Demografischer Wandel ist Hauptursache für Abwanderung und Schrumpfung
Aus Nöten Tugenden zu machen empfahl eine Expertenkonferenz letztens in einer Beispielgemeinde für eine strukturschwache Region.
GÖPFRITZ / WILD (kuli). „Langsam wird es salonfähig, über eine Gemeindeentwicklung jenseits von Wachstumsphilosophien laut nachzudenken. Die Akzeptanz gewandelter Realitäten, allem voran der demografischen Veränderungen in Richtung weniger, älter und heterogener, wächst. Die Aussage, dass es vorrangig nicht um ein Mehr, sondern um ein Besser gehen sollte, findet immer breitere Zustimmung. Auch die Überzeugung, dass Schrumpfung keine Schande ist, teilen immer mehr Menschen, die sich mit dem Thema befassen.“
Mit diesem Statement beschreibt Moderatorin Theres Friewald-Hofbauer vom CLUB NIEDERÖSTERREICH, der sich gemeinsam mit dem CLUB of VIENNA „auf der Suche nach einem neuen Umgang mit rückläufigen Entwicklungen in strukturschwachen ländlichen Räumen“ begeben hat, die Herausforderungen der Gegenwart und näheren Zukunft. Mit Univ.Prof: Dr. Gerlind Weber (BOKU Wien) und Univ.Prof: Dr. Günter Emberger (TU Wien) berichteten zwei hochkarätige Experten vom Stand der Forschung, nicht ohne Fehlschlüsse der Wissenschaft in der Vergangenheit zugeben zu müssen. Demografischer Wandel sei viel mehr der Auslöser für die kontinuierliche Entvölkerung des ländlichen Raums als das Minderangebot von qualifizierten Arbeitsplätzen vor dem Hintergrund „blinden Wachstumsdenkens“. Qualität statt Quantität, emotionale Heimat oder auch Modernisierung der Kommunikationstechnologie sind nur einige Stichworte in diesem Komplex. Beispiele aus Ardagger (referiert von Bgm. Johannes Pressl) und Langau (vorgestellt von Josef Strummer, NÖ Dorf- und Stadterneuerung) ergänzten das Programm. Johann Heuras, 2. NÖ Landtagspräsident, der kurzfristig den im Eisregen-Chaos aushelfenden Landesrat Stephan Pernkopf vertrat, verwies auf die Schwierigkeit, nicht messbare Größen wie Sehnsucht nach Beziehung und Gemeinschaft nicht unberücksichtigt zu lassen.
In der abschließenden Podiumsdiskussion nahmen einige der zahlreich erschienenen Bürgermeister Waldviertler Landgemeinden die Gelegenheit wahr, Fragen zu stellen und Ansätze aus den eigenen Gemeinden anzusprechen.
Als Quintessenz können folgende fünf Punkte festgehalten werden:
- Ein „Demografie-Check“ mit Status-quo- sowie Entwicklungsanalyse wird jeder Gemeinde dringend empfohlen.
- Die völlige Transparenz der „Gemeindegeschäfte“ für die Bevölkerung und deren Ideen-Input ist ein wesentlicher Faktor.
- Das Überdenken von Mobilitätskonzepten ist unerlässlich („einfach eine Schnellstraße zwischen Wien und dem Waldviertel zu bauen ist keine nachhaltige Lösung!“; Zitat Verkehrsplaner G. Emberger).
- Ähnlich wie beim lange ignorierten Klimawandel müssen auch beim Demografischen Wandel sowohl Verhinderungs- als auch gleichzeitig Anpassungs-Strategien entwickelt und umgesetzt werden.
- Die interkommunale Zusammenarbeit wie in gut funktionierenden Kleinregionen erleichtert die Bemühungen einzelner Abwanderungsgemeinden in teilweise sehr starkem Maße (mehr Raum für größere Diversität bei z.B. Betreuungs- und Freizeiteinrichtungen).
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