"Sorgenkind"
Wiener MA 35 sieht trotz langer Wartezeiten große Erfolge
Die Reformen bei der Wiener MA 35 - Einwanderung und Staatsbürgerschaft brachten zahlreiche Verbesserungen. Dennoch müssen Klienten teilweise bis zu einem Jahr auf einen persönlichen Termin warten. Der Bereich Staatsbürgerschaft bleibt weiterhin das "Sorgenkind".
WIEN. 28 Sekunden - So lange muss man im Schnitt warten, bis jemand bei der Wiener Einwanderungsbehörde MA 35 abhebt. Vor einem Jahr waren es noch 3,6 Minuten. Rund zwei Millionen Minuten telefonierten die Mitarbeiter des telefonischen Servicecenter im vergangenen Jahr mit Personen, die Fragen zu Einreichfristen, Dokumenten oder ihrem Aufenthaltsstatus hatten.
Mehr als 400.000 Telefongespräche wurden geführt. Dabei konnten rund zwei Drittel der Anrufe sofort telefonisch geklärt werden. Bei komplexeren Anliegen wurden Rückruf-Tickets ausgestellt, 145.000 in Summe. Abgearbeitet wurden diese in durchschnittlich 2,2 Tagen.
121.000 Einwanderungsanträge
Diese erste positive Bilanz zogen am Montag Stadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) und MA 35 Abteilungsleiter Georg Hufgard-Leitner. Das telefonische Servicecenter, welches im Dezember 2021 seinen Betrieb aufnahm, sei ein "Meilenstein", so die beiden. Das Callcenter läutete einen Reformprozess bei der MA 35 ein, um Effizienz und Kundenzufriedenheit zu steigern. Dies sei in vielen Bereich auch bereits gelungen.
Die Wartezeit auf einen persönlichen Termin im Bereich Einwanderung liegt derzeit bei rund 24,8 Tagen. Die Verfahrensdauer konnte um mehr als 25 Prozent gesenkt werden. Statt bislang durchschnittlich 72 Tage dauert ein Einwanderungsverfahren nun 52 Tage. Zeitgleich wurden 15 Prozent mehr Verfahren abgeschlossen, so Wiederkehr. Insgesamt wurden 121.562 Einwanderungsanträge und weitere 20.000 Einbürgerungen erledigt. Ein Mitarbeiter der MA 35 kommt damit auf 250 Anträge jährlich.
Staatsbürgerschaft: ein Jahr Wartezeit auf Termin
Weniger rosig sieht es im Bereich der Staatsbürgerschaften aus. Hier liegt die Wartezeit auf einen persönlichen Termin mit 350 Tagen noch immer bei knapp einem Jahr. Obwohl die personellen Kapazitäten aufgestockt und 2021 drei Mal so viele Staatsbürgerschaften wie in den Jahren zuvor verliehen wurden, bleibt der Bereich das "Sorgenkind", sagt Wiederkehr.
Obwohl auch hier Personal aufgestockt wurde, kommen die Mitarbeitenden mit der steigenden Zahl der Anfragen kaum nach. Grund für die gestiegene Nachfrage seien vor allem die Verfahren von Nachkommen von NS-Opfern. Für diese ist österreichweit alleine die MA 35 zuständig. Zusätzlich gab es einen sprunghaften Anstieg der Staatsbürgerschaftsanträge um 30 Prozent vom ersten Quartal auf das dritte Quartal 2022. Dies erklärte Abteilungsleiter Hufgard-Leitner damit, dass jene Personen, die 2015 oder 2016 einen positiven Asylbescheid erhielten, nun die österreichische Staatsbürgerschaft beantragen können.
Personaloffensive bei MA 35
Um die hohe Antragszahl bewerkstelligen zu können, sollen neue Sofortmaßnahmen gesetzt werden. Ab diesem Monat werden in Zusammenarbeit mit dem Beratungszentrum für Migrantinnen und Migranten Gruppentermine zur Erstinformation angeboten. Auf der Website der MA 35 gibt es zudem einen neuen Online-Assistenten. Durch gezielte Fragen, etwa nach dem Einkommen, werden die Chancen auf eine Staatsbürgerschaft eruiert.
Bis April sollen zusätzlich 93 neue Mitarbeitende eingestellt werden. Ob dieses Ziel trotz der Personalknappheit in allen Bereichen möglich ist? "Die Stadt Wien ist für viele ein sehr attraktiver Arbeitgeber", ist sich Stadtrat Wiederkehr sicher. Die Einschulungsdauer will Hufgard-Leitner hingegen effizienter gestalten und damit von rund einem Jahr auf ein halbes Jahr verkürzen.
Gesetz "teilweise schikanös"
Durch die neuen Maßnahmen soll eine Kapazitätssteigerung von bis zu 50 Prozent erreicht werden. Langfristig sei aber auch dies keine Lösung. Das Staatsbürgerschaftsgesetz müsse dringend modernisiert werden, betont Hufgard-Leitner. Wiederkehr findet besonders harsche Worte und nennt das Gesetz "kompliziert und teilweise schikanös". Viele Vorgaben seien nicht mehr zeitgemäß und würden zu erheblichen Verzögerungen bei der Antragsbearbeitung führen.
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