Noch höhere Präzision
TU Wien präsentiert erste Atomkern-Uhr der Welt

- Die TU Wien hat gemeinsam mit internationalen Partnern eine hochpräzise optische Atomuhr mit einem Hochenergie-Lasersystem kombiniert und sie erfolgreich mit einem Kristall gekoppelt.
- Foto: Oliver Diekmann, TU Wien
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Die TU Wien hat gemeinsam mit internationalen Partnern eine hochpräzise optische Atomuhr entwickelt. Dabei wird ein Hochenergie-Lasersystem kombiniert und so erfolgreich mit einem Kristall gekoppelt. Somit gelang es, die erste Atomkern-Uhr der Welt zu bekommen.
WIEN. Im vergangenen April hatte ein Team rund um Thorsten Schumm von der Technischen Universität (TU) Wien einen großen Erfolg verkündet. Zum ersten Mal gelang es, einen Atomkern gezielt mit einem Laser von einem Zustand in einen anderen Zustand umzuschalten. Ein Effekt, der sich für Hochpräzisions-Messungen nutzen lässt, erklärt man.
Wochen später, nach jahrzehntelanger Forschung, schaffte man es bereits, diesen sogenannten Thorium-Übergang in der Praxis anzuwenden. Wie es in einer Presseaussendung heißt, gelang es der TU Wien, dem Joint Institute for Laboratory Astrophysics (JILA, Universität Colorado) und National Institute of Standards and Technology (NIST) eine hochpräzise optische Atomuhr mit einem Hochenergie-Lasersystem zu kombinieren und sie erfolgreich mit einem Kristall zu koppeln, der Thorium-Atomkerne enthält.

- Im vergangenen April hatte ein Team rund um Thorsten Schumm von der Technischen Universität (TU) Wien einen großen Erfolg verkündet. (Archiv)
- Foto: Foto Wilke
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Nun können diese Atomkerne als Taktgeber genutzt werden und rund um die Uhr noch exakter ticken lassen. Es ist der erste Zeitmesser dieser Art weltweit und sie wurde im Journal "Nature" präsentiert. Die Uhr liefert noch keine höhere Präzision als eine gewöhnliche Atomuhr, jedoch war das auch nicht Ziel vom ersten Schritt. "Mit dem ersten Prototyp ist nun aber bewiesen: Man kann Thorium als Taktgeber für ultrahochpräzise Messungen verwenden, der Rest ist technische Entwicklungsarbeit, bei der keine großen Hindernisse mehr zu erwarten sind", wird Schumm zitiert.
Wie funktioniert die Uhr?
Jede Uhr benötigt einen Taktgeber – etwa das Schwingen des Pendels in der Pendeluhr. Präzisionsuhren nutzen dafür heute das Schwingen elektromagnetischer Wellen, gezählt werden die Schwingungen eines Laserstrahls. Doch die Frequenz eines Lasers kann sich im Laufe der Zeit ein wenig ändern, dann muss man seine Frequenz nachjustieren, erklärt man. Schumm erklärt, dass man deshalb zusätzlich zum Laser ein Quantensystem benötigt, das äußert empfindlich auf eine ganz bestimmte Laserfrequenz reagiert. Das könnten etwa Cäsium- oder Strontium-Atome sein.

- Ein Blick in das Experiment: Der Laser kommt durch das Loch im Parabolspiegel, trifft den Kristall und dann den gelben Fluoreszenzschirm.
- Foto: TU Wien
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Wenn die Atome mit einer ganz bestimmten Frequenz mit Laserlicht getroffen werden, dann wechseln die Elektronen der genannten Atome zwischen zwei Quantenzuständen hin und her und das kann man dann messen. Bei einer Veränderung der Laserfrequenz passt sie nicht mehr exakt zur Eigenfrequenz der Atome und diese werden dann nicht mehr so effizient angeregt. "Dann muss man den Laser nachjustieren. Durch diese Technik kann man die Laserfrequenz extrem stabil halten – das ist das Grundprinzip einer Atomuhr", schildern die Experten.
Doch was war das "Problem" in der Forschung der letzten Jahre? Bereits jahrzehntelang wusste man, dass mit einem Atomkern eine noch viel höhere Präzision möglich wäre. Diese sind viel kleiner als Atome und reagieren viel weniger stark auf Störungen, etwa auf elektromagnetische Felder von außen. Das Problem war aber die mindestens tausendfache Energie als Photonen eines Lasers haben, die man benötigt, um Atomkerne zwischen zwei Zuständen hin und her zu schalten.

- So sieht das Thorium Kristall aus, dem Herzstück des Geräts, welcher nur etwa ein Millimeter misst.
- Foto: TU Wien
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Die einzige Ausnahme sei aber Thorium. Schumm dazu: "Thorium-Kerne haben zwei Zustände sehr ähnlicher Energie, sodass man sie mit Lasern umschalten kann. Damit das gelingt, muss man die Energiedifferenz zwischen diesen beiden Zuständen aber sehr genau kennen. Viele Jahre lang haben Forschungsteams auf der ganzen Welt nach dem genauen Wert dieser Energiedifferenz gesucht, um Thorium-Kerne gezielt umschalten zu können – uns ist das erstmals gelungen, das ist das Ergebnis, das wir im April publizieren konnten".
Für den historischen Schritt waren einige physikalische Tricks nötig, heißt es: "Die Atomuhr arbeitet mit Laserlicht im Infrarot-Bereich, damit werden Strontium-Atome angeregt. Unsere Thorium-Atomkerne allerdings brauchen Strahlung im UV-Bereich. Man muss daher eine hochpräzise Übersetzung von Infrarot-Frequenzen auf UV-Frequenzen erzeugen, ähnlich wie ein mechanisches Getriebe eine langsame Rotation durch passende Zahnräder in eine schnellere Rotation übersetzen kann", wird der TU Wien-Professor zitiert.
Fundamentale Gesetze der Natur analysieren
Und was bringt die Zukunft? Jetzt habe man eine Präzision im Bereich von Kilohertz, also "noch einmal eine Million mal besser. Wir rechnen damit, auf diese Weise die besten Atomuhren in 2–3 Jahren zu überholen", zeigt sich Schumm zuversichtlich.

- Foto: Weingartner-Foto / picturedesk.com
- hochgeladen von Antonio Šećerović
Für Laien heißt diese Meldung, dass diese Technologie nicht nur deutlich präzisere Zeitmessungen ermöglichen soll als bisherige Uhren, auch andere physikalische Größen sollen sich dann in weiterer Folge präziser messen lassen. Diese Thorium-Technologie könnte in vielen Forschungsbereichen wichtige Fortschritte liefern. Und eine der erhofften Anwendungen ist es, dass man mit dieser extremen Präzision eines Tages auch die fundamentalen Gesetze der Natur unter die Lupe nimmt, "ob die Naturkonstanten vielleicht gar nicht perfekt konstant sind, sondern sich möglicherweise in Raum und Zeit ändern".
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