Reisende aus Bayern in Zwettl: Echt platt nach einem „Platten“
Sofie Voit aus Bayern erzählt über hilfsbereite Waldviertler
Gibt es sie noch, die Kavaliere der Straße? Kavaliere auf Stadtplätzen gibt es allemal. Das beweist das Erlebnis einer Österreichfahrenden aus Südostbayern, genau gesagt aus Burghausen im Landkreis Altötting.
Rückblende: Zwettl, Dreifaltigkeitsplatz, sieben Uhr morgens, 30. Juli, bereits gefühlte 31 Grad. Die Lenkerin aus Bayern hat soeben ihren ersten Mohnzelten gefrühstückt, Kaffee getrunken und will voller Tatendrang wieder in ihr Fahrzeug steigen. Sicherheitshalber, und weil der Platz so schön ist, dreht sie noch eine kleine Runde, auch um ihr Auto. Schließlich steht eine weite Fahrt an. Es soll in die Südsteiermark gehen. Die Mitarbeit auf einer Bio-Imkerei ist geplant, gegen Kost und Logis, ein Urlaubsausblick voller Erwartungen also in diesem August.
Nix mit Weiterfahren
Doch so schnell wie geplant soll es nichts werden mit der geplanten Weiterfahrt via Mariazell in den Süden. Der rechte vordere, praktisch neue Sommerreifen hat beim Wenden den harten Waldviertler Granit am Randstein touchiert, daraufhin seinem Ärger Luft gemacht und diese gänzlich abgelassen. Was tun? Während die erstmal Ausgebremste in Gedanken abwickelt, ob es denn unter Zelt, Decken, Schuhen, Rucksack, Picknickkorb, Wanderstöcken, Landkarten und Malutensilien einen Ersatzreifen samt Werkzeugschlüssel und Wagenheber geben könnte, hält nebendran ein heller Lieferwagen.
Es ist der des Konditormeisters am Platz. Der gleich nachfragen wird, ob Reserverad und all die anderen notwendigen Dinge schon parat liegen. Ja, er ist in Eile, seit drei Uhr auf den Beinen, und auch in die Ladenregale gleich nebendran soll noch eine Wagenlieferung mit Frischgebackenem. Während also aus beiden Fahrzeugen flott geräumt wird, hält schon ein weiteres Auto nebendran mit Zwettler Nummernschild. Konditormeister und Kunde, ein Lehrer aus der Stadt, der fürs Ferienfrühstück einkaufen möchte, kennen sich und gehen jetzt – ohne viele Worte – wie ein eingespieltes Werkstattteam die Reifenpanne gemeinsam an. Die stellt sich als ausgesprochen sperrige Angelegenheit heraus, als echte, schweißtreibende morgendliche Herausforderung.
Ab in die Werkstatt
Der Wagenheber aus Bayern seit Jahrzehnten nicht mehr im Einsatz, eine Schraube an der Felge verweigert sich jeder Bewegung, der Schraubenschlüssel am Durchdrehen, die Felge unpassend für den Ersatzreifen. Alles miteinander macht zwei Fahrten in eine Autowerkstatt am Ort nötig, um Ersatz zu beschaffen. Mittlerweile hat sich ein kleines Grüppchen am Ort der Havarie gesammelt, allesamt mit langjährigen Reifenwechselerfahrungen im In- und Ausland.
Die richtige Felge ist montiert, der Wagen aus dem benachbarten nördlichen Ausland steht wieder mit vier vollen Reifen auf dem schönen Platz. Daneben eine ziemlich gerührte Bayerin, platt und glücklich über so viel freundliche Hilfsbereitschaft. Es gibt sie also noch, die Stadtplatzkavaliere. In Zwettl, am Dreifaltigkeitsplatz, und das früh am Morgen, mitten in den Ferien . . .
Sofie Voit: "Mir haben zwei Zwettler, Karl-Heinz Hausleitner, Konditormeister, und ein Lehrer, namens Manfred (hier weiß ich leider nur den Vornamen; Fächer Geschichte, Sport, Deutsch) sehr tatkräftig geholfen."
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