Gerichtsprozess
Vergewaltigung einer Prostituierten: 8 Jahre Haft
„Nur lauter Lügen! Das ist ja haarsträubend!“, protestierte ein 72-jähriger Pensionist aus dem Bezirk Tulln nach dem Urteil am Landesgericht St. Pölten, wo er anklagekonform schuldig gesprochen und zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt worden war (nicht rechtskräftig).
BEZIRK TULLN/ST.PÖLTEN. „Es war keine Gewalt, sie hat das alles freiwillig gemacht“, beharrte der Angeklagte und bezog sich dabei auf einen Vorfall, der sich im vergangenen Jahr in seinem Haus ereignet haben soll. Das Opfer, eine 37-jährige spanische Frisöse, die erst im September 2020 nach Österreich kam und als Neuling in Wien als Prostituierte arbeitete, lernte der Pensionist im Oktober kennen. Mehrfach habe er sie auch privat eingeladen und sein Verhalten deutete darauf hin, dass er eine gemeinsame Zukunft ins Auge gefasst hatte. Am 22. Oktober fuhr er schließlich ohne Ankündigung mit ihr zu sich nach Hause und sperrte die Eingangstüre von Innen ab.
Zunächst habe er sie zu einem gemeinsamen Bad gezwungen, danach habe er sie trotz heftiger Gegenwehr in seinem Schlafzimmer vergewaltigt. Zwischenzeitlich gelang es der Spanierin ihre Arbeitgeberin in Wien anzurufen, die in großer Sorge mit ihrem Ehemann zu dem Haus des Pensionisten fuhr. Als dieser trotz lautem Klopfen zunächst nicht öffnete, schlug die Zeugin ein Fenster der Eingangstüre ein. Dahinter befand sich der nackte Hausbesitzer, der schließlich aufsperrte und der Spanierin so Gelegenheit verschaffte, nach draußen zu fliehen. Unmittelbar darauf erstattete die Spanierin Anzeige.
Psychiatrisches Gutachten
Das psychiatrische Gutachten verschärfte nun die Anklage von Staatsanwalt Karl Fischer, da eine massive posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert wurde. Damit stieg das Strafmaß von zwei bis zehn auf fünf bis 15 Jahre Haft. Man könne die Beschwerden zwar nicht wie mit einem Fieberthermometer messen, falls die Angaben der Frau jedoch stimmen – ihre Glaubwürdigkeit müsse der Schöffensenat bewerten – habe sie auch noch zumindest drei Monate nach dem Ereignis einen krankheitswertigen Zustand gezeigt, wobei Folgeschäden nicht abgeschätzt werden könnten.
Härtere Bandagen
Verteidiger Georg Thum verwies darauf, dass Prostituierte in ihrem Gewerbe immer wieder mit härteren Bandagen konfrontiert seien, zumal sie auch auf entsprechende Wünsche ihrer Kunden eingingen. Natürlich habe man auch hier die Menschenrechte zu wahren, vor der Polizei habe die Frau jedoch angegeben, nicht verletzt worden zu sein.
Richterin Doris Wais-Pfeffer begründete das Urteil mit den glaubhaften Angaben der Spanierin, den Telefon- und Chatverläufen mit ihrer Chefin, sowie mit den ärztlichen Befunden, die eindeutig auf dieses Ereignis zurückzuführen seien. Dem Opfer wurde Schmerzensgeld in Höhe von 4.000 Euro zugesprochen.
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