Bilderbuch - Lebensfreude
Begegnungen... von Hildegard Stauder

mein Sohn mit seiner Herzdame

Bevor ich den Hörsaal betrete,
mache ich mir einen Knopf in den Zipfel meines Taschentuches,
denn mit einem Sommerblumenstrauß möchte ich heute meiner Mutter
zum Geburtstag gratulieren
und der Knopfzipfel soll mich daran erinnern.

Dann betrete ich den gut besuchten Hörsaal der Universität
meiner Heimatstadt.
Konzentriert verfolge ich die Vorlesung
und begierig nehme ich den Vortrag auf;
besessen davon,
möglichst viel aus der Quelle des Wissens zu schöpfen;
denn ich bin ein studierender der Rechtswissenschaft.

Auch heute noch im sechsten Semester
ist mein Wissenshunger groß  und ungebrochen.
"Streber", werde ich von Studienkollegen geheißen,
denn mich interessieren keine Mädchen;
auch keine Streifzüge in diversen Kneipen.

Mein Ziel ist es, zügig aufzusteigen,
alle anregenden sowie langweiligen und trockenen Vorlesungen
zu belegen; 
sie zu testieren und bescheinigen zu lassen,
um sie dann auszuarbeiten
und meinen Abschluss möglichst schnell Ziel strebend zu absolvieren.

Noch in Gedanken versunken
verlasse ich die wissenschaftliche Universität.
Lässig strecke ich meine Hand in den Hosensack
und ertaste den Taschentuchknoten und beschließe,
heute nicht in der Mensa zu essen,
sondern mich um ein Geschenk umzusehen.

Mit eiligen Schritten gehe ich durch die belebten Straßen der Stadt
in Richtung Blumenmarkt.
Mein Blick ist gesenkt auf all die farbenprächtigen Blumen;
mit all den berauschenden, intensiven Düften.
Bei der großen Auswahl fühle ich mich etwas hilflos und unschlüssig;
doch dann erfasst mein Blick die große, flache, glasierte Tonschale,
worin Maiglöckchen gebündelt zum Verkauf geboten werden.

Spontan bleibe ich davor stehen
und ein lieblicher, betörender Duft umweht mich.
Dann höre ich eine Mädchenstimme, so klangvoll, wohltuend,
warm und rein und mein Bewusstsein erreicht die Frage:
Der Herr, was darf es sein?
Ich hebe meinen Blick und schaue in zwei strahlend, blaue Augen
in einem lieblichen, jungen Gesicht
und ein lächeln umspielt ihre roten Lippen.

Erstarrt und regungslos schaue ich die "Blumenfee" an...
fasziniert von diesem hinreißenden Anblick
und mir ist nicht bewusst - wie unhöflich das von mir ist.

Sie ist so unwirklich und wunderschön
und mein Herz droht zu zerspringen;
mein Puls jagt und die Röte steigt mir ins Gesicht.
Es kribbelt in meinem Bauch; als hätte ich Schmetterlinge verschluckt.
Noch immer bringe ich keinen Ton über meine Lippen.
Ihre Ausstrahlung, ihre Natürlichkeit machen mich atemlos.
Nie zuvor habe ich so ein hübsches Mädchen gesehen
und errötend bringe ich dann die wenigen Worte hervor:
"Ein Maiglöckchen Sträußchen, kombiniert mit Rosenknospen;
bitte als Biedermeiersträußchen gebunden!"

Ich zucke zusammen, war das gerade meine Stimme;
sie droht mir zu versagen,
denn die wenigen Worte kommen krächzend,
vielleicht auch etwas stotternd über meine Lippen.

Mein Blick versinkt in ihren strahlenden Augen;
die so rein und klar wie ein Gebirgssee leuchten.
Ihre vollen Lippen sind leicht geöffnet
und strahlende, makellose Zähne kommen frei,
als sie mir antwortet:
"Ja, gerne; ich werde ihnen das gewünschte Bukett binden!"

Wortlos stehen wir uns gegenüber,
gefangen in diesem Augenblick der Gefühle;
was keiner Worte verlangt und keiner Sprache.

Dann wendet sie sich von mir ab
und mit sicheren, geschickten Handgriffen
bündelt sie die kurzstieligen Blumen
zu einem Sträußchen
und umwickelt es mit Krepppapier.
Ich bedanke mich höflich und zahle ihr den gewünschten Betrag.

Mein Blick löst sich nur ungern von ihrem ausdrucksvollen Gesicht.
Spielerisch umweht der laue Frühlingswind ihre langen, blonden Haare.
Fahrig streicht sie mit ihren Fingern
diese wieder hinter ihren kleinen Ohren.
Mit einem Gruß auf den Lippen, zwinge ich mich zu gehen.

Nur ein Gedanke kreist in meinem Kopf herum;
ich will und muss sie wiedersehen!
Meine Umgebung nehme ich nicht mehr wahr;
keinen Boden fühle ich unter mir;
ein nicht alltägliches Glückserlebnis hat sich mir eingraviert
und meine Sinne verwirrt;
und weiß instinktiv, dass muss Liebe sein!

Dann bin ich zu Hause, funktioniere mit all den täglichen Ritualen;
gratuliere meiner Mutter zu ihrem heutigen Geburtstag
und reiche ihr das duftende Sträußchen.

Die Nacht verbringe ich fast schlaflos,
denn in mir ist eine nie zuvor gekannte Sehnsucht
nach diesem unbekannten Mädchen erwacht.

Am nächsten Morgen gehe ich wie so oft zuvor
den vertrauten Weg zur Universität.
Die Vögel in den blättrigen Zweigen der blühenden Kastanienbäume
tirilieren und zwitschern vergnügt;
ihnen gleich, pfeife ich leise vor mich hin.
In mir sind Emotionen an Wahrnehmungen erwacht,
wie ich sie nie zuvor gespürt habe.

Auf den Stufen der Universität kehre ich um und eilig nehme ich den Weg
durch die belebten Straßen der Stadt, in Richtung - Blumenmarkt.

Spontan bleibe ich stehen und frage mich; was nur soll ich ihr sagen;
und was, wenn ich ihr unsympathisch bin
und sie mich abweist; was dann?
Verunsichert stehe ich vor ihr und sie hebt ihren Blick.
Sekundenlang schauen wir uns nur schweigend an;
dann überzieht ein Strahlen ihr schönes Gesicht.
Erleichtert sage ich dann mit schmeichelnden Worten:
"Ich musste dich heute wiedersehen!
Bitte, verrate mir deinen freien Tag;
den würde ich so gerne mit dir verbringen!

Ich möchte dir den blumenreichen Frühling in den Karawanken zeigen;
eine botanische Rarität; ein Juwel,
eine blühende Almwiese mit wilden Narzissen!
Bitte, komm mit und sage Ja!"

"Dann sehen wir uns schon morgen wieder! Vielleicht in der Früh - um acht?",
sagt sie dann mit fragenden Blick
und ein Lächeln umspielt ihre Mundwinkel.

"Dieser unser gemeinsame Tag ist für mich Grund genug,
morgen nicht in die Vorlesung zu gehen", antworte ich schnell bejahend
und überglücklich.
Ich erwarte dich sehnsüchtig dann hier am Blumenmarkt!
Oh, pardon, ich vergaß mich vorzustellen; ich bin der Erik!"
"Und ich die Sarah!", kommt es verhalten
und doch liebevoll, klangvoll zurück.

Frohlockend sage ich dann noch schnell: "Dann bis morgen Sarah,
und ich freue mich schon sehr darauf,
mit dir gemeinsam einen schönen Tag zu verbringen!"
"Pfiat di, Erik, dann bis Morgen!",
schallt es in der gleichen Fröhlichkeit zurück.

Überglücklich und beschwingt gehe ich den Weg wieder zurück
in die Universität; wohl wissend, dass meine Gedanken heute
nur um das Mädchen kreisen werden, das mich verzaubert hat
und ein Gefühl an emotionaler Lebendigkeit erfüllt mein Herz.

Hildegard Stauder

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