Prozess in Wien
Wegen IS-Mitgliedschaft zu vier Jahren Haft verurteilt

Am 2. April wurde ein Mann verurteilt, der vor seiner Flucht nach Österreich Mitglied des IS gewesen sein soll. (Symbolfoto) | Foto: Stringer . / REUTERS / picturedesk.com
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  • Am 2. April wurde ein Mann verurteilt, der vor seiner Flucht nach Österreich Mitglied des IS gewesen sein soll. (Symbolfoto)
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Ein 39-Jähriger wurde am Mittwoch im Wiener Landesgericht zu vier Jahren Haft verurteilt. Er soll vor seiner Flucht nach Österreich Mitglied der terroristischen Miliz Islamischer Staat (IS) gewesen sein. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. 

WIEN. Auf der Anklagebank sitzt ein Mann in Sandalen, neben ihm stehen Justizbeamte in voller Montur. Es ist bereits der zweite Verhandlungstag gegen den 39-Jährigen. Ihm wird vorgeworfen, vor seiner Flucht nach Österreich in seiner Heimat Mitglied der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gewesen zu sein und für dieses Propagandamaterial hergestellt zu haben. Er selbst bekannte sich als nicht schuldig. 

Der Mann wurde am Mittwoch zu vier Jahren Haft, u. a. wegen Mitgliedschaft einer terroristischen Vereinigung, verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. 

Protagonist in einem IS-Video

Im Vorjahr gingen bei der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) Hinweise ein, die auf eine mögliche Verwicklung in Kriegsverbrechen des 39-Jährigen hindeuteten. Damals tauchte in Deutschland bei Ermittlungen gegen mehrere mutmaßliche IS-Mitglieder ein Propaganda-Video des IS auf. Dieses zeigte mit Maschinenpistolen bewaffnete Männer auf einem Lkw, bei denen es sich um IS-Mitglieder handelt. Einer brüllt eine Parole in die Kamera, laut Staatsanwältin sei dies "ohne Zweifel" der Angeklagte. 

Der österreichische Verfassungsschutz bzw. die Strafverfolgungsbehörden bekamen Hinweise aus Deutschland, die einen Bezug zwischen dem hier gemeldeten Mann und dem IS herstellten. | Foto: ALEX HALADA / AFP / picturedesk.com
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Um den Beschuldigten zu identifizieren, wurde eine Videoanalyse hinzugezogen, ein Gesichts-biometrisches Gutachten wurde eingeholt, welches ergeben hatte, dass es sich dabei mit "höchster Wahrscheinlichkeit" um den Angeklagten handeln würde.

Laut dem Sachverständigen liege die Wahrscheinlichkeit bei 83,5 Prozent. Am zweiten Verhandlungstag wurde dann ein weiteres Gutachten vorgelegt, das die Stimme des Angeklagten mit der Stimme des Protagonisten im IS-Video verglich. Der Sachverständigende verwies darauf, dass sich eine "ähnliche Ambivalenz" gezeigt habe, jedoch war das Ergebnis nicht klar. Er würde es "eher bejahen als zu verneinen", man müsse jedoch berücksichtigen, dass man nur fünf Sekunden an Material zur Untersuchung heranziehen konnte. 

Facebook-Account mit IS-Propaganda

Dem 39-Jährigen wurden die Verbrechen der terroristischen Vereinigung und der kriminellen Organisation vorgeworfen. So soll der 39-Jährige an Kampfhandlungen des IS und an der Verfolgung von Jesiden beteiligt gewesen sein. Dabei habe er auch Gefangenentransporte durchgeführt und sein Geschäft für die Unterbringung jesidischer Gefangener zur Verfügung gestellt. Jesiden sind übrigens eine ethnisch-religiöse Gruppe mit etwa einer Million Angehörigen, deren ursprüngliche Hauptsiedlungsgebiete im nördlichen Irak, in Nordsyrien und in der südöstlichen Türkei liegen.

Überdies soll er in seinem Lokal in Syrien über Bildschirme IS-Videos abgespielt und Jugendliche sowie junge Männer für den Staat angeworben haben. Laut dem Verteidiger habe es in dem Geschäft jedoch keine Bildschirme gegeben, überdies sei es "viel zu klein gewesen, um jesidische Frauen gefangenzuhalten“, so der Anwalt.

Foto: Ronja Reidinger/MeinBezirk

Am zweiten Verhandlungstag wurde zudem weiteres Beweismaterial vorgelegt, das den 39-Jährigen zusätzlich belasten würde. So wurde ein Facebook-Account gefunden, der dem Mann zugeordnet werden konnte. Auf diesem sei er "eindeutig erkennbar", so der Richter. Die Analyse des Bildmaterials, das auf diesem Account geteilt wurde, ergab einen deutlichen Bezug zu dem Islamischen Staat. So wurde etwa der IS gepriesen oder Gewalt verherrlicht. 

Mafia habe Videos manipuliert

Im Saal war auch der Bruder des Angeklagten geladen. Völlig außer sich erzählte er, dass er von der Mafia verfolgt worden sei, die das Bild- und Videomaterial manipuliert hätten. Dies stand jedoch auch im Widerspruch zu den bisherigen Aussagen. So sagten beide zuvor aus, dass es bei dem Protagonisten am IS-Video nicht um den Angeklagten handeln würde. Die Staatsanwältin verwies zu dem darauf, dass es keinen Sinn ergeben würde, dass die syrische Mafia nicht nur ein Video erstelle, sondern auch einen Facebook-Account, um den Angeklagten zu belasten.

Die Staatsanwältin verwies zu dem darauf, dass es keinen Sinn ergeben würde, dass die "syrische Mafia" nicht nur ein Video erstelle, sondern auch einen Facebook-Account, um den Angeklagten zu belasten. | Foto: Ronja Reidinger/MeinBezirk
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Dem gegenübergestellt, zeigte sich der Verteidiger überzeugt von der Unschuld seines Mandanten. Nach ihm könne man es nicht nachweisen, ob es sich bei dem Video um einen Fake handle oder nicht und ihn somit nicht belasten. "Es ist sehr bedauerlich, dass mein Mandat, ein Unbescholtener, der nie mit Strafgerichten zu tun hat und einfach wegen einer falschen Behauptung hier auf der Anklagebank sitzt."

"Überhaupt kein Zweifel"

Der Vorsitzende Richter hatte jedoch "überhaupt keinen Zweifel", dass der 39-Jährige sowohl die Person auf dem Propaganda-Video sei, als auch die Person auf den Fotos des Facebook-Kanals. Neben dem habe es nach ihm auch keinen Sinn ergeben, dass der Angeklagte in seinem Dorf geblieben ist, als der IS im Jahr 2014 die Macht übernahm und weiter sein Geschäft betrieben hatte, während zeitgleich die meisten fliehen. Erst als die Kurden kamen, flüchtete er, "auch das spricht eindeutig dafür, dass er für den IS war", so der Richter abschließend.

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Am 2. April wurde ein Mann verurteilt, der vor seiner Flucht nach Österreich Mitglied des IS gewesen sein soll. (Symbolfoto) | Foto: Stringer . / REUTERS / picturedesk.com
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Die Staatsanwältin verwies zu dem darauf, dass es keinen Sinn ergeben würde, dass die "syrische Mafia" nicht nur ein Video erstelle, sondern auch einen Facebook-Account, um den Angeklagten zu belasten. | Foto: Ronja Reidinger/MeinBezirk
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