Kommentar
Ich weiß, dass ich nichts weiß.

Christian Marold
RZ-Chefredakteur | Foto: RZ

Wer am Wochenende im ORF die Pressestunde gesehen hat, der war bei einer Sternstunde dabei. Kurz zur Erklärung: Zwei Journalisten, oft Chefredakteure, interviewen Politiker zu aktuellen Themen. Bildungsminister Polaschek war zu Gast bei eben dieser Pressestunde. Man kann sich nun über sein Äußeres lustig machen, diskutieren oder dies lässig links liegen lassen und wertfrei diesem Mann einfach eine Chance geben. So ist der Bildungsminister zumindest, aus seinem Vorleben als Rektor einer Universität, ein Mann vom Fach. Na ja, also zumindest nicht ganz fremd. Das ist darum wichtig zu erwähnen, weil sehr viele Menschen in Ministerien, und solche, die das Amt einer Ministerin oder Ministers kleiden, komplett fachfremd sind. Sprich keine Erfahrung in „dem“ Bereich haben, eben nur eine politische Karriereleiter hinaufklettern. Polaschek könnte man daher als Fachidiot bezeichnen, aber nicht als fachfremd. Beides wären aber zu eilige Vorurteile. Am Ende der letzten Pressestunde sind meine Zweifel an beiden Vorurteilen gegenüber unserem Bildungsminister allerdings gewachsen. Es erweckt in mir den Eindruck, dass Herr Polaschek einen viel zitierten Übersetzungsfehler in der Philosophie ernst meint: „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“ Ja, das ist zwar auch eine Erkenntnis, aber als Chef und Verantwortlicher über 1,2 Millionen Schüler und Schülerinnen und knapp über 120.000 Lehrer und Lehrerinnen, waren seine unpassenden Aussagen niederschmetternd leer. Visionen, Vorstellungen, Hoffnungen und klare Ansagen für einen gesicherten Fahrplan im Bildungsbereich wird man schmerzlich in den Antworten des Bildungsministers missen. Man hätte auch genauso gut eine Synchronstimme über seine Aussagen legen können, nur mit komplett anderem Inhalt. Zum Beispiel über fesche Kurzhaarschnitte und Frisuren, die derzeit im Trend sind. Auch das hätte man Herrn Polaschek genauso gut nicht abgenommen.

Der Bildungsminister hat sämtliche Verantwortung an unseren Johannes abgegeben. Der Gesundheitsminister wird also auch die über zwei Jahre andauernde Bildungsmisere schon richten. Kleiner Einschub: Die Zahlen, der zu behandelnden Kindern und Jugendlichen im psychologischen Bereich explodieren geradezu. In manchen Schulen ist der Bildungsrückstand dramatisch und wird durch die Ausfälle der Pädagogen nicht wesentlich besser. Und unser Bildungsminister? Er möchte so schnell wie möglich wieder in eine „normale“ Zeit des Unterrichtens. Ja, das wollen wir alle. Wirklich alle! Das geht aber nur, wenn es Maßnahmen, Visionen und Wünsche an andere Regierungsverantwortliche gibt. Aber Wünschen darf sich laut Polaschek, der Bildungsminister nichts. Er beharrt auf Daten, Fakten und Empfehlungen aus den anderen Ministerien, allen voran dem Gesundheitsministerium. So kann man Verantwortung auch abgeben.

Das, was in der Pressestunde von unserem Bildungsminister alles (nicht) gesagt wurde, ist stellvertretend zu sehen, für ein komplettes Versagen einer gesamten Regierung. Und auch durch die ständigen Auswechslungen in den wichtigsten Entscheidungsämtern unseres Landes zeigt sich diese regierende Katastrophe des Unwissens. All das spielt der Opposition, den Schwurblern und Skeptikern in die Hände. Bedeutet aber nicht, dass es mit diesen genannten besser wäre. Das Gegenteil hat uns das leider auch schon gezeigt.

Werter Herr Bildungsminister, falls es Ihnen entgangen sein sollte, geht es jetzt um nicht weniger als die Zukunft unserer Kinder. Mir läuft es kalt den Rücken hinunter, durch das Wissen, wer derzeit über das Bildungsressort verantwortlich ist.

Ach ja, das sind übrigens Sie, falls Sie das auch nicht wussten.

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