Sein Werk wirkt lange nach

- Geschäftsführer Wolfgang Schreiner hat "Das Radl" vor 20 Jahren gegründet
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"Das Radl"-Geschäftsführer Wolfgang Schreiner ist am vergangenen Freitag plötzlich verstorben. Der WOCHE gab er sein letztes Interview.
VILLACH (schön). WOCHE: Was ist das Besondere an der Dienstleistungs-GmbH "Das Radl"?
SCHREINER: Wir sind ein gemeinnütziger, sozialökonomischer Betrieb, dessen Hauptaufgabe es ist, langzeitarbeitslosen Menschen mit zusätzlichem Handicap innerhalb von zehn Monaten zurück in den Arbeitsmarkt zu verhelfen. Somit sind wir der zweite Arbeitsmarkt. In den letzten zehn Jahren schafften wir dies österreichweit mit der höchsten Vermittlungsquote von 70 Prozent. Dazu bedienen wir uns eines Fahrradfachgeschäfts und eines Malereibetriebs.
Wie ist die Idee der Beschäftigung Langzeitarbeitesloser entstanden?
Das AMS hat Partnerbetriebe gesucht, die "Training on the job" anbieten. Wir haben uns beworben und den Zuschlag, verbunden mit verschiedenen AUflagen wie das Vorhandensein eines eigenen Sozialpädagogen, bekommen. Der tiefere Sinn dahinter ist, dass Mitarbeiter, die sich beim zukünftigen Arbeitgeber vorstellen, nicht direkt aus der Arbeitslosenwelt, sondern aus einem regulären Dienstverhältnis (meist suchgenesen, entschuldet, wohnversorgt) kommen. Außerdem werden sie von uns gecoacht und drei Monate lang am neuen Arbeitsplatz auf Wunsch von uns begleitet.
Wer gilt als langzeitarbeitslos?
Menschen, die mindestens 366 Tage ununterbrochen ohne Beschäftigung waren. In unserem Fall gibt es dann noch das "zusätzliche Handicap", das Sucht, fehlendes soziales Umfeld, Schulden, Obdachlosigkeit, Depression, Borderline-Syndrom oder ein Alter von über 50 Jahren sein kann.
Welche Aufgaben haben die Personen, die in Ihrem Unternehmen beschäftigt sind?
Zu Beginn versuchen wir, Sozialkompetenz und Strukturen zu vermitteln. Nach einer Einarbeitungsarbeit von zirka zwei Monaten wetden die Mitarbeiter entweder im Fahrradbereich oder im Verkauf, als Bürokaufmann oder Maler angelernt. Danach werden sie auf Baustellen und im Betrieb eingesetzt, betreut von sogenannten "Schlüsselkräften", die sie schulen, anlernen und ihre Arbeit fachlich überwachen.
Was passiert mit den Arbeitern nach den zehn Monaten?
Sie sollten im günstigten Fall vollerwerbsfähig sein und werden von uns in einem eigenen Outplacement-Verfahren zum neuen Arbeitgeber vermittelt. Dort erfolgt die Statusüberprüfung am 93. Tag nach dem Ausscheiden aus dem Projekt durch das AMS. Wer am 93. Tag noch in einem Arbeitsverhältnis ist, gilt als vermittelt.
Welche Aufnahmekriterien gibt es in Ihrem Unternehmen?
Die Menschen, die zu uns kommen, werden ausnahmlos vom AMS oder anderen Sozialeinrichtungen geschickt. Wir sind als "Maßnahme" im Sinne des Arbeitslosengesetz nicht in der Lage, uns die Mitarbeiter, sogenannte Transitarbeitskräfte, selbst auszusuchen.
Ihr Resümee nach 20 Jahren?
Menschen, die von der Gesellschaft aufgegeben und abgeschoben waren, werden durch "Das Radl" reintegriert und sind wieder in der Lage, sich völlig selbst zu versorgen und das Leben zu meistern. Am Ende eines erfolgreichen Abschlusses im Projekt fließen die tatsächlichen Kosten der Maßnahme durch den Social-Roi (sozialer Return-On-Inestment) bis auf zehn Projekt wieder an die Kostenträger zurück.
Welche Ziele haben Sie als Geschäftsführer für die nächsten 20 Jahre?
Nachdem meine Lebensuhr keine 20 Jahre Dienstzeit mehr zulässt, werde ich versuchen, in den nächsten 20 Jahren meine Schaffenszeit dazu zu verwenden, meiner langjährigen Mitarbeiter-Crew den Weg z ebnen, das Projekt erfolgreich weiterzuführen. Sie sollen dann den Geschäftsführer aus den eigenen Reihen nachbesetzen. Ich werde mich als kostenlosen Berater zur Verfügung stellen, um mein einstiges Baby am Erwachsenwerden bestmöglich zu begleiten.
Zur Sache:
"Das Radl" wurde vor genau 20 Jahren von Wolfgang Schreiner als gemeinnütziger Verein gegründet.
Im Jahr 2003 wurde "Das Radl" in eine gemeinnützige GmbH umgegündet.
Schreiner betont, dass die Dienstleistungs-GmbH immer als sozialökonomischer Betrieb geführt wurde. "Das bedeutet, dass wir mindestens 40 Prozent der Kosten selbst durch die angebotenen Dienstleistungen erarbeiten."
Langzeitarbeitslose können durch "Das Radl" für zehn Monate befristet arbeiten.


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