärte schließlich der 37-Jährige seine subjektive Überzeugung, dass es sich nur um einen Einbruch handeln konnte. Er habe in seinem Haus einige Sicherheitseinrichtungen installiert, darüber hinaus seien natürlich sämtliche Türen verschlossen gewesen.
Für den Richter bedarf es noch einiger klärender Fragen an die beiden Gutachter. Auch der mutmaßliche Einbrecher soll zu dem Vorfall noch Stellung beziehen können. Daher vertagte Richter Wiaderek den Prozess. Für beide Angeklagte gilt vorerst die Unschuldsvermutung.
Hier geht's zum Artikel:
17. März 2016: Freispruch: Schuss auf Einbrecher war Notwehr



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