Beratung hilft aus der Schuldenfalle
Scheidung, neue Unterhaltspflichten, Arbeitslosigkeit: Die Schulden wird man schwer wieder los.
BEZIRK (sc). „Vor zehn Jahren hatten die Leute noch eine stabilere Einkommenssituation“, stellt Sieglinde Prag, Leiterin der Schuldnerberatung in Vöcklabruck, fest. Arbeitslosigkeit, aber auch instabile Arbeitsverhältnisse wie Leasing würden den Klienten den Weg aus der Schuldenfalle schwer machen.
Die Schuldnerberatung Vöcklabruck hat aktuell einen Kundenstock von 5000 Menschen, jedes Jahr kommen rund 400 neue Klienten dazu, erklärt Prag. Im Durchschnitt hat ein Klient 70.000 Euro Schulden. Zur Tilgung steht im Schnitt ein Einkommen von 1300 Euro netto zur Verfügung. „Der Großteil der Betroffenen ist zwischen 25 und 55 Jahre alt“, erklärt Prag. „Die jungen Erwachsenen zwischen 18 und 28 Jahren haben stark zugenommen – sie machen bereits ein Viertel unserer Klientel aus.“
Die Gründe für die Verschuldung sind vielfältig und reichen von Arbeitslosigkeit über Unterhaltspflichten, Scheidung und Bürgschaften bis zu Hausbau, Kautionen und Hausstandsgründung.
„Existenzielles steht im Vordergrund, nicht so sehr der Konsum“, so Prag. Junge Erwachsene würden zum Teil wenig verdienen und trotzdem eine eigene Wohnung haben wollen. Manchmal ist es aber auch der Autokauf oder das Handy, mit dem sich junge Menschen finanziell übernehmen.
Konkurs oft schwierig
Der Weg aus den Schulden ist meist lang und schwer: Denn auch für einen Privatkonkurs oder eine außergerichtliche Vereinbarung, bei denen meist zehn Prozent innerhalb von fünf bis sieben Jahren zurückbezahlt werden müssen, braucht man Geld. Rund die Hälfte der Betroffenen können den Konkurs nicht beantragen, weil sie nicht einmal ihre monatlichen Fixkosten decken können. Hier steht die Vermeidung der Delogierung an erster Stelle. 30 bis 40 Prozent schaffen die Zehn-Prozent-Quote nicht.
„2013 hatten knapp 70 Prozent der Antragssteller kein pfändbares Einkommen“, erklärt Prag. „Viele finanzieren den Konkurs dann mit dem Exis-tenzminimum.“ Stark zunehmen würden auch jene Fälle, in denen Rückzahlungspläne nicht eingehalten werden können, so Prag. „Dann sind zahlreiche Änderungen notwendig.“
Miete hat Vorrang
Wann sollte man sich professionelle Hilfe holen? „Wenn das Konto permanent überzogen ist und Raten nur mehr unregelmäßig bezahlt werden können“, erklärt die Juristin. Würden Daueraufträge von der Bank nicht mehr durchgeführt oder treten bereits Probleme mit der Miete auf, sei die äußerste Alarmstufe erreicht.
„Wichtig ist, existenzielle Kos-
ten wie Miete, Strom oder Auto, das zum Arbeitfahren benötigt wird, vorrangig zu zahlen – dann erst die Raten“, sagt Sieglinde Prag.
Zur Sache
Die Schuldnerberatung in der Salzburgerstraße 6 in Vöcklabruck hilft vertraulich und kostenlos. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 8 bis 12 Uhr, Dienstag und Donnerstag zusätzlich 14 bis 16 Uhr. Terminvereinarung unter Tel. 07672/27776.
Der Verein ist staatlich anerkannt und wird zu 99 Prozent vom Land Oberösterreich finanziert.
Gemeinsam mit anderen Sozialeinrichtungen hilft die Schuldnerberatung auch, die Einkommens- und Wohnsituation zu stabilisieren und eine Delogierung zu vermeiden.
Raten können oft gestundet oder für eine Zeit lang ausgesetzt werden. Bausparer können vorzeitig gekündigt werden, zum Teil ist es möglich, Versicherungen im Kulanzweg zu stornieren.
Beratungen sind sinnvoll, sobald man weiß, dass eine Veränderung bevorsteht und es finanziell knapp wird (z. B. bei Scheidung oder Pension).
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.