Kanufahrt auf Gail von Nötsch nach Villach - Teil 2

Es blieben nur noch wenige hundert Meter bis zum Stauwerk der Gail, bei der sogenannten „Almwirtschaft“. Dort hieß es aussteigen. Eigentlich war geplant im Nahbereich des Stauwerkes auf einer Sandbank unterhalb zu übernachten.

Schon vor einigen Wochen hatte wir in dieser Gegend mit einer befreundeten Familie in dieser Gegend gegrillt und einen vorzüglich geeigneten Lagerplatz ausgekundschaftet. Was ich nicht wusste war: Dieser Lagerplatz war am Ende der Umfahrungsstrecke der Gail. Nicht am Beginn und auch nicht in der Mitte. Und diese Umfahrungsstrecke mit geringer Wasserführung ist immerhin geschätzt 5 bis 6 km lang. Und diese Strecke sollte es sich in sich haben.

Vor der Staumauer zogen wir unsere Boote aus dem Wasser. Wir trafen uns mit unserem Begleittrupp Astrid, Thyra und Benjamin. Da ich unseren geplanten Lagerplatz ganz in der Nähe glaubte, vereinbarten wir, uns dort zu treffen. Benjamin und Thyra wollten unbedingt mit uns kommen: „Das können ruhig sie ohne weiteres. Es ist ja nicht mehr weit!“

Doch es kam ganz anders.

Der Akku meines Mobiltelefones war inzwischen fast leer. Der Reststrom sollte sich im Verlaufe des Nachmittags oder Abends als noch ganz nützlich erweisen.

Zuerst hieß es die Boote einige hundert Meter tragen, bis wir sie wieder zu Wasser lassen konnte. Oder besser gesagt zu Stein und Wasser Es waren wesentlich mehr Steine und Blöcke als Wasser vorhanden. . Das meiste Wasser der Gail floß über uns in einem Oberwasserkanal zur Nutzung in einem flußabwärts gelegenen Kraftwerk. Uns stand nur mehr das Restwasser zur Verfügung, das sich zwischen großen Steinblöcken schlängelte. Zuweilen sammelte sich das Wasser zwar in kleinen Teichen, aber im wesentlichen befanden wir uns in einer nicht enden wollenden, mit kleinen Wasserrinnsalen umspülten Steinwüste.

Das Schlauchboot von Claus wiegt sicherlich über 100 kg und erwies sich für das Schleppen über Stock und Stein als denkbar ungeeignet. Doch Peter, Rene und Kevin stellten sich der Aufgabe. Peter war der Anführer. Das Boot konnte nicht kontinuierlich getragen werden, weil der Untergrund einfach viel zu unruhig war. Scharfkantige Steine, stechender Sand, zerklüftete Felsen und nicht vorhandenes Schuhwerk machten ihnen und dem Rest der Gruppe das Leben schwer. Doch Peter rief immer wieder:
„1,2 und dreiiiiiiii!“ Und bei 3 rückten sie das Boot einige Meter vorwärts.
Während der Bewegung des Bootes fiel immer wieder einer von den dreien ins Wasser, weil ihre Füße keinen sicheren Untergrund finden konnten. Rene der anfang noch vor Kälte gezittert hatte, lachte inzwischen und tauchte an tieferen Stellen mit zunehmender Begeisterung ist Wasser: „Das macht mir inzwischen gar nichts mehr aus!“ lachte er.

Claus war verständlicherweise nicht allzu begeistert von diesen unwirtlichen Rahmenbedingungen.

Die Kanus und Kajaks mußten über Stock und Stein geschliffen, gezogen und gehoben werden. Zum Glück sind sie sehr robust gebaut und erlitten dabei keinerlei Schaden.

Wassilij kümmert sich rührend um Benjamin. Nach kurzer Zeit hat der die Idee, Benjamin in sein Kajak zu setzen. In den fallweise anzutreffenden Teichen und Wasseransammlungen lernt Benjamin zu paddeln. Anfangs dreht er sich zumeist im Kreis. Schließlich entdeckt er, daß er zu beiden Seiten gleich stark zu paddeln hat um vorwärts zu kommen. Während in den Rinnsalen alle anderen die Boote schleifen, schieben und zerren müssen, schlecht Benni durch sein geringes Gewicht samt Kajak wie eine Schlange über Stock und Stein. Bleibt er einmal stecken, ist er relativ leicht wieder in Bewegung zu bringen. Mithilfe der Anweisungen Wassilijs lernt er, wie er sich mit dem Paddel auch selbst wieder befreien kann, um wieder ein paar Meter vorwärts zu kommen.
Manchmal helfe ich Benjamin, manchmal Arnulf, der sich allein um ein Kanu kümmert, zuweilen helfe ich den 3 Jungs mit dem Schlauchboot.

Peter, Claus, Gerda und mir machen die scharfkantigen Steine sehr zu schaffen. Claus fragt mich immer wieder: „Ist es dein Ernst, daß wir hier weitergehen und das Boot kilometerweit dahinschleifen!“ Ich bin nachwievor der Meinung, daß unser Lagerplatz bald kommen würde und versuche seine Anmerkungen nicht zu beachten, um die Jungs nicht zu demotivieren und sage:“Gleich haben wir es geschafft!“, was im Nachhinein betrachtet einfach nicht stimmte.

Wassilij zieht seine Sandalen aus und lädt mich ein sie anzuziehen, als er merkt wie komisch ich mich auf den scharfkantigen Steinen bewege. Ich gebe sie gleich direkt an Claus weiter, der noch schlechter mit diesen Bedingungen zurechtkommt. Ich bin überrascht von der Standhaftigkeit von Schwester Schauer, wie sie sich ohne Murren zu quälen imstande ist.
Zweimal reiche ich ihr die Hand, damit sie leichter über einen Felsen drüberkommt. Einmal bleibt sie an einen großen Felsblock gelehnt gezwungermaßen stehen. Mit einem großen Schritt hat sie eine tiefere Wasserstelle zu überschreiten und sich an der Felswand vorbeizuschwindeln versucht. Sie kommt aber nicht mehr vor und zurück, da die Schwimmweste sie nicht am Felsen vorbeikommen ließ. Sie hätte sich nur dadurch befreien können, daß sie sich rücklings ins Wasser gelassen hätte. Ich helfe ihr aus dieser mißlichen Situation und denke mir: „Hier ist helfen so leicht, wenn man das doch auch im Leben könnte!“

Irgendwie habe ich ein gutes Gefühl, wenn ich die 3 Jungs das Schlauchboot schleppen sehe und das Beständige:!1,2,dreiiiii!“ höre und ihre Anstrengungen sehe. Mein Herz wird warm, wenn ich Wassilij anschaue, wie er sich um Benjamin kümmert und ihn über Stock und Stein und Wasser begleitet. Weit vor mir sehe ich die kleineren Jungs und die Mädchen ihren eigenen Kampf kämpfen und für mich ohne Murren Felsen um Felsen, Stein um Stein und Wasserlauf für Wasserlauf bewzingen. Ich sehe in der Ferne ihre Körper in der Sonne glänzen. Offensichtlich sind alle plitschnaß. Ich mache mir Sorgen, ob sich denn keiner erkälten würde. Was würde wir tun, wenn sich jemand hier verletzt und nicht mehr weiterkommt? Ich weiß nicht, wo unser Lagerplatz jetzt eigentlich ist. Er muß doch bald kommen!“ Doch die Gail windet sich Biegung um Biegung durch den scheinbar undurchdringlichen Wald.

Claus betont, daß es gut wäre eine Straße zu suchen, die sicherlich im Wald oben parallel zum Fluß verlaufen würde. Schließlich sucht er diese Straße und schlägt sich in die Büsche. Nachträglich stellte sich seine Entscheidung als sehr weise heraus.

Wassilij hilft den 3 Schlauchbootträgern und ich kümmere mich nun um Benjamin. Wir sind schneller als die Jungs mit dem Schlauchboot und wir lassen sie scheinbar zurück. Ich denke mir, die müssen alleine zurechtkommen. Claus ist ja bei ihnen. Benjamin und Arnulf sind bei mir.
Benjamin in seinem Kajak, Arnulf in seinem Kanu und einem Paddel. Günter in seinem Kajak stößt schließlich auch noch zu uns. Weit vor uns sehe ich die Mädchen wie Gazellen durchs Wasser gleiten. Anna und Thyra waten Hand in Hand am Rand des Flusses und springen über Stock und Stein.

Benjamins Boot wurde zuweilen dadurch aus dem Wasser gehoben, daß er auf kleinere Steine auffuhr. An einer Stelle wollte ich ihm zu Hilfe eilen. Doch er hat schon viel von Wassilij gelernt und sagte: „Papa, das schaffe ich schon!“ Diese erwachende Selbstständigkeit drückten mir in diesem Augenblick die Tränen in die Augen und ich war stolz auf meinen Sohn.
Meine nackten Füße taten mir immer noch weh. Doch interessanterweise, wenn Benjamin irgendwo sosteckenblieb, sodaß er sich nicht mehr selbst befreien konnte, merkte ich, daß es plötzlich überhaupt kein Problem war, sich entweder ins Wasser zu stürzen oder über irgendwelche spitze Steine möglichst schnell zu ihm zu gelangen, um ihm zu helfen und darauf zu achten, daß er nicht umfällt. Manchmal wollte ich Arnulf helfen, doch auch er sagte:“Ich mach das schon Bruder Mauch!“ Er stand dann aufrecht alleine im Boot, wie ein Indianer und paddelte stehend durch einen „Teich“. War dann ein Teich so klein, daß es sich nicht auszahlte zu paddelte durchschwamm er die Stelle oder verschwand bis zum Hals im Wasser. Ich sah nur mehr seinen Kopf und seine das Kanu vor sich herschiebende Hand.

Ich machte mir immer Sorgen um Günter, weil ich nicht wusste, ob er das alles schaffen würde. Doch auch er mühte sich unermüdlich über die Klippen. Nie werde ich die Situation als er einmal Arnulf geholfen hat: In der rechten Hand sein Boot und sein Paddel in der linken Hand das Kanu von Arnulf und Benjamin war unmittelbar vor ihm in Schwierigkeiten und er versuchte zu ihm durchs knietiefe Wasser zu laufen, um ihm beizustehen und vielleicht so noch ein drittes Boot in die Hand zu nehmen. Doch er stolperte bei diesem Versuch zu Benni zu eilen und fiel kopfüber ins Wasser, ohne die Boote loszulassen. Welch tolle Erfahrung! Welch toller Mann. Schließlich übergab er sein Paddel an Arnulf, der es hinten in sein Kanu legte. Günter konnte so seinen Kajak besser und unbehindert schleppen. Ich wußte nichts davon und wir kamen an eine Stelle, an der wir ein paar hundert Meter mit dem Boot fahren konnten. Ich stieg zu Arnulf ins Boot und wir fuhren los. Ich wunderte mich, wo denn Günter blieb, sah verwundert wie er sein Boot das Ufer entlang schleppte und rief zu ihm zurück, wo er den bleibe. „Ich habe kein Paddel!“ war seine Antwort. Ich stieg aus unserem Boot und lief zu Günter zurück. Benjamin verschwand inzwischen in der einbrechenden Dunkelheit hinter einer Flußbiegung. Ein unangenehmes Gefühl, wenn man seinen kleinen Sohn nicht mehr sieht. Aber wir fingen ihn wieder ein. Ich blickte immer wieder auf die Uhr.

Es wurde schon dunkel und der Lagerplatz wollte einfach nicht kommen. Die Jungs und Mädchen mit den anderen 3 Kanus waren wesentlich schneller unterwegs, aber warteten gelegentlich auf uns. Dabei wurde ich natürlich mit der Frage konfrontiert: “Wie weit ist es noch?“ und ich mußte eingestehen:“Ich weiß es nicht!“ Ich konnte kaum mehr verbergen, daß ich auch schon unruhig wurde und auch bei den Jungs machte sich Sorge breit. Arnulf spürte meine Angst und fragte mich:“ Warum bist denn so so unruhig?“ und schlug vor:“Sprechen wir ein Gebet!“ Ich sprach innerlich ständig mit dem Herrn und rief ihn auch laut an, aber komischerweise haben wir kein gemeinsames Gebet gesprochen.

Fortsetzung folgt.

Anzeige
Ein Event für alle: THE LAKE ROCKS SUP FESTIVAL am Faaker See vom 9. -14. Mai.  | Foto: Andy Klotz Fotografie
24

THE LAKE ROCKS SUP Festival 2024
Paddelspaß für alle am Faaker See

Die Stand Up Paddel Welt blickt Anfang Mai wieder auf den Faaker See und macht das THE LAKE ROCKS Festival zu einem Event für jedermann: Es lädt zum Anfeuern, Ausprobieren und Mitpaddeln. FAAKER SEE. Villach wird einmal mehr seinem Ruf als DIE Paddelstadt im Alpen-Adria-Raum gerecht, wenn vom 9. bis 12. Mai 2024 das THE LAKE ROCKS SUP Festival zum dritten Mal in die Draustadt einlädt. Wettkämpfe, Rahmenprogramm und kostenlose Testmöglichkeiten bieten ein abwechslungsreiches Programm für...

2 Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.