Bezirksblätter-Experte hatte recht und Anwalt geht in die Offensive
Beim tödlichen Unfall in der Flugfeldkaserne dürften doch einige Fehler passiert sein
Die Bezirksblätter sprachen nach der Tragödie in der Flugfeldkaserne mit dem erfahrenen Hundetrainer Martin Ballmüller, der schon kurz nach dem Vorfall ahnte, dass der erste Heeresbericht noch nicht der letzte sein wird:
"Es kann sein, dass die Hunde frei herum liefen. Diese Hunde sind sehr personenbezogen und mich wundert es, dass nur ein Mann mit zwei Hunden im Zwinger war."
Durch den Herdentrieb könnte es dazu gekommen sein, so der Trainer, dass ein Hund zu beißen begann und der andere ihm folgte. "Und ein Malinois beißt nicht einmal hin, sondern gibt ordentlich Gas", weiß Ballmüller, der auch die Art der Ausbildung unterschieden haben will: "In diesem Fall geht es um Zugriffshunde, bei deren Einsatz geht es um Leben und Tod!"
WIENER NEUSTADT. Kurze Rückschau: Am 13. November bissen zwei Zugriffshunde des Heeres, zwei Belgische Schäferhunde, einen Hundeführer zu Tode. Die Umstände, warum es zu dieser Tragödie gekommen sei, blieben trotz Stellungnahmen des Bundesheeres weithin im Dunkeln.
Zuerst Bezirksblätter-Spezialist und jetzt der Opfer-Rechtsanwalt zählen Ungereimtheiten auf
Dem von den Bezirksblättern gefragten Fachmann (siehe oben) fielen einige Ungereimtheiten auf, jetzt meldete sich der Anwalt des Opfers, Dr. Erich Gemeiner, mit einer Stellungnahme "an die österreichische Presse" zu Wort.
Gemeiners Stellungnahme, die hat es in sich. Einerseits lässt sie kaum ein gutes Haar an der Öffentlichkeitsarbeit des Bundesheeres, anderer seits stellt sie grobe Mängel des Überwachungs-, Sicherheits- und Schutzsystems in der betroffenen Kaserne in den Raum.
Auszug aus dem Schreiben Dr. Gemeiners:
Es ist wieder einmal verwunderlich, dass das Bundesheer ausschließlich dann mit einer Presseaussendung reagiert und vermeintliche „Ergebnisse“ der bundesheerinternen Untersuchungskommission veröffentlicht, wenn es Wind davon bekommt, dass ich mich als Opfervertreter mit neuen brisanten Informationen, die man der Öffentlichkeit schlichtweg nicht vorenthalten sollte, an die Medien wende. Und natürlich werden mit den sogenannten „Ergebnissen“ der Kommission keine wirklich neuen Fakten präsentiert, sondern lediglich wenige der in meiner Stellungnahme zuvor bereits enthaltenen Vorwürfe, Ungereimtheiten und Fragen kommentiert und verharmlost. Die Tatsache, dass das Bundesheer viele meiner Vorwürfe nicht kommentiert ist aber verständlich, denn manches, was nunmehr bekannt wurde, kann man sich schlichtweg nicht mehr „schön reden“, zumal die bisherigen Ermittlungsergebnisse eindeutig darauf hindeuten, dass der Unfall einem Totalversagen des Überwachungs-, Sicherheits- und Schutzsystems in der betroffenen Kaserne zu verdanken ist.
Laut Dr. Gemeiner muss das Bundesheer die volle Verantwortung übernehmen, "da ist einfach viel schiefgelaufen".
Gemeiner liegen die Vernehmungsakten vor, nach denen der Hundeführer bestätigt, dass der zweite, jüngere, Hund ein Privathund sei, der eigentlich vom Dienst ausgeschlossen sei. Für den Dienst selbst wäre "Ragna" wahrscheinlich nicht tauglich gewesen, da er kein "adäquates Griffverhalten" an den Tag legte.
Die Vorhaltung des Rechtsanwaltes: Aufgrund der Vorschriften des Bundesheeres hätte der Hundeführer- und Besitzer den Hund, der als Privathund galt, nicht mit dem Diensthund "Hati" im Wohnverband des Besitzers gehalten werden dürfen. Diese Vorschrift wurde vom Hundeführer- und Besitzer nicht eingehalten, zumal der ausgeschiedene Diensthund im Wohnverband verblieb.
Auf "Deutsch": Für einen Privathund ist eine Unterbringung in der Kaserne gar nicht vorgesehen.
Dr. Gemeiner zählt weitere grobe Mängel auf der Heeresanlage auf, so dürften die Hunde ausgebrochen sein, ein Offizier habe sich sogar vor den Tieren in Sicherheit bringen müssen. Weiters soll die Hundeanlage viele Mängel aufgewiesen haben - kaum einsichtig, dunkel, keine Überwachungskameras und nur ein Baustellenzaun zur Absicherung.
Dr. Gemeiner: "Ich denke dass es in der Geschichte des österreichischen Bundesheeres einzigartig ist, dass offiziell zugegeben wird, dass uneinsichtige aber dennoch sensible Orte eines Kasernengeländes, schlichtweg nicht kontrolliert werden und zugegeben wird, dass aus diesem Grund ein Opfer sowohl bei Nacht als auch bei Tag nur schwer gefunden werden kann. Um ehrlich zu sein, dieser Teil der Stellungnahme ist schlichtweg schockierend und verstörend."
Aus juristischer Sicht
Für Rechtsanwalt Dr. Gemeiner folgt daraus: "Aus juristischer Sicht besteht aufgrund der derzeitigen Aktenlage meines Erachtens nach der dringende Verdacht, dass diverse Mitglieder des Bundesheeres sowie das Bundesheer an sich die fahrlässige Tötung meines Mandanten zu verantworten haben. Die von mir gestern bei der Staatsanwaltschaft beantragten weiteren Ermittlungsschritte werden hoffentlich für weitere Aufklärung sorgen."
Vorgeschichte
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