Mauro Mittendrin
Im Gespräch mit Opernstar Mezzosopranistin Zoryana Kushpler
Zoryana Kushpler hat sich als Opern- und Konzertsängerin längst einen Namen gemacht. Jetzt hat sie sich mit dem bekannten italienischen Netzwerker Mauro Maloberti (Mauro Mittendrin) getroffen und dabei auf ihre Anfänge ihrer Karriere zurückgeblickt. Zudem erzählt die gebürtige Ukrainerin von künftigen Projekten und einem besonderen Schmuckstück.
Mauro Mittendrin: Frau Kushpler, blicken wir auf die Anfänge Ihrer Karriere zurück. Wo hat diese begonnen?
Zoryana Kushpler: Ich glaube, das wurde mir schon in die Wiege gelegt. Es war absolut vorbestimmt, denn ich komme aus einer Musikerfamilie. Mein Vater war Opernsänger. Er war auch mein Professor. Er hat mich zur Sängerin gemacht. 2012 ist er bei einem Autounfall leider tödlich verunglückt. Und meine Mutter ist Pianistin und war 32 Jahre Department-Leiterin und Dekanin an der Musikhochschule in Lemberg.
Sie haben auch eine Zwillingsschwester, die als Musikerin tätig ist...
Ja, genau. Sie ist Pianistin und ich bin Sängerin. Das ist glaube ich kein Zufall, wenn man unsere Familiengeschichte betrachtet. Ehrlich gesagt haben wir beide diese musikalische Karriere von ganzem Herzen gewollt. Ich habe als Geigerin angefangen, da man ja nicht als Opernsängerin anfangen kann. Ich habe Klavier studiert. Soweit ich mich zurückerinnern kann, wollte ich Sängerin sein. Meinem Vater habe ich, als ich sechs Jahre alt war, bei einem Mittagessen gesagt, das ich einmal Carmen singen werde. Das war die Rolle, die ich unbedingt haben wollte. 2008 habe ich das dann an der Wiener Volksoper in die Tat umgesetzt, und das war natürlich ein besonderer Tag in meinem Leben.
Aber der Weg bis dahin war noch lange...
Ich habe an der Musikhochschule in Lemberg studiert, bei meinem Vater. Dann bin ich nach Hamburg gewechselt, zu Frau Professorin Judith Beckmann, die ich von Herzen liebte. Sie ist leider auch schon gestorben. Das ist hart, die Lehrer zu verlieren. Es ist für jeden Musiker, jede Musikerin wichtig auch mal wieder zu ihnen hingehen zu können. Aber meine Lehrer haben mir auch beigebracht, unabhängig zu sein, sodass ich mich als Künstlerin selber korrigieren kann. Und das möchte ich auch meinen Schülern weitergeben. Denn nach 14 Jahren als Ensemblemitglied an der Wiener Staatsoper beginne ich jetzt Gesangs Professorin am Universität Mozarteum in Salzburg.
Diesen Sommer haben Sie bei International Sommerakademie Mozarteum ein Masterklass gegeben. Wie war das Erlebnis?
Es war sehr interessant, intensiv und international. Es kamen Sängerinnen aus Japan, Ukraine, Belgien, Frankreich,Taiwan, Deutschland und Österreich. Das zeigt einfach, dass die Opern Kunst wirklich Multikulturell ist.
Haben Sie schon immer diese Begeisterung für Newcomer gehabt?
Ja, deswegen wollte ich auch immer unterrichten. Bin als Lehrerin seit über 20 Jahren tätig. Ich kann das sehr gut nachvollziehen, dass jemand so eine Begeisterung für die Oper hat, weil ich das selber empfinde. Und wenn ich die Begesiterung sehe und spüre, dann ist es für mich eine verwandte Seele.
Haben Sie ein Vorbild?
Als ich studiert habe, hat mich Cecilia Bartoli unglaublich inspiriert. Eine Opernsängerin lud mich zu sich nach Hause ein und zeigte mir einen Film, wo Bartoli 24 Jahre alt war und in Florenz ihr erstes Rossini-Album aufgenommen hat. Ich war so fasziniert von Rossinis Musik, von dieser Frau und ihrer Natürlichkeit. Das war eine ganz andere Generation von Opern. Da kam plötzlich eine barfüßige Diva und war den Menschen sehr nahe. Und das hat mich auch weitergebracht in dem Sinne, um zu verstehen, was jetzt aktuell ist in der Opernwelt.
An welche Momente in Ihrer Karriere erinnern Sie sich am liebsten?
Ich habe neulich darüber nachgedacht. Ich würde sagen, ich habe vier Stufen in meinem Leben, die sehr wichtig waren. Die erste war, dass ich meine Aufnahmeprüfung geschafft habe in Lemberg, wo ich mich durchgesetzt habe, dass ich Gesang studieren kann. Weil meine Eltern waren nicht so begeistert von dieser Idee, sie wollten, dass ich weiter Geige spiele.
Und die weiteren Stufen?
Die zweite war die Hamburger Musikhochschule. Die dritte war ein ARD Wettbewerb in München, wo ich den ersten Preis bekommen habe. 20 Jahre gab es keinen ersten Preis für die Oper, und ich habe den ersten Preis schließlich bekommen. Und als die nächsten Stufen dann natürlich die Wiener Staatsoper und das Universität Mozarteum. Es kommt aber sicher noch was Spannendes!
Gibt es auch einen Moment, den Sie lieber vergessen möchten?
Nein, ich möchte nichts vergessen. Ich finde da, wo ich jetzt bin und das, was ich gemacht habe, alle diese Situationen, Umstände, Fehler oder wie man das nennen möchte, haben mich dahin geführt, wo ich jetzt bin. Ich glaube, das ist das, was zählt. Wenn du zufrieden damit bist, wo du bist, dann hast du alles richtig gemacht.
Gibt es einen Traum, den Sie noch verwirklichen möchten?
Ja, das gibt es, aber das will ich nicht verraten. (lacht). Ich habe gelernt, dass ich nie über Dinge rede, wo noch kein Vertrag unterschrieben wurde. Der Vertrag muss unterzeichnet werden von beiden Seiten. Und dann kann ich das auf die große Glocke hängen.
Aber es gibt schon weitere Projekte in die Zukunft?
Ja, natürlich. Ich werde mich intensiv an der Universität Mozarteum engagieren, weil das gefällt mir sehr. Es ist ein sehr großartiges Team. Ich war schon dort bei Aufnahmeprüfungen und das war sehr angenehm und unglaublich spannend. Ich habe viele Konzerte, weniger Opern. Aber ich muss ehrlich sagen, die Oper verlangt von einer Sängerin unglaublichen Einsatz und vor allem Zeitaufwand. Und wenn man unterrichtet und ein kleines Kind hat, dann muss man da schon schauen, wie sich das ausgeht. Viele Sängerinnen, die Mütter sind, machen deshalb mehr Konzerte als Opern.
Vor Kurzem ist eine neue CD erscheinen. Was können Sie dazu schon verraten?
Dies ist die Geschichte über mein Land und meine Kultur. Dies ist mein Weg, für die Freiheit der Ukraine zu kämpfen. Die Idee zu dieser CD kam mir unmittelbar nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine. Alles wurde sehr schnell in Bewegung gesetzt.
Ich kooperierte mit der Lviv Orgel Hall und mit dem Philharmonie Orchester aus Luhansk. Die Musiker des Orchesters kannte ich schon seit Jahren vor dem Krieg, wir waren gemeinsam in Österreich aufgetreten. Nach Kriegsbeginn mussten sie von Luhansk nach Lemberg fliehen. Mein enger Freund und Kollege Ivan Ostapovych, ein Dirigent und Direktor der Lviv Orgel Hall, waren ebenfalls von der Idee der Zusammenarbeit angetan.
Unsere größte Herausforderung war es, Noten für Opernarien zu finden, also wandten wir uns an die Kiewer Nationaloper der Ukraine, der Lemberger Nationaloper, der Lemberger Nationalphilharmonie und der Iwano-Frankiwsker Regionalphilharmonie, und baten sie um Hilfe. Wir haben uns ziemlich schnell für das Repertoire entschieden. Ich habe immer meine persönlichen Favoriten gehabt unter den ukrainischen Romanzen, die für Gesang und Klavier geschrieben wurden. Allerdings hatte ich seit meiner Kindheit davon geträumt, sie mit einem Orchester zu singen.
Alle Lied Orchestrierungen waren das Ergebnis der Arbeit von Viktor Kaminsky, einem Komponisten und einem engen Freund der Familie. Alles ging sehr schnell, so dass wir die CD im August 2022 im Lviv Orgel Hall von Lviv aufnehmen konnten.
Ich lebe seit Jahren im Ausland und hätte, ehrlich gesagt, nie gedacht, dass die ukrainische Musik für die Welt eine Terra incognita war.
Aber der Krieg hat alles ins rechte Licht gerückt.
Ich hoffe, dass mein CD Ukrainisches-InterMezzo die Welt auf die Ukraine und ihre Musik aufmerksam machen wird, denn sie sind es sicherlich wert sie kennenzulernen.
Ich bin die österreichische Plattenfirma Gramola sehr dankbar das sie mit Begeisterung sich bereit erklärt haben dieses CD herauszubringen! Mann kann dieses CD beireits im Gramola CD Geschäft am Graben erwerben.
Ab den 17 November wird es dann weltweit erhältlich.
Mir ist aufgefallen, dass Sie ein besonderes Schmuckstück tragen. Was hat es damit auf sich?
Das ist eine ganz tolle Geschichte. Diese Münze habe ich an der Wiener Staatsoper, als ich gekommen bin, geschenkt bekommen. Als Ensemblemitglied habe ich zum Geburtstag zwei silberne Münzen mit dem Konterfei von Maria Theresia bekommen. Und irgendwann habe ich mit meinem Mann gesprochen und gesagt, dass ich gerne eine Münze als Schmuck tragen möchte. Ich bin gebürtige und stolze Ukrainerin. Und so eine Dukate gehört zum Nationaltrachten-Schmuck. Das trugen Frauen sehr gern in der österreichisch-ungarischen Zeit. Man darf diese Münze nicht durchbohren, sie wurde in einen Umhang aus Silber gegeben. Das habe ich auch so machen lassen. Ich finde, das ist eine sehr schöne Verbindung zwischen meinen beiden Heimatorten.
Was machen Sie, wenn Sie nicht musikalisch tätig sind?
Ich muss ehrlich sagen Ehefrau und Mutter zu sein ist sehr anspruchsvoll. Aber ich finde, alles was man mit Liebe macht, fällt nicht so schwer. Und mit den Jahren schätzt man die Familie noch mehr, was man hat. Das kann ich auch allen jungen Sängerinnen und Sängern mit auf den Weg geben: Diesen Teil des Lebens darf man nie vernachlässigen. Es ist unglaublich wichtig, Familie zu haben!
Kochen Sie auch gerne?
Oje, nein (lacht). Ich esse gerne. Ich bin Stier vom Sternzeichen und wir sind so sinnliche Menschen. Essen, unterhalten, Spaß haben, sich gemütlich fühlen, das ja. Aber kochen, das ist überhaupt nicht meine Welt.
Sind Sie auch sportlich?
Ich mache gerne Yoga. Schon seit vielen Jahre mit kurzen Unterbrechungen gehe ich auch zu John Harris. Ich bin gerne am Schillerplatz, weil man halt hier einfach alles machen kann: Trainieren, Sauna, Kurse und einen Swimmingpool.
Was würden Sie als eine gute und eine schlechte Seite von Ihnen bezeichnen?
Ich bin wohlwollend, das würde ich als gute Seite nennen. Als schlechte Seite würde ich vielleicht sagen, dass ich manchmal etwas emotional bin aber es gehört doch zum Künstlerin sein, nicht war?
Grazie Zoryana, Ci vediamo presto.
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