Telefonzellen im Bezirk Waidhofen: Anruf aus der Vergangenheit

- hochgeladen von Peter Zellinger
Trotz Handy-Boom gibt es im Bezirk Waidhofen noch 66 Telefonzellen. Eine Zeitreise zwischen Wählscheibe und Highspeed-Internet.
BEZIRK WAIDHOFEN. Sie haben Leben gerettet, Beziehungen ermöglicht oder mitgeholfen Kriminelle zu überführen. Einst unverzichtbar ist es zuletzt ruhiger um die 66 Telefonzellen im Bezirk Waidhofen geworden. Die Bezirksblätter brachen zum Lokalaugenschein auf und fanden die interessantesten Fakten, lustigsten Details und berührendsten Geschichten.
Gesprengt und abgebaut
Das Schicksal der meisten Telefonzellen im Bezirk Waidhofen ist eher traurig. Zwei Beispiele dafür standen bis vor wenigen Jahren in der Badgasse in Waidhofen. Immer wieder wüteten Vandalen in den beiden Kabinen. Ihr endgültiges Ende fanden die Zellen, als jugendliche Täter mit Schwarzpulver hantierten und versuchten den Münzbehälter aufzusprengen. Danach verschwanden die irreparabel beschädigten Telefonzellen für immer.
Lebensretter? Eher nicht...
Bernd Wesely aus Dietmanns arbeitet in der Landeswarnzentrale Niederösterreich (Notruf 122) und ist tagtäglich mit Alarmrufen konfrontiert. Von ihm wollten wir wissen, ob tatsächlich noch Notrufe über Telefonzellen abgesetzt werden. "Bei uns gibt es keine tatsächlichen Notrufe aus Telefonzellen". Lediglich "Scherzanrufe" kämen noch über das antiquierte System. Die Hauptzeit dafür - wenig überraschend: nach Schulschluss.
Apropos Schule: Früher gingen ganze Volksschulklassen noch auf Lehrausgang zur örtlichen Telefonzelle um deren Handhabung im Notfall zu erlernen. Aber diese Zeiten sind ebenfalls längst vorbei, wie uns Melitta Biedermann, Bildungsstadträtin und selbst Volksschullehrerin erklärt. "Aber es wär schon keine schlechte Idee, weil entgegen der landläufigen Meinung haben nämlich viele Volksschüler noch keine Handys dabei", erklärt Biedermann.
Telefonzelle als Slot-Machine
Ewald Polacek, Schauspieler, Bühnen-Autor und Theaterleiter verbindet ein positives Erlebnis mit der Telefonzelle, als er einmal einen unverhofften Gewinn machte, als er den Münz-Knopf drückte: "Viel war es nicht, vielleicht zwei Schilling und fünfzig Groschen, aber gefreut habe ich mich trotzdem. Das ist mir selbst nach Jahrzehnten noch im Gedächtnis geblieben". In der Realität hat die Telefonzelle zwar an Bedeutung verloren, aber in Filmen sind die kleinen Häuschen bis heute präsent, wie uns der Kenner erklärt. "Bei Verfolgungsjagden wird der Held ja immer aus Telefonzellen angerufen. Kein Krimi kommt ohne Telefonzelle aus".
Doch warum gibt es überhaupt noch Telefonzellen in Zeiten von Smartphone, Tablet und Co? Das liegt an der so genannten Universaldienstverordnung. Diese verpflichtet die A1 Telekom Austria AG zum flächendeckenden Betrieb öffentlicher Telefonzellen zumindest in der Zahl, die es 1999 gegeben hat. Das sind 2.700 Telefonzellen in Niederösterreich.
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