Durch Corona-Beschränkungen
Verlieren die Kinder die Lust an der Musik?
Durch Covid-bedingte Musikschulpausen oder Online-Unterricht springen immer mehr Kids ab.
VILLACH/VILLACH LAND. Corona hat auch einen Einfluss auf die Kultur der Zukunft. So engagiert der "Distance-Unterricht" von einigen Musiklehrern auch sein mag – viele Kinder verlieren so die Lust am Lernen eines Instruments. Ist einmal eine längere Pause entstanden, so ist auch der Weg zurück zum Musikunterricht schwierig – gerade bei Kindern verschieben sich während der Zeit ohne Instrument schnell die Interessen. Wie sehen das Musiklehrer aus der Region? "Während des Lockdowns hatten wir Online-Unterricht, das war eine gute Notlösung und hat auch funktioniert. Trotzdem haben viele die Geduld verloren und gekündigt oder eine Pause eingelegt. Zum Glück ist bei uns ein großer Teil wieder zurück gekommen", erzählt Wolfgang Legat, Schulleiter des Modern Music Colleges in Villach.
Keine Motivation
Trotzdem gebe es auch unter seinen Schülern Kinder, welche die Lust am Instrument lernen verloren hätten. "Auch weil die Auftritte fehlen. Wir haben zum Semesterende ja immer ein großes Open-Air-Konzert, das wird heuer wahrscheinlich zum zweiten Mal in Folge nicht stattfinden. Dieser Auftritt ist für die Kinder und Jugendlichen aber cool, sie üben darauf hin und hören jetzt auf, weil sie keine Perspektive mehr sehen", ergänzt Legat. Seit 8. Februar wird am "MMC" wieder Einzelunterricht angeboten, Band- oder Gruppenunterricht geht nicht. "Wir hatten das elementare Musizieren als Eltern-Kind-Gruppe, das findet leider seit Oktober 2020 nicht mehr statt. Dadurch haben wir die Lehrerin, die das sehr gut gemacht hat, leider auch verloren, weil sie sich eine andere Arbeit suchen musste, das ist sehr schade", sagt Wolfgang Legat. Von den Covid-Einschränkungen betroffen ist auch der private Villacher Gitarrenlehrer Michael Ensbrunner. Vom Online-Unterricht beim Musizieren hält er wenig: "Für einen Anfänger ist das eine Katastrophe, du lernst ein Instrument nicht über den Geist, sondern über das Gefühl und vor allem Kinder brauchen die Anwesenheit von einem physischen Lehrer. Für Fortgeschrittene hingegen ist Online-Unterricht eine durchaus gute Alternative, ich habe es aber nicht angeboten."
Cello kein Spaß mehr
Die Erfahrung, dass ihr Kind das Instrument aufgegeben hat, hat Tanja Niederdorfer-Blatnik, wohnhaft in der Wörthersee-Region, gemacht: "Lukas hat Cello gespielt. Vor Corona kam die Musiklehrerin einmal die Woche zu ihm in die Schule, sie hat auch kleine Konzerte organisiert um die Kinder zu motivieren. Der Online Unterricht war sehr anstrengend für meinen Sohn - von der Konzentration und auch Kommunikation mit der Lehrerin her. Und wenn die Lehrerin etwas vorspielt und Lukas es nachspielt ist natürlich auch der Klang nicht dasselbe. Die Lehrerin war super bemüht, aber aufgrund der Umstände hat Lukas dann aufgegeben. Vielleicht gibt es ein Comeback im September."
Mitgliederschwund
Mit Mitgliederschwund zu kämpfen haben auch Chöre in der Region, so sind beim Gemischten Chor Velden bereits Austritte erfolgt. "Um die Stimmen-Ausgewogenheit zu erhalten denken wir daran, den Chor bei Auftritten zu verkleinern", erklärte Obmann Werner Klupper schon vor einigen Wochen. Aktuell sei zwar wieder eine Sängerin ausgetreten, dafür habe man ein neues Mitglied dazu gewonnen. "Wir haben aber mit unserer musikalischen Leiterin beschlossen, trotz der Lockerungen die mit 19. Mai wohl in Kraft treten werden mit dem Proben und Singen erst zu beginnen, wenn alle Mitglieder des Chores zumindest die 1. Impfung erhalten haben. Sollte sich ein aktuelles Mitglied des Chores nicht impfen lassen, so werden wir die Mitgliedschaft mit den betroffenen Personen beenden." Der Grund: Man sei sehr darauf bedacht, den Chor sowie die Zuhörer bestmöglich vor einer Ansteckung mit Covid-19 zu schützen. Klupper: "Ganz nach dem Motto: Schau auf dich, schau auf mich. In diesem Sinne werden wir dann langsam mit den einzelnen Stimmen Proben im Freien abhalten und wir glauben, dass wir im Herbst dann wieder einen halbwegs normalen Ablauf haben werden."
"Erwarten Gleichbehandlung!"
Seitens des Österreichischen Blasmusikverbandes und des Chorverbandes Österreich wird Kritik laut dass Musikvereine und Chöre von der Politik benachteiligt werden: "Obwohl kürzlich weitgehende Öffnungsschritte ab dem 19. Mai angekündigt wurden, wurden bisher keine Regelungen zur Wiederaufnahme der Probenmöglichkeiten für Blasmusikvereine und Chöre erarbeitet. Wir erwarten eine Gleichbehandlung mit vergleichbaren Bereichen, für die bereits Öffnungsschritte, die teilweise erstaunlich weit gehen, verkündet wurden", heißt es seitens der beiden Präsidenten Karl-Gerhard Straßl und Erich Riegler. Und weiter: "Begrüßenswerterweise werden etwa Kontaktsportarten indoor und Vereinsfußball outdoor ab 19. Mai wieder ermöglicht. Im Sinne der Gleichbehandlung muss eine adäquate Vereinsarbeit den Blasmusikkapellen und Chören ebenfalls zugestanden werden. Obwohl von den Vertretern des Kulturstaatssekretariates großes Verständnis für die schwierige Situation der Blasmusik- und Chorlandschaft gezeigt wurde, konnten noch keine konkreten Ergebnisse erreicht werden."
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