Studie der AK
Schulkinder drohen in der Corona-Krise abgehängt zu werden
Eine Studie der Arbeiterkammer zeigt, wie massiv die psychische Belastung auf Schulkinder mittlerweile ist. Auch der Lernerfolg mancher Kinder leidet mittlerweile stark.
WIEN. Seit Herbst führt die Arbeiterkammer (AK) eine Schulkostenstudie durch, bei der Tausende Eltern auch zu verschiedenen Themen rund um die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Schulalltag und ihre Kinder befragt wurden. Die Ergebnisse sind alarmierend: Die Auswirkungen reichen von psychischer Belastung von Eltern und Kindern über finanziellen Mehraufwand bis zu Lernrückständen bei einigen Schülerinnen und Schülern.
1.234 Eltern und 2.301 Schulkinder wurden im Februar, kurz nachdem die Schulen wieder – zumindest teilweise – öffneten, zu den Folgen des verlängerten Lockdowns und wochenlangen Distance Learnings befragt.
Die Kinder und Jugendlichen, das macht die Befragung deutlich, leiden zusehends unter dem Distance Learning. Über 60 Prozent der Kinder sind im Februar in einer schlechteren psychischen Verfassung als in den Wochen zuvor. Das geben ihre Eltern an:
Keine Energie und keine Ruhe
Die Eltern berichten dabei von Müdigkeit und Energielosigkeit ihrer Kinder, von Niedergeschlagenheit und Schlafproblemen. "Es gibt jene, die in der Früh nicht mehr aus dem Bett kommen, die schwer zu motivieren sind", sagt Elke Larcher, Bildungsexpertin der AK, zu den Ergebnissen, "und jene die nicht zur Ruhe kommen, die am Abend nicht einschlafen können." Psychische Probleme im Kinder- und Jugendalter könnten sich dabei nachhaltig auf die zukünftige Entwicklung auswirken und schon jetzt stehe fest: "Die Kinder und Jugendlichen heute sind nicht mehr die vor der Pandemie. Das kann man auch nicht zurückdrehen." Auf die veränderten Gegebenheiten müsse im Schulbetrieb, etwa beim Lerntempo oder mit zusätzlichen Unterstützungsmöglichkeiten, Rücksicht genommen werden.
Ein Drittel sorgt sich um die Zukunft
Die Monate des Distance Learning haben die Lernerfolge der einzelnen Schülerinnen und Schüler bereits deutlich auseinander driften lassen. Ein Drittel der befragten Schülerinnen und Schüler gibt an, sich Sorgen um die Zukunft zu machen, 40 Prozent spricht von zu hohem Leistungsdruck. Ein gutes Fünftel fühlt sich vom Distance Learning aber gar nicht betroffen und scheint gut damit zurechtzukommen.
Bildung in Österreich wird vererbt – das heißt zum Beispiel, dass Kinder, deren Eltern keinen Hochschulabschluss haben, es statistisch gesehen schwerer haben, selbst einen Hochschulabschluss zu erwerben. Das ist schon lange bekannt und gut dokumentiert. Auch während der Corona-Pandemie scheint der Bildungsstand der Eltern eine Rolle für die Bewältigung des Distance Learning zu spielen. "Wenn Schulen zur Pandemiebekämpfung geschlossen werden, sind die familiären Ressourcen für den Lernerfolg entscheidend. Kinder, deren Eltern nicht über Geld, Zeit und Bildung verfügen, spüren negative Konsequenzen auf ihrem Bildungsweg: schlechtere Noten, Klassenwiederholungen und Schulabbruch werden wahrscheinlicher", so die AK. So zeigt sich in der Befragung der Eltern, dass Kinder aus Haushalten mit einer Akademikerin oder einem Akademiker offenbar mit weniger Problemen zu kämpfen haben.
Erhöhter Druck auf Eltern
Auch bei den Eltern wirkt sich der Stress der zusätzlichen Betreuungspflichten mittlerweile auf die psychische Gesundheit aus. Die andauernde Situation erhöht den Druck immer weiter: So sahen sich beinahe zwei Drittel der Eltern Mitte Februar sehr oder ziemlich gestresst, das sind noch etwas mehr als während des zweiten Lockdowns in den Wochen davor.
"Spielen mit anderen darf nie ganz verboten sein"
Die AK schlägt ein Bündel an Maßnahmen vor, um die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Schulkinder abzufedern, warnt aber vor allem vor neuerlichen Schulschließungen. "Weder Normalbetrieb noch Distance Learning ist der richtige Weg", umreißt Bildungsexpertin Larcher die Forderung. Regelmäßige Präsenzphasen seien unabhängig von der Infektionslage ein Muss, vorstellbar wäre etwa ein Unterricht in Kleingruppen, denen jeweils eine Lehrkraft fix zugeteilt ist oder Schichtbetrieb. Und: "In jedem Fall brauchen Kinder das Recht, auch ohne Abstand mit zumindest zwei, drei Freunden zu spielen. Nur so können wir ihre psychische Gesundheit sicherstellen", sagt Larcher.
Familien finanziell unterstützen
Auch die finanzielle Unterstützung müsse erhöht werden, so die AK: Sowohl für Schulen mit vielen finanziell benachteiligten Kindern, die sogenannten "Brennpunktschulen". Hier wünscht sich die AK eine Aufstockung des derzeit laufenden Pilotprojekts mit mehr Mitteln für Lehrkräfte und Sozialarbeit von 100 auf 500 Standorte. Auch den Haushalten mit Schulkosten müsse die finanzielle Mehrbelastung abgegolten werden, mit 200 Euro Bonus zur Familienbeihilfe und einem Bonus für alle die Schülerbeihilfe beziehen.
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