Schandfleck des Sozialsystems
Leserbrief von Martin Hetzendorfer (Verein Zuversicht) über Anerkennung von Menschen mit Behinderung
Die zusätzliche Erhöhung um 100 Euro für alle Pensionisten wird verlangt, und sie wird wohl auch kommen. Für alle Pensionisten, also auch für die Bezieher der Höchstpensionen. Das wird wohl kaum noch diskutiert werden, auch in den Medien nicht.
Leider auch nicht diskutiert wird der Schandfleck des österreichischen Sozialsystems schlechthin, nämlich die Tatsache, dass Menschen mit Behinderung in den Werkstätten einen sogenannten „Anerkennungsbeitrag“ (in NÖ von 72,90 Euro pro Monat) bekommen, aber nicht selbst sozialversichert sind und auch keinerlei Anspruch auf eigene Sozialleistungen erwerben. Von einem 1-Euro-Job können sie nur träumen.
Diese Tatsache ist ein Verstoß gegen die UN-Behindertenkonvention und m. A. nach auch gegen den Gleichheitsgrundsatz in der österreichischen Verfassung. Der Politik und den meisten Medien scheint das egal zu sein. Erstere verspricht seit Jahren eine Lösung, die aber – leider, leider – am Föderalismus scheitert. Am Geld kann’s nicht liegen, da eine Lösung weniger kosten würde als die Einmalzahlung.
Diese Lösung wäre übrigens recht einfach:
Es braucht einen zusätzlichen Arbeitnehmerbegriff (Stichwort „Zweiter Arbeitsmarkt“) und eine Zusammenlegung der erhöhten Familienbeihilfe mit dem Anerkennungsbeitrag. Schon wäre man über der Geringfügigkeitsgrenze und mit minimalen Arbeitgeberbeiträgen wäre ein Anfang gemacht. Gleichzeitig wäre auch die letzte Regress-Bastion zu beseitigen. Angehörige zahlen nämlich dafür, dass Menschen mit Behinderungen in Tagesstätten arbeiten „dürfen“. Und das, obwohl ein Drittel des Pflegegeldes ohnehin als Selbstbehalt eingezogen wird (was unter anderen Umständen in Ordnung wäre).
Wie gesagt, all das ist den Zuständigen in der Politik seit langem bekannt. Nur kümmert es sie halt nicht.
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