Tabuthema Suizid
„Angst vor Stigma war groß“

Auch der Rollstuhlsport hat Göri geholfen, besser mit ihrer bipolaren Erkrankung umzugehen. | Foto: Shervin Rafsandjani
2Bilder
  • Auch der Rollstuhlsport hat Göri geholfen, besser mit ihrer bipolaren Erkrankung umzugehen.
  • Foto: Shervin Rafsandjani
  • hochgeladen von Birgit Gehrke

Michaela Göri ist in der Wernberger Gemeinschaftspraxis „Querkopf im Zentrum“ tätig und spricht im Interview offen über ihren Suizid-Versuch.

DRAUSTÄDTER: Wie haben Sie sich dazu entschieden, so offen über das Thema zu sprechen?
Michaela Göri:
Zunächst war es so, dass ich immer wieder nach der Ursache meiner Querschnittlähmung gefragt wurde. Das war am Anfang nicht leicht. Aber mit der Zeit wurde meine Antwort immer klarer: Das es ein Suizid-Versuch war. Je öfter ich darüber gesprochen habe, desto leichter wurde es. Meine Angst vor dem Stigma war zu Beginn sehr groß. Auch deshalb finde ich, dass man offener drüber sprechen sollte. Um Menschen und deren Umfeld, die Erfahrungen mit dieser Thematik gemacht haben, die Möglichkeit zu geben, drüber zu reden und sich ohne Vorurteile mitzuteilen und auszutauschen. Das Thema Suizidprävention ist für mich und Querkopf ein Herzensthema – aus diesem Grund arbeite ich genau mit diesen Themen, Sorgen und Ängsten bei Jugendlichen und auch Erwachsenen. Wir bieten zusammen mit einer Psychologin Gruppen und auch Einzelsettings an um anderen Jugendlichen zu vermitteln das sie nicht alleine mit diesen Themen sind. Als Referentin der Theorie-trifft-Realität-Reihe bei Querkopf im Zentrum spreche ich auch vor Publikum offen über dieses Thema und versuche die Menschen dazu zu sensibilisieren, rechtzeitig Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Wie kam es zu dem Suizid-Versuch? In welcher Lage befindet man sich, um so einen Schritt als einzige Lösung zu sehen?
Ich habe eine bipolare Erkrankung. Ab der Pubertät wurden die depressiven Phasen zunehmend spürbarer und die Suche nach einem Ausweg aus dem wiederkehrenden Kreislauf von Hochs und Tiefs wurde immer verzweifelter. Für Vieles, das Hilfe bieten könnte, wie Psychotherapie oder Medikation war ich damals noch nicht offen oder hatte auch nicht die richtige Person gefunden. Im Alter von 21 Jahren war die Depression dann besonders schlimm und die Lage hat sich dann irgendwann so zugespitzt, dass in meiner verzerrten Wahrnehmung der Realität, der Suizid als die einzige Lösung erschien.

Sie haben aber überlebt...
Ja, im Herbst 2005 kam es zum Suizid-Versuch. Nach sechs Wochen bin ich aus dem künstlichen Tiefschlaf aufgewacht und ich wusste nicht genau, was passiert war. Ich kann mich nicht konkret an den Suizid-Versuch erinnern, aber mir war bald klar was ungefähr passiert sein muss.

Wie sind Sie da wieder rausgekommen, wie haben Sie neuen Lebensmut geschöpft?

Zunächst war ich sehr mit der Genesung meiner Verletzungen und der Rehabilitation aufgrund meiner Querschnittlähmung beschäftigt. Erst mit der Zeit blieb mehr Raum und Energie um sich mit dem Suizid-Versuch und der bipolaren Erkrankung zu beschäftigen. Zu allererst waren meine Familie und Freunde ein ganz wichtiges Auffangnetz. Mit der Zeit sind auch andere Faktoren wie Psychotherapie, Psychopharmaka oder auch Rollstuhlsport dazu gekommen. All dies hat mir Schritt für Schritt dabei geholfen das Geschehene zu akzeptieren und mit neuem Optimismus in die Zukunft zu schreiten.

Wie geht es Ihnen heute?
Es geht mir sehr gut. Ich kann gut mit der bipolaren Erkrankung umgehen und habe in den letzten 18 Jahren Strategien gelernt, verschiedene Situationen in diesem Zusammenhang zu bewältigen um nicht nochmals in eine Lage mit solch großer Verzweiflung zu kommen bzw. bessere Lösungen zu finden. Es ist auch so, dass mir der offene Umgang mit dem Suizid-Versuch sehr geholfen hat, diese Erfahrung zu verarbeiten. Gleichzeitig hoffe ich, dass es vielleicht auch anderen hilft, offener über Ihre Erfahrungen zu sprechen.

Wo kann man sich Hilfe holen?

Kriseninterventionszentrum (01/406 95 95), Montag bis Freitag, 8 bis 17 Uhr.
Telefonseelsorge der Caritas. Unter der Telefonnummer 142 Gesprächsunterstützung in Krisen, bei Problemen, zur Entlastung, kostenlos und rund um die Uhr, ohne Vorwahl, anonym.
Not- und Krisendienst Kärnten West: Tel. 0664/300 9003 und Kärnten Ost: Tel. 0664/300 7007
www.praxis-querkopf.at
Rat auf Draht. Unter der Telefonnummer 147 ist ein Notruf für Kinder, Jugendliche und deren Bezugspersonen eingerichtet (rund um die Uhr).
Frauen-Helpline. 0800/222-555 (kostenlos und rund um die Uhr), www.frauenhelpline.at
Männer-Notruf. 0800 246 247
Männer-Info: 0800 400 777 für Männer in Krisen (rund um die Uhr)

Auch der Rollstuhlsport hat Göri geholfen, besser mit ihrer bipolaren Erkrankung umzugehen. | Foto: Shervin Rafsandjani
Michaela Göri referiert offen über das Thema „Suizid“ (etwa bei Querkopf) um dieses gesellschaftlich zu enttabuisieren.  | Foto: Julia Windisch
Anzeige
Ein Event für alle: THE LAKE ROCKS SUP FESTIVAL am Faaker See vom 9. -14. Mai.  | Foto: Andy Klotz Fotografie
24

THE LAKE ROCKS SUP Festival 2024
Paddelspaß für alle am Faaker See

Die Stand Up Paddel Welt blickt Anfang Mai wieder auf den Faaker See und macht das THE LAKE ROCKS Festival zu einem Event für jedermann: Es lädt zum Anfeuern, Ausprobieren und Mitpaddeln. FAAKER SEE. Villach wird einmal mehr seinem Ruf als DIE Paddelstadt im Alpen-Adria-Raum gerecht, wenn vom 9. bis 12. Mai 2024 das THE LAKE ROCKS SUP Festival zum dritten Mal in die Draustadt einlädt. Wettkämpfe, Rahmenprogramm und kostenlose Testmöglichkeiten bieten ein abwechslungsreiches Programm für...

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.