Muschicraft
Ottakringerin braut Wiens erstes feministisches Bier
Anna Sophie Tschannett bringt mit „Muschicraft“ Wiens erstes feministisches Bier auf den Markt.
WIEN. Das Bier für den Herrn, das Campari Soda für die Dame: „Das hat mich immer schon extrem aufgeregt“, bringt es Anna Sophie Tschannett auf den Punkt. Was daran so schlimm sein soll? Wenn die 33-jährige Ottakringerin mit ihrem Freund etwas trinken geht, bekommt sie häufig was anderes hingestellt, als sie bestellt hat. Ihr Bier wird ihrer Begleitung kredenzt, sie selbst bekommt das Campari Soda serviert. „Wir haben schon Wetten diesbezüglich abgeschlossen.“ Was lustig klingt, hat Tschannett wütend gemacht: die stereotype Vorstellung von Bier als typischem Männergetränk.
Aufbrechen will Tschannett das Klischee mit einer eigenen Kreation: Muschicraft – quasi nomen est omen. Ein Bier von Frauen für Frauen? Nein, eben gerade nicht. „Es geht mir darum, ein Bier für alle Geschlechter zu brauen und hier auch die Vielfalt abzubilden.“ Sprich: ein Bier für Frauen, Männer und alle Geschlechter dazwischen.
Die Idee gärte schon lange in der Wienerin: “Ich habe immer schon gezeichnet und im Laufe der Jahre wurde der Gender-Aspekt immer stärker.“ Was folgte waren Sticker mit bunten Vulven, mit denen Tschannett „Wien fluten wollte“: „Alle 20 Meter ist auf der Straße oder einer Hauswand ein Penis hingemalt oder -geschmiert. Ich wollte mit meinen Stickern Vulven im öffentlichen Raum sichtbar machen.“ Der Erlös ging – so wie jetzt teils bei „Muschicraft“ – an die Österreichischen Frauenhäuser. „In meiner Ausbildung zur Sozialarbeiterin kam ich erstmals mit von Gewalt betroffenen Frauen in Kontakt. Ich war davon total überfordert, ohnmächtig, aber auch wütend und wollte etwas dagegen tun. Das war der Anstoß für meine feministische Reise.“
Vom Feminismus zur "Muschicraft"
Vom Pickerl zum Bier kam‘s dann im Sommer 2020: Mit viel Wut im Bauch – „das muss ja nicht immer ein negatives Gefühl sein – vielmehr Antrieb“ – recherchierte Tschannett zum Thema Braumeisterinnen in Österreich. „Auch in dieser Szene sind Frauen extrem unterrepräsentiert. Der Biermarkt ist leider total männlich dominiert.“
Fündig wurde die Ottakringerin in ihrem Heimatbezirk: Gemeinsam mit der Braumanufaktur Schalken, unterstützt von Chef Roland Schalken und Chefin Anna Haider, produzierte Tschannett die ersten Kisten Muschicraft. „Eine der wenigen Brauereien übrigens, die ich bei meiner Recherche gefunden habe, in denen auch eine Frau mit an Board ist.“
Fruchtiges Bier, aber keine Limonade
Wie das Pale Ale schmeckt? „Der erste Schluck nach Grapefruit, andere sagen Melone – aber nicht zu süß. Ich wollte ja nicht Limonade oder Radler abfüllen. Im Abgang dann frisch und herb – sofern ich mich halt erinnern kann“, meint Tschannett. Dass sie das letzte Mal gekostet hat, ist immerhin sechs Monate her: „Muschicraft war das letzte Bier, das ich vor meinem positiven Schwangerschaftstest getrunken hab.“
Wer sich selbst davon überzeugen möchte: Erhältlich ist Muschicraft ab sofort direkt bei der Braumanufaktur Schalken (16., Neulerchenfelder Straße 57), sowie in diversen Wiener Lokalen wie dem Wirr (7., Burggasse 70) oder dem C.G. Mode & Genuss (18., Währinger Straße 138). Eine Übersicht gibt’s auf www.muschikraft.at
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