bz-Interview
Was brauchen Wiens Kindergärten, Herr Wiederkehr?
Bildungstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) sind die personellen Engpässe in Wiens Kindergärten bewusst.
WIEN. Die Initiative #kindergartenbraucht hat Vizebürgermeister und Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr einen Fragenkatalog mit zentralen Forderungen zu nötigen Reformschritten für die elementare Bildung übergeben. Wo es hakt, wie er dem Fachkräftemangel entgegenwirken möchte und was Wiens Kindergärten aus seiner Sicht brauchen – im Gespräch mit der bz hat Wiederkehr dazu Stellung genommen.
Die Initiative #kindergartenbraucht der vier größten privaten Kindergartenträger Wiens fordert mehr Personal, eine bessere Bezahlung und einen besseren Fachkraft-Kind-Schlüssel. Wie stehen Sie dazu?
CHRISTOPH WIEDERKEHR: Ich finde es sehr gut, dass es diese Initiative gibt, denn der Kindergarten ist die erste und wichtigste Bildungseinrichtung, die ich stärken möchte. Aufgrund des Fachkräftemangels haben wir uns entschieden, Ausbildungsgeld in die Hand zu nehmen, damit Menschen, die in diesen Beruf quereinsteigen wollen, schon während der Ausbildung bezahlt werden. So wollen wir mehr Personal für die Kindergärten gewinnen.
Dennoch scheint der Beruf nicht attraktiv genug zu sein.
Mir kommt vor, dass der Beruf der Kindergartenpädagogin bzw. des Kindergartenpädagogen dafür, wie wichtig er ist, gesellschaftlich noch immer viel zu gering angesehen ist. Wir bemühen uns sehr, die Arbeitsbedingungen schrittweise zu verbessern. Wir haben zum Beispiel das Gehalt der städtischen Pädagoginnen und Pädagogen in den letzten Jahren deutlich angehoben. Wir werden auch mehr Unterstützung in die Kindergärten holen. Wir stocken die Sprachförderkräfte von 300 auf 500 Personen auf und es braucht auch mehr Assistenzpersonal.
Fachkräfte bei privaten Kindergartenträgern verdienen weniger. Warum ist das so?
Man muss sich das Gehalt auch im Laufe des Lebenszyklus ansehen. Wir haben bei den städtischen Kindergärten die Entscheidung getroffen, beim Einstieg besser zu bezahlen. Dafür wird in den privaten Kindergärten später – mit mehr Erfahrung – besser bezahlt als in den städtischen. Wenn man das über die Lebensdauer berechnet, kommt man auf eine sehr ähnliche Summe.
Ein wesentlicher Punkt ist die Gruppengröße. Wie viele Kinder betreut aktuell eine Pädagogin bzw. ein Pädagoge?
Es gibt unterschiedlichste Gruppenformen und daher auch unterschiedliche Schlüssel. Wenn ich vom Schlechtesten ausgehe, dann kommen aktuell auf eine Pädagogin bzw. einen Pädagogen 25 Kinder plus eine 50-prozentige Assistenzkraft. Diesen Schlüssel wollen wir verbessern. Die Herausforderung dabei ist der Fachkräftemangel. Daher wollen wir mehr Menschen für den Beruf gewinnen und auch mehr Personen im Beruf halten. Wir müssen auch die Assistenz aufstocken. Unser Ziel ist es, mit kommendem Jahr die Anzahl der Assistenzstunden von 20 auf 40 Stunden zu verdoppeln.
Wie sollte der Fachkraft-Kind-Schlüssel künftig aussehen?
Wenn ich heute sagen würde, der sollte bei 1:15 liegen, dann würde das nicht gehen, denn wir haben dafür nicht das Personal. Ich bin ja davon abhängig, ob wir es schaffen, Menschen für diesen schönen Beruf zu begeistern. Dann wird es auch eine schrittweise Verbesserung geben. Aber ich bin ehrlich: Das ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Die Ausbildung dauert drei Jahre. Meine Schwester ist eine der Quereinsteigerinnen und macht gerade die Ausbildung. Sie findet den Beruf der Kindergartenpädagogin sehr schön und ich habe sie darin bestärkt, denn ich glaube, es ist ein großartiger Job, krisensicher und sinnstiftend. Denn man gibt Kindern etwas mit auf den Weg, was sie ihr Leben lang prägen wird. Für Menschen, die auch gesellschaftlich etwas Gutes tun wollen, ist das ein großartiger Job.
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