Ärztekammer Wien
Ärzte orten Qualitätsverluste in Wiener Spitälern
Die überwiegende Mehrheit der angestellten Wiener Spitalsärztinnen und -ärzte ortet große Qualitätsverluste und Engpässe in der Patientenversorgung. Das geht aus einer Umfrage hervor, die die Ärztekammer Wien nach einer Reihe von Gefährdungsanzeigen in Auftrag gegeben hat.
WIEN. Ärztekammer Wien Präsident Johannes Steinhart schlägt Alarm. In den vergangenen Monaten habe die Zahl der Gefährdungsanzeigen stark zugenommen, werden aber laut Steinhart nicht ernst genommen. "Wir wollten abfragen, wie der Ist-Zustand ist". Eine aktuelle Umfrage des renommierten Markt- und Meinungsforschers Peter Hajek, Geschäftsführer von Public Opinion Strategies, im Auftrag der Ärztekammer Wien zeichnet kein gutes Bild.
Mittels Onlinebefragung wurden 1.894 Ärztinnen und Ärzte befragt. Die Schwankungsbreite der Ergebnisse liegt bei +/- 3 Prozent, wobei die Umfrage repräsentativ ist, wie Hajek betonte. Bei einem Medientermin wurden nun die Detailergebnisse rund um das Thema Qualität präsentiert. Ingesamt zeigen diese, dass sich die Ärzteschaft von der (Stadt-)Politik alleingelassen fühlt, so Hajek.
Qualitätsverluste bei Patientenversorgung und Ausbildung
84 Prozent der Spitalsärztinnen und -ärzte stimmen demnach der Aussage zu, dass „die aktuellen Rahmenbedingungen im Spital zu einem anhaltenden und nachhaltigen Qualitätsverlust in der medizinischen Betreuung der Patientinnen und Patienten führen“. 50 Prozent gaben an, dass es Engpässe bei der Versorgung von Patienten gibt. Zudem gaben 74 Prozent der Befragten an, dass die Arbeitsbelastung zu hoch ist.
Auch in punkto Ausbildung ortet eine große Mehrheit - nämlich 82 Prozent - Qualitätsverluste. Die aktuellen Rahmenbedingungen würden zu einer schlechteren medizinischen Ausbildung der Turnusärzte führen. Besonders kritisch sehen das vor allem jüngere Ärztinnen und Ärzte.
Kritik an Stadtpolitik
Auch die Stimmung unter der medizinischen Belegschaft gegenüber der Stadtpolitik ist wenig positiv. Insgesamt stimmten 72 Prozent der Befragten zu, dass die Stadtpolitik "nichts gegen die Probleme in Wiener Spitälern" unternehme. Die Lösungsansätze seitens der Stadt, wie etwa den Ausbildungsschlüssel zu erhöhen, würden erst in einigen Jahren greifen. Es gehe jedoch darum, den Ist-Zustand zu ändern, betonte Stefan Ferenci, Obmann der Kurie angestellte Ärzte und Vizepräsident der Ärztekammer für Wien.
Neben der Stadtpolitik im allgemeinen hagelt es besonders auch Kritik an Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Dass dieser die Gefährdungsanzeigen aus den Wiener Spitälern "nicht ernst genug" nehme, stimmten 68 Prozent der befragen Ärztinnen und Ärzte zu. Präsident Steinhart betonte, dass es Gefährdungsanzeigen immer schon gegeben habe und diese ein internes Instrument seien. Allerdings sollte dieses Instrument zu Veränderungen führen, was in der letzten Zeit jedoch nicht geschehen sei.
Um Mitarbeiter "bemühen"
"Die Ergebnisse zeigen, was wir immer gewusst haben. Wir können Patienten nicht mehr so versorgen, wie wir das möchten. Wir sehen Qualitätsverluste - und, dass diese nicht ernst genommen werden", resümierte Ferenci. Dass es allgemein einfach zu wenig Ärztinnen und Ärzte gebe, sei übrigens nicht das Problem.
So gibt es heute "viel mehr Kinderärzte als noch vor fünf Jahren", dennoch musste "die Kinderabteilung im modernsten Krankenhaus Europas, dem KH Nord, mit der Donaustadt fusioniert werden. Der WiGev (Wiener Gesundheitsverbund, Anm.) ist kein attraktiver Arbeitgeber mehr", so der Vizepräsident der Ärztekammer Wien. Die Politik sei nun gefordert, akute Lösungsansätze auf den Tisch zu legen und sich "einmal um Mitarbeiter zu bemühen".
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