Demografieberatung
Was tun, wenn die Arbeitskräfte immer älter werden?
Junge Beschäftigte wollen oft anders arbeiten als ältere. Die Demografieberatung hilft Betrieben, damit umzugehen.
ÖSTERREICH/WIEN. Die Demografieberatung berät österreichische Unternehmen dabei, mit Generationenunterschieden umzugehen. Schließlich haben junge und ältere Arbeitnehmer oft verschiedene Bedürfnisse. Was Betriebe hier tun können, hat die BezirskZeitung mit Alexandra Weilhartner besprochen – sie ist die Programmleiterin des Beratungsprojekts, das von Europäischem Sozialfonds und Bundesministerium für Arbeit finanziert wird und seinen Sitz in Wien hat.
BezirksZeitung: Was ist die größte Herausforderung am Arbeitsmarkt?
Alexandra Weilhartner: Oft wird von einem Fachkräftemangel gesprochen – eigentlich gibt es aber einen allgemeinen Arbeitskräftemangel, der in den nächsten Jahren immer stärker werden wird.
Was hat das für Auswirkungen?
Wenn sich zum Beispiel ein Techniker auf fünf Stellen bewirbt und nach zwei Tagen einen Job annehmen kann – was passiert dann mit den vier anderen Stellen? Richtig, diese Betriebe müssen weitersuchen. Das heißt, Unternehmen sind nur mehr erfolgreich, wenn sie ein gutes Umfeld schaffen, wo die Mitarbeiter gerne und lange arbeiten.
Und weiter?
Die Belegschaften werden dadurch älter. Unternehmen sind deshalb einerseits damit beschäftigt, die vorhandenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu binden und zu halten. Gleichzeitig müssen sie aber auch Übergaben planen und die Nachfolge regeln.
Wie wie kann die Demografieberatung da helfen?
Als Unternehmen darf man solche Entwicklungen nicht aus den Augen verlieren. Eines unserer zentralen Instrumente ist etwa das Demografiebarometer, das wir mit den Betrieben berechnen. Wir führen dabei eine Analyse durch und rechnen genau aus, wie sich das Alter der Belegschaft langfristig entwickelt. So sieht man, ab welchem Jahr die Belegschaft schrumpfen wird. Und daraus kann man ableiten, ab wann sich der Betrieb gezielt um Nachfolgen kümmern muss.
Haben Sie da ein Beispiel?
In Wien haben wir zum Beispiel ALCO beraten – das ist ein Unternehmen, das Wintergärten fertigt und sich auf Glasarchitektur spezialisiert hat. Es befand sich in einem extremen personellen Umbruch, weil viele langjährige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor der Pension standen. Deshalb baute man ein junges Team auf.
Und was war jetzt das Problem?
Mit einer neuen Management-Software wollte ALCO gewisse Prozesse digitalisieren – da kamen nicht alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleich ganz mit. Gleichzeitig haben viele ältere Beschäftigte einfach Wissen, welches den jüngeren noch fehlt. Hier haben wir zum Beispiel altersgemischte Teams im Unternehmen gebildet, die bewusst zusammenarbeiten. Wir nennen das "Generationentandems".
Welche Unterschiede beobachten Sie zwischen den Generationen?
Da gibt's einerseits viele vor allem junge Menschen, die vielleicht verstärkt und flexibel im Home-Office arbeiten wollen, während andere langjährige Mitarbeitende lieber klare Strukturen und Arbeitszeiten mögen. Da geht es dann um Führung: als Chef oder Chefin muss man viel mehr von den Mitarbeitenden ausgehend denken. Was brauchen sie, um effektiv zu sein? Einerseits muss eine Führungskraft den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen vertrauen, dass sie zum Beispiel auch von daheim aus ordentlich arbeiten, wenn sie nicht ständig unter Beobachtung stehen. Andererseits braucht es aber aus Sicht der Führungskräfte auch klare Prozesse, wie sie die Leistungserbringung kontrollieren können. Das muss man erarbeiten, und dabei können wir natürlich helfen.
Gibt's dabei auch falsche Wahrnehmungen, was "jung" und "alt" wollen?
Ja – denn oft gibt's einfach falsche Generationenbilder. Zum Beispiel wenn man die sogenannte "Generation Y" und die "Generation Z" hernimmt. Die Generation Y ist zwischen den frühen 1980ern und den späten 1990ern geboren, die Generation Z zwischen 1997 und 2012. Das sind natürlich jetzt Schablonen. Aber es gibt tatsächlich Studien, dass die Generation Y gerne sehr flexibel und ohne fixen Schreibtisch arbeiten möchte.
Die Generation Z, die jünger ist, will das aber schon wieder nicht! Die wollen einen eigenen Schreibtisch haben, auch wenn sie jünger sind.
Und was bedeutet das?
Jetzt in einem Unternehmen pauschal zu sagen, dass zum Beispiel alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter 40 Jahren lieber ohne fixen Arbeitsplatz arbeiten und keinen eigenen Schreibtisch mehr brauchen, das stimmt nicht. Auch wenn das vielleicht der eine oder die andere annimmt.
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