"Ich schwimme gegen den Strom"

ENGERWITZDORF. Der 59-jährige Richard Wall lebt in Engerwitzdorf und im Waldviertel. Im neuen Buch arbeitet der Dichter seine Reisen der vergangenen zwölf Jahre, die ihn durch ganz Europa führten, lyrisch auf.

BEZIRKSRUNDSCHAU: Was sagt der Buchtitel "Gehen gegen den Wind" aus?
Wall: Es ist symbolisch gemeint, weil ich inhaltlich und formal gegen den Strom schwimme. Von der Form her, weil die Lyrik und der Essay nicht gerade marktfähig sind. Heute geht es nur um Romane. Das ist fast eine Seuche.

Die Reise nimmt ihren Ausgang beim StifterHaus in Linz. Warum gerade Stifter?
Wegen des Stifterjahres 2005. Gemeinsam mit Hannes Stelzhamer bin ich auf eine siebentägige Wanderung aufgebrochen. Wir gingen über Kirchschlag bis Hohenfurth, weiter moldauaufwärts bis zum Plöckenstein, Dreisesselberg, nach Lackenhäuser und retour nach Schwarzenberg. Weggegangen sind wir bei großer Hitze, dann schlug das Wetter um. Am Plöckenstein schneite es. Hier ist bereits die Gegenwind-Metapher enthalten.

Dann aber ein Sprung vom Mühlviertel ins Hausruckviertel des Jahres 1934. Was war da so interessant?
Ich suche auf meinen Reisen immer den Kontakt mit Einheimischen. Im Hausrucker Kohlenrevier traf ich die Frau eines Schutzbündlers des Bürgerkriegjahres 1934. Ein Widerstandskämpfer steht symbolisch für den Gegenwind.

Wie passen die anderen Reisen dazu?
Auf meiner Griechenlandreise lernte ich einen griechischen Partisanen kennen, der gegen die Nazis gekämpft hat. Auch die Bukowina kommt im Buch vor. Aus dieser Gegend, die früher zur Monarchie gehörte, stammt Paul Celan. Auf den ehemaligen Feldern der Kolchosen wachsen die Birken heraus. Die Landwirtschaft wird dort wie vor 100 Jahren betrieben. Aus diesem Kampf gegen die Natur entsteht die Kultur. Auch hier die Gegenwind-Metapher.

Zum Buch
Richard Wall: "Gehen gegen den Wind. Gedichte, Notate, Stimmen.", Löcker Verlag, Wien, 184 Seiten, 19,80 Euro, ISBN 978-3-85409-619-1. Bisherige Buchveröffentlichungen: Wittgenstein in Irland (1999); Am Rande, Gedichte (2006); Rom. Ein Palimpsest (2006); Unter den Lidern Orions, Gedichte (2009); Wortwerkstätten Michael Guttenbrunners (2009); Connemara. Im Kreis der Winde (2011).