Welt-Aidstag
TV-Legende Günter Tolar will Lust aufs Reden machen
Lust auf Sex? Ja! Aber Lust auf Reden? Ex-TV-Star Günter Tolar plädiert für sexuelle Gesundheit ohne Tabus.
WIEN. "Wenn man sich endlich traut, zu reden, ist das ein Akt der Befreiung, der unglaublich ist. Davor lebt man quasi in seinem eigenen Gefängnis – ein Gefängnis, das man selbst aufsperren kann." Wenn man diese Worte jemandem glauben kann, dann Günter Tolar. Die TV-Legende hat sich vor 31 Jahren geoutet und gilt seither als Pionier der Schwulenszene. Jahrzehnte nach seinem Outing will er anderen Mut machen.
Sie unterstützen die aktuelle Aids-Hilfe-Kampagne "Lust auf Reden". Wieso ist sexuelle Gesundheit oft noch ein Tabu?
GÜNTER TOLAR: Auf diesem Gebiet wird man noch jahrelang arbeiten müssen. Sexualität ist eine sehr intime Angelegenheit. Oft schämt man sich, traut sich nicht oder hat Angst, dass man ausgelacht oder nicht ernst genommen werden könnte. Diese Ängste sind vorhanden, und das wird noch dauern.
Was ist Ihr persönlicher Zugang zu diesem Thema?
In meinem Umfeld gab es einen Fall von Aids: mein damaliger Lebenspartner, der Selbstmord begangen hat. Es wäre besser gewesen, er hätte darüber geredet. Wenn man etwas mit sich herumschleppt, ist die Gefahr groß, dass man psychisch zu leiden beginnt. Aber das hat mir den Mut für mein Outing gegeben, nach dem Motto: "So kann’s nicht weitergehen!"
Wie waren die Reaktionen?
Es war ein unglaublicher Befreiungsschlag, auch für andere: Mir sind viele gefolgt. Ich habe 3.000 Briefe von Eltern, Müttern, Vätern, Töchtern und Söhnen bekommen. Dieser Dank zeigt, wie befreiend es ist, wenn ein Problem angesprochen wird.
Wieso ist das gerade beim Thema sexuelle Gesundheit so wichtig?
Da ist man meiner Meinung nach geradezu verpflichtet dazu, darüber zu reden, weil es sich ja möglicherweise auch um eine ansteckende Variante einer Krankheit handeln könnte.
Wie kann man seine Scheu und seine Angst denn überwinden?
Jede und jeder, die oder der sich davon betroffen fühlt, muss sich darüber klar sein: Das Schweigen, das Nicht-Reden, ist keine Therapie, sondern das Gegenteil davon. Nicht darüber zu reden ist dasselbe wie sich selbst das Leben zu verbieten. Es nützt nix: Man lebt erst weiter, wenn man das Problem mit jemandem geteilt hat.
An wen kann man sich im Ernstfall wenden?
Die Aids Hilfe hat ein vielfältiges Angebot. Und dort ist noch keine und keiner gebissen worden, sondern noch jeder und jedem geholfen worden. Also: Traut’s euch! Es kostet nicht den Kopf, bringt aber das Leben.
Zur Sache: Aids Hilfe Wien
Die Aids Hilfe ist per E-Mail an beratung@aids-hilfe-wien.at oder zu folgenden Zeiten unter 01/599 37 84 26 erreichbar: Montag, Mittwoch, Donnerstag 10–14 Uhr, Freitag 10–13 Uhr.
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